Messe-Ausbau: Staat muss nur 20 Millionen investieren
Von ANDREAS BURCKHARDT
Basel ist eine Messestadt und soll auch Messestadt bleiben. Die Messe Schweiz bringt mit ihren Veranstaltungen, insbesondere den beiden internationalen Messen, der "Baselworld" und der "Art" insgesamt jährlich 15'000 Aussteller und 500'000 Fachbesucher nach Basel. Die Medienpräsenz und damit die Marketingwirkung für Basel ist enorm. Mit den rund 4'000 Medienleuten, die an den beiden grossen Messen über Basel berichten, erzielen wir mehr Aufmerksamkeit für unsere Region als wir mit direktem Marketing bei vergleichbarem Aufwand je erzielen können.
Die Messe plant einen Erweiterungsbau, der die heutige Halle 1 über den Messeplatz hinweg mit einem zweigeschossigen Brückenbau an eine erneuerte Halle 3 neben dem Parkhaus anbinden soll. Dafür braucht die Messe Geld. Neben 200 Millionen Schweizer Franken aus eigenen Mitteln benötigt sie diesmal auch die Hilfe der Kantone Basel-Stadt und Baselland. Dem Grossen Rat soll im Herbst dieses Jahres eine Kreditvorlage für einen Investitionsbeitrag von 70 Millionen Franken und ein zinsloses, rückzahlbares Darlehen von 30 Millionen Franken, insgesamt also 100 Millionen Franken sowie für einen neuen Zonen- und Bebauungsplan vorgelegt werden.
Diese Absicht hat bereits Beat Jans auf den Plan gerufen. Bevor ihm konkrete Informationen in einem Ratschlag vorliegen, zieht der Vizepräsident der Wirtschaftskommission des Grossen Rates kräftig gegen den Beitrag des Kantons Basel-Stadt an dieses Bauvorhaben vom Leder und lehnt den Beitrag des Kanton ab. Er erweckt den Eindruck, der Kanton BS müsse 100 Millionen Franken für den Messeneubau "bezahlen". Dies trifft so nicht zu: Dem Parlament soll beantragt werden, für den Neubau einen Beitrag von 20 Millionen Franken als à fonds perdu-Beitrag zu bewilligen. Ein zusätzliches Darlehen von weiteren 50 Millionen Franken ist hypothekarisch gesichert und ein Darlehen von 30 Millionen Franken muss die Messe zurückzahlen.
In Basel-Stadt und Baselland profitieren wir mit rund 800 Millionen Franken von direkten Ausgaben der Aussteller und Besucher und mit rund 1,2 Milliarden Franken von deren Folgeeffekten. Die dadurch entstehenden Steuererträge in den beiden Kantonen belaufen sich auf 72 Millionen Franken; über 10'000 Arbeitsplätze basieren auf der Messe und deren Aktivitäten. Diesen Nutzen wollen wir der Region erhalten.
Die Messe Schweiz hat in den Jahren 1993 bis 2003 rund 500 Millionen Franken in ihre Infrastruktur investiert, welche die jährliche Erfolgsrechnung mit 40 bis 50 Millionen Franken belasten. Sie will jetzt weitere 260 Millionen Franken aufwenden, um die "Baselworld" auch nach dem Jahr 2011 noch in Basel durchführen zu können. Dafür verdient sie eine Unterstützung von 20 Millionen Franken à fonds perdu durch den Kanton.
Die Konkurrenz-Messeplätze, gegen welche sich die Messe Schweiz auf dem internationalen Markt durchsetzen muss, erhalten wesentlich höhere staatliche Unterstützungszahlungen. München baute 1998 die neue Messe mit Gesamtinvestitionen der öffentlichen Hand von drei Milliarden Franken; 750 Millionen Darlehen sind nur rückzahlbar, wenn es der Geschäftsgang erlaubt. Stuttgart beschloss dieses Jahr für den Neubau 1,3 Milliarden Franken, zu 100 Prozent von der öffentlichen Hand finanziert. Wenn wir also ein erfolgreiches privates Unternehmen Messe Schweiz in Basel beherbergen, das für die lokale Wirtschaft und die Stadt derart viel Nutzen bringt und gleichzeitig für den Standort wirbt, dürfen, ja müssen wir sogar dafür 20 Millionen Franken investieren.
