© Fotos by EDA / Peter Knechtli, OnlineReports.ch
![]() "Wachsende Kluft": Bevölkerung und Wirtschaft
Kundendienst-Misere: Die Entfremdung von Bevölkerung und WirtschaftSie unterwandert die Bestrebungen nach mehr Verständnis der Öffentlichkeit für die Belange der Unternehmen Von Peter Knechtli Die OnlineReports-Recherche über den Niedergang des Kundendienstes hat auf allen Kanälen ein überdurchschnittlich breites Echo ausgelöst: Die Unzufriedenheit der Kundinnen und Kunden mit den Informations-Dienstleistungen in der Privatwirtschaft ist flächendeckend. Sie betrifft nicht nur Einzelfälle, vielmehr hat das Abwimmeln von ratsuchenden Konsumentinnen und Konsumenten in der immer komplexeren digitalen Welt System.
König ist nicht mehr der Kunde, sondern der digital operierende Verkäufer. Die operativ Verantwortlichen schirmen sich mit allen Mitteln vor Kundenkontakten ab: unter Verschleierung der Angabe von Verantwortlichkeiten, durch Ausblendung von Organigrammen und Kontaktdaten wie insbesondere Telefonnummern oder individuellen Mail-Adressen, durch Einrichtung von "Customer Centers", in denen die individuelle Erreichung einer Kontaktperson nicht mehr möglich ist.
Den Rest kennen alle: die freundlichen Tonband-Stimmen, die Antwortsuchende in die Warteschlaufe schicken, das Auskunfts-Bedürfnis von Fragestellenden, das durch keinen vorgegebenen Tastenknopf abgedeckt ist. Die Berater von Telekomm-Firmen, die kein Schweizerdeutsch verstehen und um Hochdeutsch bitten, und aus der fernen Türkei beraten.
Die flehende Bitte, bei der nachfolgenden Zufriedenheits-Umfrage doch bitte eine gute Note zu hinterlassen, noch bevor klar ist, ob die Auskunft das Problem tatsächlich zu lösen vermochte. "Hat der Kunde erst einmal bezahlt, ist es Täglich werden neue Fälle von zeitraubenden Kunden-Veräppelungen bekannt. In einer Mail lässt OnlineReports-Leser B.S. seinem Ärger freien Lauf. "Meine Frau wollte heute Abend mit Easyjet von London nach Basel zurückfliegen. Der Flug wurde gecancelt. Der Hammer: Easyjet kümmert sich um nichts. Weder um das Hotel noch um einen Ersatzflug."
Ein Telekomm-Kunde wollte wegen Halterwechsel auf die Jahresmitte hin sein Lastschriftverfahren bei Postfinance kündigen. Irrtümlich erfolgte die Sistierung zwei Monate zu früh. Folge war eine Mahnung des Telekomm-Unternehmens (aber ohne erneute brauchbare Rechnung, dafür mit der Androhung von 20 Franken Gebühr). Die beiden Monatsrechnungen, die dem Kunden nach der Erkundigung im Telekomm-Shop als pdf nachgeschickt wurden, konnten nicht bezahlt werden, weil der QR-Code fehlte.
In den Sozialen Medien nahm Erika Bachmann, die HR-Leiterin der Stadt Zürich, die OnlineRecherche auf: "Peter Knechtli bringt es auf den Punkt! Die Servicebereitschaft von Firmen ist konstant absinkend und immer mehr ärgerlich. Habe gerade vergeblich versucht, eine Antwort von Sunrise zu bekommen. Hoffnungslos!"
Ein reiselustiger, reparaturbewusster Bürger wollte bei "Coop" in Basel die abgenutzten Rollen seiner Reisetasche ersetzen lassen und bat um eine Offerte. Die Antwort der Verkäuferin: "Da kaufen Sie am besten eine neue."
Von den Nachhaltigkeits-Versprechen des Grossverteilers in Werbebotschaften war im Verkaufsladen nichts zu spüren. Im Gegenteil: Für die Ausstellung einer Offerte hätte sich der Kunde zur Bezahlung von 100 Franken verpflichten müssen – Rollenersatz nicht inbegriffen. "KMUs zeigen immer wieder kleine, Die galoppierende Verschlechterung des Kundendienstes ist vor allem bei grösseren und grossen, digital ausgerichteten Unternehmen festzustellen.
Kleinere Unternehmen dagegen zeigen immer wieder Nähe zur Klientschaft, auch wenn sie sich nicht in jedem Fall auszahlt. So legte ein Baselbieter Carrossier, der einen winzigen Kratzer am Auto seines Kunden zum Verschwinden brachte, dem Kunden ungefragt ein Fläschchen der metallisierten Farbe auf den Beifahrersitz – damit er spätere kleine Blechblessuren selbst beheben kann.
Als ein Kunde eines Basler Instrumenten-Fachgeschäfts mit der Offerte für den Ersatz des geborstenen Fells seiner Djembé – sie war gleich hoch wie der Neupreis des ganzen Instruments – nicht einverstanden war, setzte sich der Geschäftsführer beim Lieferanten erfolgreich für einen günstigeren Preis ein. Das schafft Kundenbindung.
Die Vernachlässigung der Kundenbetreuung ist nicht neu, aber sie akzentuiert sich mit dem Eindringen der Digitalisierung in immer mehr Prozessabläufe und verstärkt die schlechte Wirkung bei immer mehr Kunden.
Erstaunlich ist hingegen, dass die schleichend sich immer weiter ausbreitende Seuche der eigentlichen Kunden-Versklavung weder in Konsumentenschutz-Kreisen noch in der Politik die ihr gebührende Aufmerksamkeit geniesst. Denn fraglos trägt sie nicht zum Vertrauen der Bevölkerung in die Digitalisierung bei – ganz im Gegenteil: Sie schürt Frustration und Verdruss.
