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Eine eindringlich mahnende Stimme gegen die Masslosigkeit der HeilslehrenDer englische Politologe John Gray kritisiert das idealistische und ideologische Denken und empfiehlt eine Politik der kleinen Schritte Von Aurel Schmidt Seit jeher haben Religionen und Revolutionen den Menschen den Himmel auf Erden versprochen. Gehalten haben sie wenig. Das hat damit zu tun, dass das Paradies, die klassenlose Gesellschaft, der Gottesstaat, der Ewige Frieden und so weiter Idealvorstellungen sind, für die es im praktischen Leben keine Entsprechung gibt. Dafür verlangen die Heilsverkünder bedingungslose Gefolgschaft, am besten freiwillig, sonst mit Gewalt. Der Iran vermittelt zur Zeit das denkbar schlechteste Bild des Islams. Die Inquisition und la terreur, die jakobinische Schreckensherrschaft der Französischen Revolution, haben gezeigt, wohin Ideale und Idealismen hinführen.
"Unter dem friedlichen Deckmantel Im ersten Teil seines Buchs behandelt Gray die religiösen Heilslehren. Das endzeitliche Denken im christlichen und jüdischen Denken ist bekannt, Gray diagnostiziert es auch im Islam, den er als Ableger des westlichen totalitären und terroristischen Denkens seit Rousseau und Robespierre begreift. Statt von Islamismus zu sprechen, schlägt er vor, den Begriff des "Islamo-Jakobinismus" oder "Islamo-Anarchismus" in den Diskurs einzuführen. "Es ist ein Irrtum zu glauben, die islamische und die westliche Zivilisation hätten nichts mit einander gemein", schreibt Gray. Al-Kaida-Anhänger nennt er "Kinder der Globalisierung".
"Die neokonservativen Ideen entspringen Unter Anleitung der Neocons, die unter der Regierung Bush jun. einen verheerenden fundamentalistischen Einfluss ausgeübt hatten, war die Meinung stark verbreitet, dass die USA über die einzige legitime Staatsform verfügen und der Einsatz für deren Verbreitung jedes Mittel rechtfertige, auch Folter, auch Gewalt, etwa gegen den Irak, der bis zum Irak-Iran-Krieg, dem Wirtschaftsembargo und dem US-Einmarsch das am höchsten entwickelte kulturelle und zivile Land des Nahen Ostens war. Was die Rechtfertigung der Folter betrifft, haben die USA einen fürchterlichen Rückfall in die Barbarei in Kauf genommen.
"Eine Welt, in der alle Probleme Politik wird von Mythen beherrscht. Sie ist irrational. Aber Realismus ist auch nur ein bescheidenes Handlungsrezept. Am Schluss gibt Gray seine kluge Analyse etwas leichtsinnig auf, wenn er versucht, Antworten auf die aufgeworfenen Fragen zu geben. Und prompt sieht er sich mit der Tatsache konfrontiert, dass er nicht mehr weiter weiss. Zu allem, was er sagt, muss er relativierend beifügen: "Das heisst nicht, dass ..." Etwas ist so, aber doch nicht so. Damit kann man nichts und alles anfangen, nach Belieben. Es sieht fast so aus, als hätte Gray vor seinen eigenen Überlegungen Angst bekommen.
28. Januar 2010
"Mensch kann nur selbst sich von Gier und Gewalt befreien" Es gibt keine Lösung. Es gibt nur Lösungen. Es gibt keine Antwort. Es gibt nur Antworten.
Der Wunsch nach Befreiung und Befriedung der menschlichen Existenz ist verständlich, aber endet immer in einer Fiktion. Die allgemein erklärten Menschenrechte wären da ein globaler Massstab. Alles, was Sinn stiftend weiterführt, muss im privaten Bereich bleiben, ohne missionarische Ambitionen.
Der Mensch muss einsehen, dass er nicht erlöst werden kann, dass sein Leben einmalig und endlich ist, und dass nur der Mensch selbst sich von Gier und Gewalt befreien kann. Und dass er in der Pflicht steht gegenüber kommenden Generationen. Oder so ähnlich, würde ich mal sagen. Ernst Feurer, Biel-Benken |
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