Konservative Tendenz in beiden Basel
Von PETER KNECHTLI
Dieses Wochenende können sich die bürgerlichen Parteien und Organisationen in beiden Basel über die Ergebnisse der kantonalen Volksabstimmungen rundum freuen: Sie haben auf der ganzen Linie gewonnen, und die Baselbieter CVP hat mit ihrer Sauberkeits-Initiative einen Nerv des Volkes grandios getroffen. Der erste Urnengang nach dem bürgerlichen Triumph in den Baselbieter Regierungsratswahlen bestätigt den Befund: Den Links-Grünen bläst derzeit ein eisiger Wind entgegen. Sie können auf kantonaler Ebene initiieren und bekämpfen, was sie wollen – am Schluss bleibt die Niederlage.
Niemand hätte zwar ernsthaft daran geglaubt, dass im Baselbiet die von VCS, SP, Grünen und Umweltschutz-Organisationen lancierte "Strassen-Initiative", die "zum sicheren und hindernisfreien Fuss-, Velo und öffentlichen Verkehr" verhelfen wollte, eine Mehrheit der Stimmbevölkerung finden könnte. Doch so berechtigt die Anliegen zugunsten des Langsamverkehrs sind, so chancenlos sind sie in einem Kanton, der über eine der mächtigsten Strassenbau-Lobbies der Schweiz verfügt. Noch immer steht die motorisierte individuelle Mobilität auf zwei oder vier Rädern uneingeschränkt hoch im Kurs.
Das zeigte sich beispielhaft am Beispiel der aus zwei Teilbereichen bestehenden Umfahrung Allschwil. Hier scheute sich das Stimmvolk nicht, Ja zu sagen zu einem weiteren Strassenbau-Teilstück im Baselbiet, das Hunderte Millionen Franken, vermutlich rund eine halbe Milliarde Franken, kosten wird. Der zahlenmässig starke automobile Teil der Bevölkerung hat die Nase voll von Staus an allen Ecken und Enden, denen auch die unnötige Funktion des staatlichen "Staubeauftragten" ebenso hoffnungs- wie hilflos ausgeliefert ist.
"Es ist fraglich, wie mobilisierbar
das rot-grüne Basel noch ist."
Das Ergebnis ist ein Hinweis darauf, dass die Wirtschaftskammer Baselland mit ihrem von vielen als illusorisch bezeichneten, im September 2013 vorgestellten Konzept einer völlig neuen regionalen Strassenbaupolitik wohl näher beim Volkswillen liegt als angenommen: Statt Strassen, die aus der Agglomeration direkt in die Stadt Basel führen, sollen mehrere Ringstrassen den Infarkt an der Grenze zur City verhindern. Die Umfahrung Allschwil mit direktem Anschluss an die Nordtangente könnte so etwas wie der ausführungsreife erste Teil dieses milliardenschweren Konzepts sein.
Die entscheidende Frage stellt sich nur noch, ob die Umfahrung Allschwil und erst recht das gesamte Ringstrassen-Konzept angesichts leerer Staatskassen in den kommenden Jahrzehnten finanzierbar sein wird.
Schon erstaunlicher ist die klare 62 Prozent-Ablehnung der Initiative "Wohnen für alle" in Basel-Stadt. Dieser Kanton, der links-grünen und sozialen Anliegen meist angetan ist, schickt ein Volksbegehren bachab, das einen Beitrag gegen den unbestrittenen Mangel an günstigem Wohnraum hätte leisten sollen. Es wäre verfrüht, hier bereits von einem politischen Paradigmawechsel zu sprechen. Und doch stellt sich die Frage, wie mobilisierbar und solidarisch das rot-grüne Basel in Fragen noch ist, die zu den zentralen Anliegen der Schwachen in der Gesellschaft – Schlechtverdienende, Alte, Alleinstehende, Ausländer, Studenten – thematisieren.
Vielleicht kündigt sich im Hnblick auf die nächsten eidgenössischen und kantonalen Wahlen in Basel-Stat eine Veränderung der Machtverhältnisse an. Das klare Nein zur Wohnraum-Initiative kann nicht allein mit "unbegründeter Angstmacherei der nicht gerade faktentreu agierenden Gegenseite" erklärt werden. Es könnte das erste Säuseln einer Welle sein, auf der künftig wieder vermehrt traditionelle Akteure segeln, denen die Wahrung der bestehenden Verhältnisse, Sauberkeit und staufreies Autofahren Herzensanliegen sind.
8. März 2015
"Totale Illusion"
Staufreies Autofahren ist die totale Illusion angesichts ständig ansteigender (Ueber-)Bevölkerung.
PJ Wassermann, Hersberg