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Claude Bühler – Premiere am Theater Basel

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Theater Basel, Schauspielhaus
Deutschsprachige Erstaufführung

"Die Götter weinen"

Autor: Dennis Kelly
Regie: Elias Perrig
Bühne: Beate Fassnacht
Musik: Biber Gullatz

Mit Andrea Bettini, Dirk Glodde, Claudia Jahn, Katka Kurze, Pascal Lalo, Chantal Le Moign, Jörg Schröder, Max von Mühlen, Carolin Schär


Overkill zum Saison-Start

Hilfe! Mehr geht nicht. Drei Stunden lang Ausnahmezustand: Ausbeutung, Wahnsinn, Krieg. Es heisst, die Götter weinen. Das Schauspielhaus wenigstens zittert. Dröhnend laute Basstöne fallen uns auf die Köpfe: KRAWANG! – wie aus dem Rambo-Filmtrailer geklaut – alle zehn Minuten, dazu ein Blackout mit Szenenwechsel.

KRAWANG! Düster und weihevoll ist das Sitzungszimmer wie der Pharaonentempel: schwere, schwarze Steinplattenmauern, hoch, mittendrin der Sitzungstischaltar. Dort am Altar schleudert Konzernboss Colm, schweissgebadet von einem Todestraum, eitel Sätze von Jupiterformat in seinen statuenhaft erstarrten Hofstaat: "Ich habe in meinem Leben viel Böses getan. Aber das ist nötig, damit Gutes geschieht."

Heute nun befindet er es für gut, sein Weltfirmenimperium aufzuteilen und an verfeindete Nachfolger weiterzugeben, an den Maniac-Typ Richard und seine dominakühle Widersacherin Catherine. Der Dritte im bösen Bunde: Colms weichlicher Versager-Sohn Jimmy. Der tut alles, um sich zu beweisen. Er zerstört zum Beispiel die Existenz seiner Liebhaberin Beth, der Versicherungschefin. Wir müssen gar keine Ahnung aufbieten: Wir wissen, dass das ja nur schlecht ausgehen kann. Soweit der erste Teil.

Zuerst verbündet sich das trio infernale, um den Alten als VR-Präsidenten in den Staub zu stossen, dann bekriegen sie sich. Nein-nein, nicht bloss mit Mobbing und Austricksen. Da würde man Autor Kellys Ambition unterschätzen. Denn jetzt gehts ums Ganze: Den Klassikerhimmel. Das Shakepearsche König Lear-Drama als heutiges globales Inferno (auch wenn das Stück mehr der Handlungslinie von Akira Kurosawas Film "Ran" folgt).

KRAWANG! Richard und Catherine machen, im zweiten Teil, richtig Weltkrieg gegeneinander, mit Gefangenenexekutionen und Raketenbeschüssen. KRAWANG! Die Welt ist nicht genug: Eine Astrologin verkündet dem hitlermässig herumschreienden Richard den Götterrat der Sterne. KRAWANG! Die in den Wahnsinn getriebene Versicherungschefin Beth mutiert zur Hasswahrsagerin, die die Armeen gegeneinander in die Vernichtung treibt. Wir erfahren von den Massakern, wie in den Klassikern üblich, vom Hörensagen: dauernd switchend vom einen kriegszerstörten Befehlsstand zum feindlichen und retour. KRAWANG! Am Ende stürmen Richards Leute Catherines Generale.

Jean Ziegler hätte seine helle Freude an der Aufführung. Hier sieht man sie endlich, die Raubtierkapitalisten, entfesselt. Wie die Wölfe fallen sie übereinander her, erschiessen, reissen, würgen einander und wenn nötig beisst einer dem andern das Genital ab. Ihre Kravatten tragen sie noch, aber Hemden und Hosen sind feldmässig erdeverschmiert. Theaterblut fliesst, spritzt, eine Rocky Horror Show, aber ernst gemeint. "Wääh" und "Hihi", so tönte es hemmungslos laut im gut besetzten Auditorium zum Mordspektakel auf der Bühne. Mittendrin schreckt Übermensch Colm auf: "Das ist mein Werk. Habe ich einen Albtraum geschaffen? Ich habe einen Albtraum geschaffen, oder?" Eine wahrhaft göttliche Komödie. Noch nie hat Kelly mit so "klassischen" Sätzen für das Zitate-Album gedichtet. KRAWANG!

