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Gaby Burgermeister - Alles mit scharf

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Zapfestraich: vorwäärts, Maarsch

Es ist Sonntagabend in Basel. Kein gewöhnlicher Sonntag, sondern der Sonntag vor dem Moorgestraich. Die Pfeifer der Cliquen haben die noch verhüllte Laterne eingepfiffen. Nach dem Nachtessen mit ihren Cliquen-Kameraden haben sie sich früh auf den Heimweg gemacht. Der Laternenchef hat sich noch einmal vergewissert, dass die Beleuchtung morgen früh funktionieren wird und die "Lampe" in den wenigen Stunden bis zum Moorgestraich keinen Schaden nehmen kann.

In den Strassen der Innerstadt kehrt allmählich Ruhe ein. Eilig huscht ein verspäteter Dambuur den Spalenberg hinunter – auf dem Rücken die Trommel, in der Hand die Larve. Verstohlen blickt er sich um, ehe er den Gemsberg hochsteigt und im "Löwenzorn" verschwindet. Behutsam stellt er den "Kübel" an seinen Platz und legt die Larve darauf. Bevor er nach Hause geht, genehmigt er sich noch einen Schlummerbecher. Schlafen wird er zwar trotzdem nicht können: Hat er auch nichts vergessen? Ist der Wecker richtig gestellt? Brennt das Kopfladäärnli? Sind Ersatzbatterie und -biirli bereit? Wenn es nur nicht regnet!

Mitternacht. Es ist mucksmäuschenstill in der Stadt. Die Ruhe vor dem Sturm. Aber aus den Fenstern der Backstuben weht der Duft von Kääs- und Ziibelewaie, und im "Löwenzorn" simmert in riesigen Pfannen die Mehlsuppe auf dem Herd. Ein Koch sitzt daneben und kämpft gegen den Schlaf. Noch vier Stunden.

Ein paar Häuser weiter oben wälzt sich ein kleines Mädchen in seinem Bett. Eigentlich sollte es längst schlafen. Aber vor lauter Angst, den schönsten Moment der Fasnacht zu verschlafen, kann es kein Auge zutun. Es ist ein bisschen wie die Nacht vor Weihnachten. Endlich schläft die Kleine ein und träumt einen verrückten Traum von einem Piccolo pfeifenden Weihnachtsbaum mit einem Kopfladäärnli auf der Spitze.

So oder so ähnlich habe ich die Nacht vor dem Moorgestraich in Erinnerung, als ich klein war. Die Beizen machten früh dicht. Spätestens nach dem letzten Tram schien die Stadt wie ausgestorben. Kein Mensch war auf der Strasse. Basel glich einer Geisterstadt.

Es war wohl in den 70er-Jahren, als das Kiechli-Kino das Geschäft mit jenen Fasnächtlern entdeckte, die nicht schlafen konnten oder wollten. Von den bewegten Bildern auf der Leinwand direkt an den Moorgestraich, zur Freilicht-Vernissage der unbewegten Laternen-Helgen, lautete jetzt das Motto.

Heutzutage steigt die Party schon am frühen Sonntagabend. Die Welt ist verkehrt: Während 51 Wochen herrscht in der Nacht von Sonntag auf Montag in der Innerstadt jeweils Friedhofsruhe. Aber in der Nacht vor dem Moorgestraich wird abgefeiert. Den Beizen, die bis am frühen Donnerstagmorgen gar nicht mehr schliessen, bringt das ein nettes Umsatz-Plus. Und jenen "Festhütten", denen drei Tage und drei Nächte Fasnacht nicht genug sind, hilft es, die letzten Stunden davor zu überbrücken.

Und wie wird die Nacht vor dem Moorgestraich in, sagen wir, 20 Jahren aussehen? Wie die übrigen 51 Nächte von Sonntag auf Montag. Denn aus Sicherheitsgründen gilt an 365 Tagen und Nächten im Jahr ein absolutes Vermummungsverbot, unter das auch Fasnachtskostüme jeglicher Art fallen. Abgesehen davon sind klassische Fasnachtskostüme wie der Waggis diskriminierend und somit politisch unkorrekt, also verboten. Zudem können der Lärm der Piccolos, Trommeln und Guggemuusige sowie das Geklapper der Holzschuhe zu schweren Beeinträchtigungen Ihres Gehörs oder gar zu vollständiger Taubheit führen; deshalb ist die Verwendung von Instrumenten und unbesohltem Schuhwerk – untersagt. Und schliesslich erzeugen Waggiswagen, Räppli und Mimosen Feinstaub, der Ihre Gesundheit gefährdet. Mit andern Worten: Wenn Sie Fasnacht machen, sterben Sie früher.

Die Obrigkeit, stets um das gesundheitliche Wohl ihrer Schutzbefohlenen besorgt, hat daher den Gebrauch dieser Requisiten verboten: Dem Moorgestraich und der Strassenfasnacht wurde der Zapfenstreich geblasen.

2. März 2009
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Gaby Burgermeister, geboren 1959, wuchs am Spalenberg in Basel auf und arbeitete nach dem Abschluss ihres Germanistik- und Anglistikstudiums kurze Zeit als Journalistin. Nach etlichen Wanderjahren in verschiedenen Berufen arbeitet sie seit 2000 als Redaktorin und Korrektorin für einen Fachbuchverlag in Bern und lebt in Basel. © Foto by OnlineReports.ch

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persoenlich.com vermeldet mit Verweis auf OnlineReports den Wechsel der Basler Journalistin Andrea Fopp von Bajour zur NZZ.

Happy Radio greift den Bericht von OnlineReports über die Deponie Höli Liestal AG auf.

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Die bz zitiert in ihrem Nachruf auf Hans Rudolf Gysin aus dem OnlineReports-Porträt "Die Hans Rudolf Gysin-Story: Auf der Spur eines Phänomens".

Zahlreiche Medien haben die Nachricht über den Tod von Hans Rudolf Gysin aufgenommen: Basler Zeitung, bz und weitere Titel von CH Media, Prime News, Volksstimme, Bajour, Baseljetzt, SRF-Regionaljournal Basel, Happy Radio, nau.ch.

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Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).

Am 1. Juni 2024 übernimmt Veronika Röthlisberger die Leitung der Gebäudeversicherung Basel-Stadt von Peter Blumer, der danach pensioniert wird.

Hanspeter Wäspi (57, Rheinfelden) ist neuer Geschäftsleiter von Procap Nordwestschweiz.

Die Leitung der Abteilung Finanzen und Controlling im Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt obliegt ab 1. Dezember Thomas Schneider, der die Nachfolge des Bald-Pensionierten Daniel Hardmeier antritt.

Stefan Binkert wird neuer Rektor des Wirtschaftsgymnasiums und der Wirtschaftsmittelschule Basel; er folgt in dieser Funktion auf Patrick Langloh, der ab 1. Januar 2024 die Leitung des Bereichs Mittelschulen und Berufsbildung im Erziehungsdepartement übernimmt.

Das Co-Präsidium des Jungen Grünen Bündnis Nordwest besteht neu aus Clara Bürge (19, Basel) und Linus Dörflinger (19, Wintersingen).

Jan Blöchliger (Jg. 1977) folgt im August als neuer Vorsteher des Betreibungs- und Konkursamtes Basel-Stadt auf Gerhard Kuhn, der in Pension gehen wird.