Basel hat provinzielle Tourismus-Probleme
Vor einigen Tagen wurde verkündet, dass Schweizer Telekom-Unternehmen am EuroAirport keine Mobilfunkanlagen mehr betreiben dürfen. Dies, weil der EuroAirport auf französischem Boden liegt und somit die Mobilfunkversorgung durch die Schweiz nicht legitimiert ist. Es ist ärgerlich, dass sich offenbar die Schweizer auch bei Verhandlungen nicht durchsetzen konnten. Wie schon andernorts, werden damit unsere Interessen als weniger wichtig gewichtet und es ergeben sich daraus Nachteile für die Schweiz.
Das ist insbesondere für Reisende ärgerlich, die so über kein funktionierendes Mobilfunknetz mehr verfügen werden. Zu Recht verlangt die Junge SVP deshalb, dass schleunigst eine Lösung gefunden werden muss. So verkommt der EuroAirport immer mehr zum Provinz-Flughafen, wenn nicht einmal mehr Dinge funktionieren, die im 21. Jahrhundert elementar sind.
Auch sonst ist der Flughafen ja leider in vielerlei Hinsicht kein Bijou. Haben Sie schon einmal am Gepäckband auf Ihr Gepäck gewartet? Oft dauert es überdurchschnittlich lange, oder aber, was mir schon passiert ist, man steht am falschen Gepäckband, da dieses nicht richtig angezeigt wird. Das Warten an diesen Gepächausgaben erinnert auch mehr an einen Flughafen der ehemaligen UdSSR und weniger an den Airport der zweitgrössten Wirtschaftsregion der Schweiz.
Unverständlich bleibt, weshalb wir im Jahre 2016 noch immer nur von einem Bahnanschluss sprechen, der den Bahnhof SBB mit dem EuroAirport verbinden könnte. Diese Idee existiert seit Jahrzehnten, nur deren Umsetzung kommt nicht voran. Stattdessen müssen sich Reisende mit übervollen Bussen durch die gesamte Stadt quälen, um dann die Reise fortsetzen zu können.
"Nicht nur Bustouristen sind
in unserer Stadt benachteiligt."
So richtig provinziell wird es aber, wenn Touristen eine Sight-Seeing-Tour durch Basel machen wollen. So können Reisende, die gerne mit durch die Stadt fahren wollen – das Angebot existiert ja zum Glück seit Kurzem mit einem sogenannten "Hop on, Hop off"-Bus – dies nur begrenzt tun, da die Innenstadt bekanntlich verkehrsfrei ist. Der Betreiber des Busses wartet auf eine Ausnahmebewilligung. Vielleicht muss er warten, bis der letzte inhabergeführte Laden in der Innenstadt dichtmachen muss.
Doch nicht nur Bustouristen sind in unserer Stadt benachteiligt. Auch die boomende Rheinschifffahrts-Branche muss mit Hindernissen und Nachteilen leben. Reisende, die am Dreiländereck aussteigen und unsere Stadt besichtigen wollen, haben nicht einmal Busanschluss. Dabei könnte die bestehende 36er-Linie doch problemlos zu gewissen Zeiten auch ins Dreiländereck fahren und dort Touristen mit Destination Stadtmitte aufnehmen. Doch leider lässt auch diese Attraktivitäts-Steigerung sicherlich noch lange auf sich warten.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich finde Basel, macht für den Tourismus grundsätzlich sehr viel. Doch es sind eben diese Kleinigkeiten, die auch eine Bedeutung haben und da haben wir einen enormen Nachholbedarf. WLAN ist beispielsweise bei uns noch immer an vielen Orten ein Fremdwort (ich verlange nicht, dass das der Staat anbietet) und auch sonst könnte Kundenfreundlichkeit etwas grösser geschrieben werden. Oder nennen Sie mir zehn Restaurants, in denen Sie nach 22 Uhr noch Essen bestellen können.
Unsere Stadt ist attraktiv, verfügt über tolle Museen, einen schönen Zoo und eine wunderbare Altstadt. Doch immer mehr habe ich das Gefühl, dass wir uns an nicht mehr weiterentwickeln und zur Provinz verkommen. Das sollten wir schleunigst ändern. Diese Kolumne habe ich übrigens im Zug geschrieben. Unnötig zu erwähnen, dass die SBB noch immer kein WLAN anbieten respektive über ein gut funktionierendes Netz für Internet und Telefonie verfügen.
