Anmerkungen zu 20 Jahre OnlineReports
Von MATTHIAS HAGEMANN
Mit OnlineReports ist Peter Knechtli etwas höchst Bemerkenswertes gelungen: Die Schaffung eines regionalen Newsportals, das auch ein tragfähiges Geschäftsmodell hat, und dies 1998, als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte. Man muss dazu wissen, dass Newsportale sich in der Schweiz und anderswo extrem schwertun, wenn es um die wirtschaftliche Basis geht, regionale Newsportale rentieren eigentlich nie. Wie konnte dies OnlineReports gelingen? Es brauchte dazu einige spezielle Umstände.
Der erste Umstand ist die Person Peter Knechtli, pkn. selbst. Ein ausgezeichneter Journalist der alten Schule, dessen Basis Recherche, Fakten, Werte und ein grosser Fleiss sind. Ich erinnere mich gut an das erste Mal, als er zu einem Interview über die "Basler Zeitung" beim damaligen CEO Beat Meyer und mir war.
Wir sprachen lange, pkn. war gut informiert und fragte viel, er war mit Bleistift (!) und Schreibblock gekommen und machte sich ein paar Notizen. Ich dachte noch: Wie will er das alles behalten? Das Interview wurde uns zum Gegenlesen vorgelegt, und ich staunte: Kein einziges Zitat war irgendwie fehlerhaft, es gab nichts zu meckern, auch wenn mir nicht alle meine Antworten gefielen … Hart, aber stets korrekt trifft es wohl am besten.
Der zweite Umstand war die regionale Medienlandschaft im Jahre 1998. Die BaZ hatte unter dem damaligen Chefredaktor Hans-Peter Platz als Forumszeitung allseits Akzeptanz gewonnen und wurde von der Leserschaft wohl geschätzt, aber geliebt wurde sie von der Meinungs-Elite nie. Das Unternehmen hatte als angeblicher "Riese an der Wiese" stets gegen politisches Misstrauen zu kämpfen, dabei sassen die Medienriesen schon damals in Zürich.
"Es wird nicht so rasch langweilig
in der Basler Medienszene."
Jedes neue Medium auf dem Platz Basel wurde mit Freude begrüsst und hatte quasi einen Bonus. So war es "Radio Basilisk" nach 1983 gegangen, inzwischen ist und bleibt es ein etablierter und geschätzter Player. Den gleichen Bonus durfte nach 1993 "Telebasel" beanspruchen. Und nun kam OnlineReports und machte mit seinem Konzept auf sich aufmerksam: Nur regional, aber keine umfassende Berichterstattung, nur wenige tägliche Meldungen, dafür immer wieder lange, recherchierte Artikel und Interviews von pkn. Kein Supermarkt mit umfassender Auswahl, sondern eine Boutique, quasi.
Natürlich spielte nebst der Qualität auch hier der Bonus: Es wurde als Kontrapunkt sofort beliebt und schuf sich seine Leserschaft, und offensichtlich auch einen Kreis von treuen Werbekunden und Sponsoren. Offensichtlich deshalb, weil pkn. immer noch hier ist, denn Geschäftszahlen veröffentlicht OnlineReports nicht.
Der dritte Umstand: Nach dem Verkauf der "Basler Zeitung" an Tito Tettamanti, der das Unternehmen in den Folgemonaten in den Einflussbereich von Christoph Blocher weiterreichte, kam Markus Somm und machte, wie er auch heute zu behaupten nicht müde wird, "die beste BaZ aller Zeiten". Angesichts der Tatsache, dass in seiner Regentschaft fast die Hälfte der Abonnenten das Weite suchten, eine merkwürdige Behauptung, die in Basel wohl nicht viele glaubten, ausser ein paar zornige alte Männern, dazu ein paar Medienjournalisten im fernen Zürich und natürlich den Kolumnisten, die Somm in reicher Zahl schreiben liess, und die annahmen, schon aufgrund ihrer Kolumne sei die BaZ brillant.
Da die von "Rettet Basel" geforderte, aber von jenen Kreisen bis heute kaum finanziell unterstützte und daher von Frau Oeri getragene "Tageswoche" an ihrem überdehnten Anspruch von Anfang an scheiterte, konnte sich OnlineReports weiterhin als Alternative profilieren. War es in Zeiten der Platz/Bachmann/Geering-BaZ die frechere Alternative, so war es jetzt die seriösere, denn die Lokalberichterstattung der Somm-BaZ wurde zunehmend von Kampagnen und Thesenjournalismus geprägt, vielleicht einem verzweifelten Haschen nach Aufmerksamkeit angesichts zunehmend schwindender Leserschaft und damit Bedeutung.