Das Verhalten grosser Unternehmen gegenüber ihren Käuferinnen und Käufern färbt ab auf das Image der Gesamt-Wirtschaft, und damit auch auf Unternehmen, die den "Dienst am Kunden" noch in seinem ursprünglichen Sinn verstehen und praktizieren. "Eine Frustrationsfolgen-Abschätzung Die Beziehung zur Bevölkerung ist in der Wirtschaft ein wichtiges Thema. Die massgeblichen Unternehmen als potente Steuerzahler sehen durchaus Verbesserungsbedarf und wünschen mehr Verständnis für ihre Bedürfnisse. Die Handelskammer beider Basel wies und weist wiederholt auf die wachsende Kluft zwischen Bevölkerung und Wirtschaft hin. Dabei bezieht sie sich unter anderem auf nach ihrer Meinung wirtschaftsfeindliche Volksinitiativen, die den regionalen Unternehmens-Standort wenn nicht gefährden, so doch beeinträchtigen können. Sie denkt dabei an die (erfolgreiche) "Topverdienersteuer"-Initiative der Basler Juso oder die (landesweit abgelehnte) Konzernverantwortungs-Initiative.
Eine Geschäftskultur, die den direkten menschlichen Kontakt mit den Kunden bewusst abbaut und sich um die Frustrationswirkung unter der sich verschaukelt fühlenden Klientel foutiert, wird niemals zu einem verbesserten Zugang der Bevölkerung zur Privatwirtschaft beitragen können.
Im Gegenteil: Sie führt zu einer schleichenden Entfremdung, die sich darin äussert, dass "die Wirtschaft" im öffentlichen Bewusstsein immer mehr als kalte Profit-Maschine wahrgenommen wird. Hier wäre eine Selbstreinigungs-Bereitschaft dringend zu empfehlen.
In der Politik kursiert zur Erreichung einer ausgewogenen finanziellen Planung seit einiger Zeit der Begriff der "Kostenfolgen-Abschätzung". Im Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zu den mit ihnen verbundenen Firmen wäre durchaus der Begriff "Frustrationsfolgen-Abschätzung" anzuwenden. 17. Juni 2023
![]() "Sinnloser Zeitverlust, Verlust der Kundennähe" Als Auslandschweizer und Basler Bürger schätze ich die OnlineReports als eines der Bindeglieder mit dem Geschehen an "meinen Wurzeln". Und mit Ihrem Leitartikel haben Sie den Nagel wieder mal auf den Kopf getroffen. Ich könnte jedes Wort auf meine Wahlheimat Frankreich übernehmen.
Da propagiert man die Ökonomie der kurzen Wege, aber in der Kommunikation zwischen Verkäufer und Käufer werden diese immer länger, unpersönlicher, ja teils sogar unmöglich. Als Kunde und Konsument wird man nicht mehr ernst genommen – sinnloser Zeitverlust, Verlust der Kundennähe, unpersönliche, standardisierte Floskeln, bis hin zu zero Kundendienst – eine Zumutung. Welch schöne digitale Welt ! Bei all meiner liberalen Gesinnung : Es ist Zeit, dass die Politik regulierend eingreift. Urs Gysin, Gissey-sur-Ouche (F) "Volksseele kocht über" Bravo! Peter Knechtli bringt einmal mehr die mangelnde Servicequalität vieler Unternehmen auf den Punkt. Die Arroganz, mit der man als Kunde nach dem Kauf in vielen Fällen behandelt wird, ist schlicht unerträglich geworden. Deckt sich dies womöglich noch mit exorbitanten Entschädigungen der CEOs bei gleichzeitiger Ankündigung von Preiserhöhungen wie bei den SBB, sollte sich niemand wundern, wenn die Volksseele langsam aber sicher überkocht und jegliches Vertrauen in die Binsen geht. Gisela Frech, Wallbach "Reagiert jemand aus der Politik?" Peter Knechtli bringts auf den Punkt, bravo! Da könnten noch viele kleine Erlebnisse zur Veröffentlichung gesammelt werden. Vielleicht reagiert jemand aus der Politik? Hans Stelzer, Basel |
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stärker unter Druck |
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Reaktionen |
125 Jahre EBL:
Zum Abschluss ein Buch
Die Unternehmensgeschichte ist eng mit den gesellschaftlichen Veränderungen verknüpft.
Der Staat lagert aus –
die Hauseigentümer zahlen
Im Kanton Baselland verdoppeln sich die Preise für die Feuerungskontrolle.
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Reaktionen |
Kälte und Regen trüben
Traubenernte-Bilanz
Drittschlechtestes Ergebnis des vergangenen Jahrzehnts im Baselbiet.
Neue Strom-Konzessionen:
Geldsegen für die Gemeinden
Die EBL entschädigt die Gemeinden künftig
wohl mit zwei Millionen Franken.
Frühkirschen fallen Wetter
und Import-Politik zum Opfer
Dauerregen verzögert Ernte, Grosshändler weichen auf ausländische Ware aus.
Viele Journalisten verlassen
die Branche – wir bleiben
Das erste Jahr OnlineReports mit
Alessandra Paone und Jan Amsler.
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Salzabbau im Röserental:
Grillparty gegen Widerstand
Die Schweizer Salinen gehen proaktiv
auf die Öffentlichkeit zu.
Aus nach sieben Jahren
für Basler Unverpackt-Laden
Ivo Sprunger und seine Abfüllerei an der Güterstrasse haben zu wenig Kundschaft.
Berto Dünki macht nach
neun Jahren Schluss
BackwarenOutlet im Gundeli: Die Gründer hören auf. Wie geht es weiter?
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