Zu Gast bei Freundlichen
Jetzt machen wir uns fit für die "Euro 08". Nicht im Kraftraum, sondern im Höflichkeitsseminar des Basler Schauspielers Dan Wiener. Die ersten SBB- und Bergbahnmitarbeiter haben soeben sein Gastgeber-Training überstanden. Auch ein Reporter von "20minuten" war dabei. Man hat Wesentliches gelernt. Zum Beispiel: Franzosen essen keine Frösche. Der Holländer sieht sich als Mensch. Der Italiener ist problemlos. Der Rumäne benimmt sich wie der Russe in Davos. Doch allen Fans gemeinsam ist ihr Wunsch nach Wertschätzung.
Also bitte freundlich lächeln.
Vielleicht schickt auch Hanspeter Weisshaupt, Basels Mister Euro, noch ein paar seiner Volunteers in den Kurs. Die freiwilligen Helfer sollen im Sommer die Region Basel "von ihrer allerbesten, besonders gastfreundlichen Seite zeigen". Man kann sich jetzt für den Job bewerben (www.euro.08.basel.ch): "Als Volunteer (...), der 'sein' Basel voller Stolz auswärtigen Gästen präsentiert, können Sie den Anlass nachhaltig mitprägen, ihm ein unverwechselbares Gesicht geben."
Spätestens hier wird klar: Basel will mit allen Mitteln die Chance nutzen, die sich durch die Euro 08 bietet. Will der Welt nicht nur tolle Fussballspiele zeigen. "Mehr als 90 Minuten": Damit wirbt die Stadt als EM-Austragungsort. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" lobt den Spruch zu Recht. Er ist pfiffig, macht neugierig: Was gibt es in Basel ab der 91. Minute zu entdecken?
Hier ist viel Aufklärung zu leisten. Vor allem im Ausland hat Basel nach wie vor den Charme einer Chemiestadt. Culture unlimited? Die neudeutsche Werbebotschaft von Basel Tourismus ist entweder nie richtig gehört oder nicht richtig verstanden worden.
Zu diesem Schluss gelangt auch eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Sport. Das Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus der Universität Bern und das Institut für Tourismuswirtschaft der Hochschule für Wirtschaft Luzern haben die Deutschen nach dem Image der Schweizer EM-Austragungstädte befragt. Wie schneidet Basel im Vergleich mit Bern, Genf und Zürich ab? Die Resultate sind ziemlich niederschmetternd. Die Stadt am Rhein wird zwar als Standort für Life Sciences wahrgenommen. In allen übrigen Punkten aber zieht sie den Schwarzen Peter. Basel ist jener Ort, der am wenigsten als Kulturstadt, am wenigsten als trendige Lifestyledestination, am wenigsten als authentisch und echt, auch am wenigsten als weltoffen und international gilt.
Wenn sogar unsere nördlichen Nachbarn ein solches Bild zeichnen – was weiss dann das übrige Europa von der Kunstmetropole am Oberrhein? Von ihrer schönen Altstadt? Vom ihrem internationalen, weltoffenen Flair?
Drei Viertel der Übernachtungsgäste sind rein geschäftlich in Basel. Sie hetzen an Meetings, Messen und Kongresse. Eher selten kommt jemand als Weekend-Tourist. Auch jenseits des Juras, also in unserem inländischen Ausland, trifft man immer wieder Leute, die von Basel nur die grässlichen Industriebauten entlang der Autobahn kennen. Nichts wie weiter, sagen sie sich.
Hier liefert die Euro 08 eine Steilvorlage zur Image-Korrektur. Interessant sind dabei weniger die Fussballfans, die vor und nach den Spielen bierselig johlend durch die Gassen ziehen. Wichtiger ist die internationale Medienberichterstattung rund um den Fussball-Event. Sie erreicht ein Millionenpublikum, das sich nicht nur für den Fussball interessiert, sondern vielleicht den nächsten Städtetrip plant. Eine bessere Werbeplattform kann man sich nicht wünschen.
Ob Basel die Chance erfolgreich nutzt? Vor einigen Tagen waren ausländische Wirtschaftsjournalisten zu Gast. Eingeladen hatte sie das Basler Standortmarketing. Und wie hat ihnen die Host City gefallen? Gemäss der "Basler Zeitung" waren die Eindrücke durchzogen. Etwas altmodisch, teuer, abends nichts los. Basel sei eine leise Stadt, meinte ein tschechischer Journalist.
Es fehlt wohl nicht an Freundlichkeit, auch nicht an Museen. Es braucht Leben in der Stadt.
28. Januar 2008