Inzwischen ist die BaZ an Tamedia weiterverkauft, und die Wettbewerbs-Kommission hat diesen Handel gebilligt – alles andere wäre absurd gewesen. Eine Chance zur Kurskorrektur in der lokalen Berichterstattung, zugleich ein Risiko im nationalen Mantelteil, wenn Pharma und FCB plötzlich aus Zürcher Optik gesehen werden sollten. "Barfi.ch" ist gekommen und trotz viel Engagement seiner Besitzer wieder gegangen.
Die "BZ Basel" versucht, mit immer neuen Chefredaktoren in der Stadt Fuss zu fassen, was ihr nie gelingen wird, weil Basler sich die Welt zwar allenfalls aus Zürich (NZZ, Tagi, SRF), aber nicht aus Aarau erklären lassen; und weil die BZ halt genetisch die Liestaler Zeitung für das obere Baselbiet war – was sie nun auch nicht mehr wirklich ist. Die "Tageswoche" muss, wie man hört, in einer definierten Zeit selbsttragend werden. Was, wenn das nicht gelingt? Entlässt Frau Oeri dann die Redaktion? Das Nachrichtenportal "Prime News" ist gestartet.
Der miserable und hoffentlich zu versenkende Entwurf für ein neues Gesetz über elektronische Medien aus dem Hause Leuthard benachteiligt Lokalradios und Lokal-TVs in der ganzen Schweiz massiv gegenüber der SRG, so auch in Basel. Es wird nicht so rasch langweilig in der Basler Medienszene, diese Prognose sei gewagt.
Und OnlineReports? OnlineReports selbst ist immer noch hier, still going strong. Es wird dies, so lange Peter Knechtli, den ich als Medienunternehmer und Kollegen achte und schätze, weitermachen will, auch so bleiben. Ich hoffe, er will noch lange, denn OnlineReports ist ohne ihn für mich nicht vorstellbar.
20 Jahre OnlineReports: Ein Bildschirm, ein Logo und sonst nichts
24. Oktober 2018
"Jeder Mensch wird mal klüger"
Nun ja lieber Roland Stark, jeder Mensch wird mal klüger, die einen früher, die anderen später - das hat schon Albert Einstein gesagt. Du als ehemalige "Bildungsperson" solltest das ja wissen.
Bruno Heuberger, Oberwil
"Nicht ein bisschen zu billig?"
Man reibt sich erstaunt die Augen: 1998 hat die BaZ „als Forumszeitung allgemein Akzeptanz gewonnen und wurde von der Leserschaft wohl geschätzt.“ Warum hat denn Herr Hagemann die so überaus erfolgreiche Zeitung über Tito Tettamanti und Moritz Suter an Christoph Blocher verkauft? Ist es nicht ein bisschen zu billig, im Nachhinein die Nase zu rümpfen? Wäre nicht auch ein Hauch Selbstkritik am Platz?
Roland Stark, Basel
"Ich sehe die 'Somm-BaZ' positiver"
Habe erst vor etwa eineinhalb Jahren "aus Gwunder" das erste Mal in OnlinerReports hineingeklickt. Tatsächlich, diese Institution ist bewundernswert einmalig, und bereits 20 Jahre alt, Gratulation!
Die Beurteilung der "Somm-BaZ" durch die Herren Hagmann und Augustin, sehe ich viel positiver. Denn "Der interessierte und kritische Leser braucht...." eben nicht einen lieben "Einheitsbrei", sondern eben auch konträre Ansichten, denn nur so kann ja der Anspruch eines "echt kritischen" Lesers ja erfüllt werden. Ganz sonderbar war doch, dass die BaZ sehr rege auch von ausländischen "Schreiberlingen" benutzt wurde, weil in ihren Ländern ihre Meinungen vom "Medienmob" völlig ausgegrenzt und abgewürgt wurde, und nimmer noch wird (siehe Deutschland)!
Deshalb hoffe ich, dass OnlineReports so weitermacht und weiterhin eine Alternative ausmacht.
Jakob Speiser, Gelterkinden
"Mein Abo stünde zur Disposition"
Träf formuliert und ausgezeichneter Kommentar des früheren BaZ-Besitzers. Ich gehöre noch zu den Lesern der "Basler Nachrichten" – was für ein Kontrast zur "Somm-BaZ" mit ihren "Kampagnen" und ihrem "Thesenjournalismus", besser hätte man das nicht beschreiben können. Für mich als immer noch Abonnent der BaZ stehen diese zwei Begriffe für "Krawall-Journalismus", wiewohl das nur einige wenige "BaZ-Schreiberlinge" betrifft. Eigentlich habe ich das nicht nötig. Sollte das unter dem neuen Mantel des "Tages-Aanzeigers" so weiter gehen, stünde mein Abo zur Disposition. Der interessierte und kritische Leser braucht weder Kampagnen noch Thesenjournalismus.
Albert Augustin, Gelterkinden