16. Mai 2016
"Übertrieben, von Provinz zu reden"
Ich kann das ewige Gejammer über die autofreie Innerstadt nicht mehr hören, als wäre Basel die erste und einzige Stadt auf dieser Welt, die dieses Regime eingeführt hat. Auch das Lamentieren über den laufenden Verlust inhabergeführter Läden wird regelmässig mit dem Eindämmen des Individualverkehrs in Zusammenhang gebracht. Dass die exorbitant hohen Mieten dafür verantwortlich sind, dass lokal angesiedelte Unternehmen sich aus der Innerstadt zurückziehen, kann dann halt nicht als Argument gegen die rot-grüne Regierung verwendet werden.
Ja, ich bin damit einverstanden, dass dem Sight-Seeing-Bus zügig die Ausnahmebewilligung erteilt wird, und ja, ich habe auch Mühe zu verstehen, warum keine Einigung erzielt werden konnte, auf französischem Flughafenboden auch das Schweizer Handynetz aufrecht zu erhalten. Basel ist weltoffen und überschaubar; deshalb gleich von Provinz zu reden, ist reichlich übertrieben. Der Versuch, daraus politisches Kapital zu schlagen, etwas arg durchsichtig.
Thomas Thurnherr, Reinach
"Viel zu viel Mief"
Auch meinen Dank für die Kolumne von Joël Thüring. Gut auch, dass mit keiner parteipolitischen Selbstzensur Aussagen vorenthalten werden.
Wenn ich von Reisen zurückkehre, fällt mir auch immer wieder verstärkt auf, wie provinziell unsere Stadt ist. Das "schmerzt" dann auch bei internationalen Anlässen und Messen und es kommen peinliche Gefühle hoch. Basel ist doch eine so tolle Stadt mit leider viel zu viel Mief. Konservieren ist zwar eine schöne Sache, aber man muss doch nicht gleich alles einfrieren und verhindern. Ich wünschte mir ein vorwärts gerichtetes Denken, wo das Konservative und Innovative gleichwertig gewichtet werden.
Erich Geissmann, Aesch
"Unglaubliche Hürden"
Das sind wahre Worte, in der Tat. Ich kämpfe ab und an mit meinen bescheidenen Mitteln (meist Gespräche und/oder Schreiben) für die Eliminierung genau solcher Dinge wie z.B. "Wartezeit am Euroairport auf das Gepäck" oder "Empfang von Touristen, die per Schiff kommen".
Die emsigen Touristiker bei Basel Tourismus haben zwar einiges erreicht (siehe das neue Leitsystem, welches die Touristen von den Kreuzfahrtschiffen zum Drämmli führen sollen…). Aber wenn ich mir erzählen lasse, welche unglaubliche Hürden diese Leute überspringen mussten, nur um ein paar weisse Zeichen in den Boden zu lassen … das kann man gar nicht glauben.
Allerdings gibt es in der Thüring-Kolumne eine grosse Frage: Die allermeisten der Hürden werden durch das Parlament aufgestellt, in welchem Herr Thüring zur Zeit auf dem zweithöchsten Stuhl sitzt!
Daniel Thiriet, Riehen
"Dis-Qualifikation erübrigt sich"
Basel ist für Touristinnen attraktiv, weil es so ist, wie es ist: eine wunderschöne Lage am Dreiländer-Fluss, reich an Zeugen alter und/oder zeitgenössischer Architektur sowie an interessanten Museen und mit einem florierenden kulturellen Leben; alles zumeist in Fussdistanz oder aber sicher mit unserem aus Touristen-Sicht weltweit einmalig gut funktionierenden ÖV zu erreichen. Da "Provinz" übrigens weit weg von der Hauptstadt bedeutet und wir in der Schweiz diese Funktion nicht kennen, erübrigt sich diese Dis-Qualifikation.