Soviel Krieg braucht es offenbar, so könnte man interpretieren, damit Colm seine Seele wieder fühlen darf: als "in Säure getaucht", lässt Kelly ihn sagen. Und wenn es mit des Autoren Segen Seele und Götter gibt, so gibt es auch die Gnade für den Sünder, seine Untaten nach zu erleiden: Ausgerechnet bei der Tochter eines Konkurrenten, dessen Leben und Familie er willentlich vernichtet hatte, kommt Colm unter im kriegsversehrten Land. Im dritten Teil päppelt Barbara ihn auf, mit Vanillecréme: Sie spuckt vor Zorn zuerst in die Büchse, bevor sie sie ihm serviert. Er fleht sie fieberschlotternd an, ihm nicht zu vergeben: Die ganze Szene ist rührend. Im Elendsdreck hockend erfährt er so etwas wie Hingabe, ja sogar Glück. Das bittere Ende, der Schmerzmoment des Abends, sei hier nicht verraten.

Denn ich meine, trotz Kitsch und Geisterbahn, es lohnt sich, die Aufführung anzusehen, und sich mit Kellys Stück, sein sechstes am Theater Basel, auseinanderzusetzen. Just an diesem Premierentag war die Schlagzeile des Tages, dass ein einzelner Banker zwei Milliarden Franken mit unrechtmässigen Mitteln versenkt hat. Und wie der fiktive Colm in seinem Imperium erfassen reale Weltfirmen wie UBS heute eiskalt periodisch die fünf oder zehn Prozent leistungsschwächsten Mitarbeiter. Wer nicht höher kommt, gegen seinen Nächsten, der riskiert seinen Abgang. Dieser Methode liegt ein Menschen- und Gesellschaftsbild zugrunde, das Kelly in seinem Stück moritatenhaft auf die Spitze treibt. Statt auf Spass-Zynismus setzt Kelly auf Schauspiel, das packt und konfrontiert.

Bedauerlich ist indes, dass Regisseur Elias Perrig das Gefühl von Overkill, nämlich den Karikatur-Verdacht zuliess: Das zelebrierte Blutbad, das immer wiederkehrende KRAWANG!, das teilweise aufgesetzte Typenspiel – warum muss die Astrologin wie aus dem Science-Fiction "Matrix" entsprungen aussehen? Es gelang nicht, einen Spannungsbogen zu halten, der einen die Geschehnisse richtig unter die Haut gehen lässt.

Hätte dies das Stück nicht verdient? Einen wesentlichen Beitrag dazu leistete auch das uneinheitliche und insgesamt zu wenig genau durchgearbeitete Ensemble-Spiel. Brilliert haben Claudia Jahn als Catherine, Florian Müller-Morungen als Handlanger Gavin und Chantal Le Moign, die mit Barbara eine Leibrolle fand. Katka Kurze (Beth), Andrea Bettini (Castile) und Dirk Glodde (Richard) zeigten starke Momente. Hauptdarsteller Jörg Schröder muss sich bei aller Könnerschaft die Frage gefallen lassen, warum darf Colm vor seinem Fall nicht kerniger und somit unberechenbarer sein? Das wäre die unbequemere, herbere Variante gewesen.

16. September 2011
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Claude Bühler, ist Journalist und Schauspieler in Basel. Er arbeitete erst als Freier Journalist bei Printmedien sowie als Medienverantwortlicher von act entertainment. Lange Jahre war er Redaktor und Produzent bei Telebasel. Heute arbeitet er als Redaktor bei "Prime News". Als Schauspieler war er in verschiedenen Regie-Arbeiten der Basler Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Brun sehen, beispielsweise als Jean in "Fräulein Julie" (A. Strindberg), aber auch als Professor Siebegscheit im Märli "Froschkönig" des Theater Fauteuil oder als Lucky in "Warten auf Godot" (S. Beckett) des Theater Marat Sade. © Foto by OnlineReports.ch

Claude.Buehler@gmx.net

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"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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Wer bildet was oder wen?

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Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

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Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

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