Guido A. Zächs tragischer Ablasshandel
Von PETER KNECHTLI
Guido A. Zäch, Präsident der Schweizer Paraplegiker-Stiftung und der Gönnervereinigung sowie Direktionspräsident des Paraplegikerzentrums Nottwil, hat zwei Gesichter. Jene überaus gewinnende - manche sagen: unwiderstehlich charmante - Art im persönlichen Umgang, sein grenzenloser Ehrgeiz im Einsatz für die Querschnittgelähmten und sein charismatisches Sendungsbewusstsein. Zäch ist unter Paraplegikern und Angehörigen die Marke der Hoffnung. Seine Verdienste sind fraglos.
Doch Zäch hat seine Ziele auch mit Mitteln verfolgt, die in einem schroffen Kontrast zu seinem durch die Propaganda vermittelten Bild des verständnisvollen Wohltäters stehen. Er hat in der Behandlung und Betreuung der Paraplegiker eine Marktlücke erkannt und die Chance rücksichtslos genutzt. Schon früh war der Name Zäch mit Zoff verbunden: Bloss Chef des Basler Paraplegikerzentrums zu sein, genügte ihm nicht.
Er wollte mehr. Er wollte Grosses tun, in die Geschichte eingehen. In der von ihm erfundenen Paraplegiker-Stiftung und in der parallel dazu etablierten Gönnervereinigung sah er die Werkzeuge zur Verwirklichung seiner Träume.
Doch beim Aufbau seines Lebenswerks verlor Zäch den Bezug zu den Grenzen. Er beging fundamentale wirtschaftliche und politische Fehler - von der Spendergeld-Vernichtung durch Investition in unrentable Immobilien über undurchsichtige Manöver wie dem Einzug in die Zofinger Gönner-Villa bis zur verbalen Entgleisung.
Dem Autor dieser Zeilen drohte Zäch im Rahmen der Recherche über die Zofinger Villa, auch er könne einmal "durchdrehen wie Günther Tschanun". Und er fügte an: "Da haben Sie eine grosse Verantwortung." Einen Basler Journalisten der damaligen "Nordschweiz" zitierte er nach einem kritischen Artikel in sein Büro, wo er ihm unter Tränen vorwarf: "Sie haben meine Karriere zerstört."
Anderseits nutzte er die Medien schamlos für seine Ziele aus. Zu seiner Basler Zeit drohte er, er werde einen Direktor "in den Medien fertig machen" oder Verantwortliche "spitalreif schlagen". Öffentlich kritisierte die damalige Bürgerratspräsidentin Marie-Agnes Massini Zächs "unakzeptables menschliches Verhalten". Der Autokrat umgab sich mit einem ihm ergebenen Stab von Mitarbeitenden und Trägerschaften. Und vor allem: Über alle und alles, was in seinem Paraplegiker-Reich geschah, gar über sich selbst, übte er die Kontrolle aus.
Wohl auch beflügelt von seinen enormen Erfolg als Spendenmaschine hat Guido Zäch die Zeichen an der Wand nicht erkannt: Die Gönnergelder flossen so reichlich, dass sich der Paraplegiker-Chef in seinem Verhalten bestärkt sah und den Pegelstand des gesellschaftlich Tolerierbaren nicht mehr erkannte. Wie weit er seine Stiftung auch strafrechtlich schädigte, wird der Prozess zeigen.
Offensichtlich aber muss Zäch sein überdimensionales Engagement zum Wohle der Querschnittgelähmten und die ihm entgegen brandende Bewunderung als eine Art Ablasshandel dafür verstanden haben, eigene moralische und charakterliche Normen für sich in Anspruch nehmen zu dürfen.
Wer ihn davor warnte, sich in seinem System von Filz, Freund und Feind selbst zu verstricken, verlor seine Gunst. Guido A. Zäch hat sich diesbezüglich als lernunfähig erwiesen. Statt zu Ende seines in mancherlei Beziehung einzigartigen beruflichen Werdegangs die Früchte seines Lebenswerks zu geniessen, muss er jetzt als Angeklagter vor Gericht. Dabei hätte er selbst es in der Hand gehabt, seine Geschicke anders zu lenken. An warnenden Stimmen hat es nicht gefehlt.
19. August 2002
"Mit einem Zäch-Rücktritt wäre dem Paraplegikerzentrum gedient"
Vor über 20 Jahren war ich in Basel zusammen mit Guido Zäch im Vorstand einer Genossenschaft für Hilfsmittel für Behinderte. Ich habe Guido Zaech als intensiven Menschen in Erinnerung, der ausser seiner Ansichten und Meinungen nichts respektierte. Er war überhaupt nicht konsensfähig. Durch ein Behinderten-Ferienlager, das ich mit meiner Sanitätseinheit als WK erlebte, lernte ich auch Chefärzte des Paraplegikerzentrums (das damals noch in Basel war) kennen: erstaunlich, wie gestandene Ärzte und sogar Oberärzte Angst vor ihrem despotischen Chef hatten!
Guido Zäch ist mir als wenig sympathischer Mensch in Erinnerung geblieben. Bestimmt widmet er sich seiner Aufgabe mit grosser Hingabe und Identifikation, wahrscheinlich bis zu dem Punkt, dass er die personifizierte Stiftung darstellt und ihm daher alles erlaubt ist. Aber seine Haltung hat auch viele fähige Ärzte dazu gebracht, andere berufliche Chancen wahrzunehmen. Ich bin überzeugt, dass dem Paraplegikerzentrum und seiner Stiftung mit einer Demission Guido Zächs gedient wäre.
Jean-Pierre Salzmann, San Francisco