30. Juni 2007
"Linke Politiker erkennen Zusammenhänge zu wenig"
Klar – eine Stadt ist kein gewinnorientiertes Unternehmen. Aber dennoch hat sie Einnahmen und Ausgaben, Investitionen und Schulden, Verbindlichkeiten und Verpflichtungen.
Unter Anderem gehören zu den grössten, jährlich wiederkehrenden Kosten unseres Stadtkantons die Sozialausgaben und für die Bewältigung der staatlichen Aufgaben – also die Kosten der Beamten und der für sie nötigen Infrastrukturen. Bei den Einnahmen sind primär die Steuererträge nennenswert.
Die laufenden Kosten sind da. Die Einnahmen aber sind Schwankungen unterworfen. Und weil man in schlechten Zeiten nicht beliebig hingehen und den Beamten sagen kann, sie erhielten momentan nur den halben Lohn, weil die Einnahmen nicht kämen, muss auch eine Stadt dazu beitragen, dass in schlechten Zeiten möglichst viel Arbeit und Einkommen vorhanden ist.
An der Messe hängt sehr viel. Die zahlreichen Aussteller und Besucher generieren Einnahmen - nebst bei der Messe selber – bei den öffentlichen Verkehrsmitteln (inkl. Taxis), Hotels, Restaurants, Bewachungsunternehmen, dem ganzen Gewerbe. Einnahmen, mit denen auch in schlechten Zeiten Löhne, Sozialabgaben und Steuern bezahlt werden.
Wenn sich nun der Kanton an der Infrastruktur beteiligt, die solches überhaupt erst ermöglicht, so ist das eine Investition in die Zukunft, die sich mit Sicherheit auszahlt. Zumal eben auch andere Städte das längst erkannt haben und ihre Messen – die Konkurrenz der unsrigen – oft weitaus grosszügiger unterstützen.
Mich wundert eigentlich immer wieder, wie wenig linke Politiker diese Zusammenhänge erkennen können und in schlechten Zeiten die zuvor verpassten Investitionen in keinen Zusammenhang mit Entlassungen und Arbeitslosigkeit in Betrieben stellen, die indirekt zum Erfolg von Unternehmen wie zum Beispiel der Messe stehen.
Peter Waldner, Basel
"Mitsprache ist wichtige Voraussetzung für Identifikation"
Dass das Unternehmen Messe floriert, ist sehr erfreulich und kommt auch dem Kanton und einem grossen Teil seiner Bewohnerschaft zugute. Ob und in welchem Umfang sich die öffentliche Hand an den Kosten für eine Erweiterung beteiligen soll, lässt sich unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutieren, meiner Meinung nach gibt es gute Gründe die für eine massvolle Beteiligung sprechen.
Etwas ganz Anderes ist jedoch die Frage der Verwendung der Gelder. Die Messe Schweiz will damit bauen. Auf öffentlichem Grund will sie mit öffentlichen Geldern unübersehbar einen wichtigen, dominanten Stadtraum verändern. Wir Baslerinnen und Basler zeigten und zeigen an der Urne immer wieder, dass uns unsere Stadt lieb ist und dass wir auch bei Gestaltungsfragen mitreden wollen. Diese Mitsprache ist eine wichtige Voraussetzung für die Identifikation mit unserem Wohnort. Diese wiederum braucht es, damit die stimmberechtigen Bewohnerinnen und Bewohner das Schicksal unserer Stadt sozial, politisch und finanziell mittragen.
In der Diskussion um das Finanzbegehren der Messe Schweiz muss also unterschieden werden zwischen dem Betrag der beantragten Summe und der politisch-städtebaulichen Problematik.
Beatrice Alder, Grossrätin Grünes Bündnis, Basel