Werbung

© Foto by Museum Tinguely
"Ein multiples Arrangement": Höch-Werk "Equilibre" (Ausschnitt), 1925, Collage auf Papier

Kunst der Collage: Möglichkeiten und tieferer Sinn

Museum Tinguely, Basel: Das beeindruckende Werk von Hannah Höch


Von Aurel Schmidt


Auf einigen ihrer schönsten Collagen, die jetzt in einer Ausstellung im Museum Tinguely in Basel zu sehen sind, setzt die Künstlerin Hannah Höch (1889-1978) aus zufälligen ausgeschnittenen Gesichtspartien ein neues Gesicht zusammen. Man kann diese Werke nicht ohne einen gewissen Schauder betrachten. Nicht, dass man glaubte, es mit Verstümmelungen zu tun zu haben, was auch möglich ist, oder mit plastischer Chirurgie – es ist vielmehr die unheimliche und so gut wie möglich unterdrückte Erkenntnis, dass der Mensch ein aus vielen Teilen bestehendes, diverses Produkt. Er bildet keine personale Einheit, sondern ein multiples Arrangement.

Das Ganze ist längst das Unwahre (Theodor W. Adorno). Es ist das zufällige Ergebnis einer Entwicklung, die auch ganz anders hätte verlaufen können. Damit müssen wir uns abfinden. Die Collagen von Hannah Höch machen es sichtbar.

Dabei kann es kaum ihre Absicht gewesen sein. Aber nur ein Zufall waren diese Werke auch nicht. Entstanden sind diese Collagen in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Zeit war lebhaft, very roaring, und sie war im Aufbruch. Ohne Berücksichtigung dieses Umstands muss vieles im Werk von Höch unverständlich bleiben. Zum Beispiel war es die Zeit, in der die Psychoanalyse von Sigmund Freud bekannt wurde, mit der der Mensch in eine Vielzahl von Schichten und Überlagerungen zerlegt wurde. Alles, was er sagt, denkt, unternimmt, ist das Ergebnis eines Prozesses in der Dunkelkammer des Unbewussten.

Hannah Höchs Collagen lesen sich heute wie Illustrationen zu Freud. Dabei ist es nicht einmal unzulässig, diesen Vergleich, der noch zu erweitern wäre, anzustellen, da es bekannt ist, dass Höch Freud gelesen hat.

"Die Collagen von Hannah Höch zeigen,
dass die Welt ein Ausschnitt ist."


Übrigens wurde in der Entstehungszeit dieser Collagen eher von Montagen gesprochen. Mit diesem Begriff sollte die Kunst ihrer Aura entkleidet und sie selbst wie die Wirklichkeit als etwas Montiertes beziehungsweise Fabriziertes ins Bewusstsein gerückt werden. In dieser antikünstlerischen Haltung drückte sich der Geist der (Berliner) Dada-Zeit aus, dem Hannah Höch verpflichtet war und ihr Leben lang blieb. Dada suchte die Provokation, den Zufall, die Ironie, den Ulk, aber zugleich grub die Dada-Bewegung auch eine tiefere Erkenntnis aus. Die Collage war dazu ein geeignetes Ausdrucksmittel.

Aber noch aus einem weiteren Grund können uns die Collagen der Künstlerin berühren. Mit einem Mal erscheinen sie uns von einer atemberaubenden Aktualität zu sein. Das kennen wir doch! Was damals mit Schere, Kleister und einer Menge von Zeitungsausschnitten verwirklicht wurde, fast in altmodischer handwerklicher Kleinarbeit, das leistet heute der Computer auf einfache Weise. Der Vorgang wird als Sampling bezeichnet und meint das gleiche gewollte, aber im Ergebnis beliebige Resultat wie die Collage. Die Welt ist ein Ausschnitt. Woraus die Vorreiterin-Rolle von Hannah Höch elegant abgeleitet werden kann.

In späteren Jahren hat die Künstlerin die Collage-Technik in die Ölmalerei übertragen. Das Museum Tinguely zeigt jetzt eine umfassende Ausstellung mit Werken von Hannah Höch. Zustande gekommen ist sie in Zusammenarbeit mit der Berlinischen Galerie, die den Nachlass von Hannah Höch verwaltet. Neben dem Überblick über das gesamte Werk gehen Ralf Burmeister von der Berlinischen Galerie und Heinz Stahlhut vom Museum Tinguely absichtlich auf den biografischen und dokumentarischen Aspekt ein. In Deutschland ist Hannah Höch "eine grosse Nummer" , eine wichtige Künstlerin, meint Guido Magnaguagno, Direktor des Tinguely Museums. Warum sie und die Dada-Kunst in Basel kaum bekannt sind (anders als in Zürich, wo Dada 1916 sozusagen das Licht der Welt erblickte), ist eine offene Frage.

Aber sie kann jetzt etwas leichter beantwortet werden.

Museum Tinguely, Basel. Bis 4. Mai. Katalog (Verlag Hatje Cantz) mit Basler Beiheft Fr. 59.--.

15. Januar 2008


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)

Was Sie auch noch interessieren könnte

Tschudy-Villa steht jetzt
unter Denkmalschutz

12. März 2024

Der Eigentümer muss das teils abgerissene Gebäude in Sissach wieder aufbauen.


"Incoronazione di Poppea":
Auch musikalisch eine Grosstat

4. März 2024

Opernpremiere am Theater Basel – Christoph Marthaler enttäuscht nicht.


Reaktionen

"Carmen" als Stellvertreterin
der unterdrückten Frauen

4. Februar 2024

Das Theater Basel stülpt Bizets Oper eine politische Botschaft über.


Stiftungsgeld rettet
Verein Kosmos Space

23. Januar 2024

Krise beim Senioren-Projekt auf dem Bruderholz: Vorstand trat in corpore zurück.


20 Jahre Joker in
Sissach – mit demselben Wirt

18. Januar 2024

Didi Wanner hat mit seinem Nachtlokal viele andere Clubs in der Region überlebt.


Eltern und Kinder irritiert:
Warum ist das Karussell stumm?

1. Dezember 2023

Der langjährige Konflikt um den Münsterplatz nimmt absurde Züge an.


Reaktionen

152 Tage und weiterhin
voller Tatendrang

29. November 2023

Jan Amsler und Alessandra Paone geben Einblick in ihre erste Zeit bei OnlineReports.


Nach 43 Jahren ist
Schluss für Rapunzel 

13. November 2023

Die Buchhandlung im Liestaler Kulturhaus Palazzo schliesst Ende Januar.


Reaktionen

Jetzt ist Vic bei
Jimi – ein Nachruf

9. November 2023

Der Gitarrist spielte auf seiner Gibson, als ob der Leibhaftige hinter ihm her wäre.


Reaktionen

Oper "Walküre" in Basel:
Brüche im Regiekonzept

17. September 2023

Die Premierenkritik zum zweiten Teil von Richard Wagners "Ring des Nibelungen".


www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

Veranstaltungs-Hinweis

 

Ein zärtlicher Irrsinn

Nach achtjähriger Abwesenheit kehrt Avery Sutton mit seiner Verlobten Gillian zu seiner Familie zurück. Was von da an passiert, muss man gesehen haben.

Mit "37 Ansichtskarten" von Michael McKeever winkt den Zuschauerinnen und Zuschauern eine zauberhaft schwarze Komödie mit berührenden Momenten und angenehmer Unterhaltung. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Vorverkauf hier:
www.theater-rampenlicht.ch

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).