Beatrice Alder, Basel
"Widerspruch in einem Punkt"
Die Bewerbung unserer Stadt als Tourismus-Destination ist gut. Gerade deshalb ist es schade, wenn Gästeerwartungen oft nicht erfüllt werden. Wie die Amerikaner sagen: "Marketing makes people come in, operation makes them come back." Das gilt auch für die Stadt als Ganzes. Grundsätzlich teile ich deshalb die Einschätzung, dass wir vermehrt am "Produkt" Basel arbeiten müssen.
Gefordert sind alle Akteure entlang der touristischen Dienstleistungskette. Dazu gehören selbstredend Gastbetriebe, aber auch Einzelhändler, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie Verkehrsbetriebe. Sie alle haben ihre Hausaufgaben zu erledigen, und viele tun das auch. Die touristische Infrastruktur in Basel ist zum Teil auf internationalem Spitzenniveau (Messezentrum, Museen), manchmal aber auch vergleichsweise provinziell (z.B. Bahnhöfe, Flughafen, Kabinenschifffahrt). Wichtig wären auch längere Ladenöffnungszeiten.
In einem Punkt muss ich widersprechen: Es gibt weit mehr als zehn Restaurants, die nach 22 Uhr noch warme Küche anbieten. Neben zahlreichen individuell geführten Imbisslokalen und Filialen von McDonald's, Burger King, Mister Wong oder Spiga sind das unter anderem: Aladin, Altes Stöckli, Kohlmann's, Papa Joe's, Nomad, Klingental, Lily's, Molino, Goldenes Fass, Wurzengraber, Nordbahnhof, Union.
Maurus Ebneter, Binningen
"Eine recht triste Angelegenheit"
Was den Provinz-Charakter vom EuroAirport (was für ein hochtrabender Name) angeht, muss ich für einmal Joel Thüring recht geben. Eine recht triste Angelegenheit ist alleine schon der Ankunft Terminal im Untergeschoss vom Gebäude. Jedes Mal wenn ich dort ankommen (das sind ca. 5-6 mal pro Jahr) habe ich das Gefühl, nach dem Zoll in ein schmales, dunkles Loch hinein zu laufen. Da stehen sich Besucher, die ihre Angehörigen abholen und empfangen wollen, regelrecht auf den Füssen, da der Gang zu klein und zu eng ist. Viele Leute müssen sich regelrecht in eine Ecke drücken um überhaupt zu sehen, wer aus der Pendeltüre kommt. Und wenn dann eine spontane "Begrüssungszeremonie" abläuft, haben die Nachkommenden sehr Mühe, um überhaupt vorbei zu kommen. Ankommende, Abholende, Kinder, Koffer und andere Gepäckstücke stehen und liegen dann in der Gegend herum. Und das alles, weil es dort viel zu eng ist.
Meine diesbezügliche Anfrage bei der EAP-Verwaltung wurde beantwortet mit dem Hinweis, dass diese unbefriedigende Situation bekannt sei und sie sich bemühen, Abhilfe zu schaffen. Das war vor ca. 5-6 Jahren! Eine Grenzüberschreitende Zusammenarbeit habe ich mir anders vorgestellt.
Bruno Heuberger, Oberwil
"Tourismusprobleme sind Dauerbrenner"
Danke Joël Thüring für diesen "Einwurf". Manche unserer Tourismusprobleme sind leider zu Dauerbrennern geworden, ohne dass die "Politik" in der Lage oder willens war, Lösungen herbeizuführen.
Zur Erinnerung: (1) Der Flughafen wurde an seinem heutigen Ort am 8. Mai 1946 eröffnet. Seit 2001 (!) wird ein Bahnanschluss zum EuroAirport ab Mülhausen und Basel geprüft und geplant. Unglaublich! Der momentan nächstgelegene Bahnhof ist nördlich in etwa 900 m Luftlinie Entfernung der Bahnhof Saint-Louis-la-Chaussée. (2) Das Dreiländereck mit Pylon ist seit Ende der 50er Jahre öffentlich zugänglich. Inzwischen befindet sich in seiner Nähe das Kulturzentrum Brasilea und die Anlegestelle für Fahrgastschiffe! 2011 verweigerte das Parlament die Verlängerung der Buslinie 36.
Es bleibt zu hoffen, dass neuere Tourismusdefizite in rascherer Zeitfolge gelöst werden können, ansonsten droht das Abgleiten ins Kleinstädtische.
Christian B. Schäffler, Basel