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Claude Bühler – Premiere am Theater Basel

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Theater Basel, Kleine Bühne
Uraufführung

 

"Die beste aller Zeiten"

 

Von Michelle Steinbeck

 

Inszenierung: Franz Broich

Bühne: Jana Furrer

Kostüme: Karoline Gundermann

Musik: Elmira Bahrami

Lichtdesign: Stefan Erni, Roland Heid

Dramaturgie: Kris Merken

 

Mit Elmira Bahrami, Andrea Bettini, Martin Hug, Marie Löcker, Julian Anatol Schneider
 


Die goldene Endzeit

Erneut steht der Weltuntergang auf dem Spielplan des Theater Basel, wenigstens das vierte Mal seit der Intendanz Benedikt von Peters (Spielzeit 20/21). Die Variante von Hausautorin Michelle Steinbeck verpackt aktuelle Medienhits wie die Klimakrise, Verschwörungs-Erzählungen oder das oberflächliche Tiktok-Lebensgefühl in mittelalterliche Märchenmotive, um einen Ausblick zu veranstalten, wie es, Stand jetzt, mit uns kommen könnte: Dass nämlich nur Bakterien von uns bleiben werden, allenfalls noch Erzählungen.

 

"Als der König merkte, dass die Probleme in seinem Land sich häuften, da sah er, dass es zu spät war", denn auf "Dürren folgten Fluten": So gleitet es in Leuchtschrift über der nahezu leeren Bühne vorbei. Mit orientalischem Trauerklang bespielt Elmira Bahrami auf der Violine, am Keyboard unsere Seelen – der alsbald in pumpende Rave-Klänge kippt. Denn der König, Typ: Hippie-Gottvater mit Stock und E-Zigarette, auch Anführer der "extinction hedonists", "rief aus die goldene Endzeit" mit "bedingungslosem Grundeinkommen" – dennoch besetzt mit einer Bedingung, nämlich auf die Fortpflanzung zu verzichten. Sprich: Dauerparty und dekretierte Fröhlichkeit bis zum fade out des Menschengeschlechts. Das Party-People beschimpft zornesfreudig die Hoffnung als Lüge.

 

Aber die eigensinnige Königstochter Vastolla schminkt sich den Trauerlook "Misty Eyes and rosy noses" (reales Tiktok-Beispiel) und begeht die Todsünde, nicht glücklich zu sein. Statt sie verfassungsmässig aufzuhängen, macht der Vater den grossen Fehler, sie vor den Fernseher zu setzen. Dort sieht Vastolla eine Werbesendung für Silikonbabys (stilgerecht in der Art billiger Dauerwerbesendungen, inklusive Material-Reisstest-Demonstration). Das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Die Tochter träumt vom Hofnarren, der sich in einen "leckeren Matrosen" verwandelt - und ihr ging "vor Wonne der Mund über".

 

In der Silikonbaby-Fabrik, wo man enthusiastisch-zynisch die lebensechten Produkte ("bleiben ewig, sterben nicht") für die emotionalen Bedürfnisse der noch Lebenden anpreist, beginnt die entflammte Vastolla sich plötzlich über das "Museum der Gegenwart" zu beklagen. Im väterlichen Endzeit-Regime sei die Hoffnung "zu kurz", sie brauche mehr davon. Der Same ist gesetzt. Es entstehen sogar protestierende "Hoffnungsgruppen" im Land.

 

Ob Vastolla zu ihrem Glück mit "Hoffnungsbauch" auf einer Insel mit Zauberschloss findet oder ob sie in einem Fass zu Tode stürzt, stellt Steinbeck in unterschiedlichen Erzählungen zur Auswahl. Wahrscheinlicher ist das Fass. Denn am Ende treiben Bakterien im Meer, die auf die nächste Evolutionsstufe, die Mehrzeller warten. Es klingt wie eine Hymne.

 

Das ist Pessimismus, getarnt als (biologischen) Realismus. Botschaft: Der Mensch ist speziesgerecht dem Untergang geweiht, er soll sich nur mal in der evolutionären Folge nicht zu ernst nehmen. Die Figuren auf der Bühne sind zu Funktionen einer Extro-Welt verflacht, aus denen kaum je unerwartete Regungen hervorbrechen. Das Stück wirkt über Strecken wie ein dahineilender, überhitzter Twitter-Disput. In schnellen Sätzen treibt Steinbeck einen philosophierenden Haltungsstreit an.

 

Ein Monolog reisst die komplexen Theorien der amerikanischen Feministin Donna Haraway an – es wirkt hier wie bizarres Sektengeschwätz. Aus nicht weniger als elf, höchst unterschiedlichen Quellen – Spongebob, die Bibel, Simone Weil, ein arabischer Skeptiker des Mittelalters, etc. – hat sie kunstfertig Märchenhaftes, Irrwitziges, Flaches zu einer Welt geformt, in der niemand zu einem Ruhepunkt kommt, kein Dialog mehr fruchtbar ist, Interesse oder Vertrautes ausser Betracht gefallen sind.

 

In Franz Broichs erster Schauspiel-Inszenierung auf der Kleinen Bühne fühlt sich der Abend etwa so an wie ein Karussell auf Speed in Nahaufnahme, trotz entschleunigender Song-Einschübe. Er wirkt stets verspielt, fasst aber nie Boden, wirkt flüchtig wie die vorbeihuschenden News und Postings in der Medienwelt, unterstützt von Videos und Live-Kamera, versiert umgesetzt von einem aufgeräumten Ensemble.

 

Das modisch aufgemachte Pop-Märchen soll die aktuelle Welt durchaus schonungslos zeigen. Es eckt aber nie an. Für Ansätze zu Kritik fehlt der Dorn des Sarkasmus im Getriebe der Show. Oder ein subtiler Subtext. Nur einmal lässt Broich mal abrupt eine Leinwand fallen – und verdutzt stehen alle ratlos herum. Man kann sich wohl fühlen, wie etwa der frenetische Schlussapplaus beim jüngeren Premierenpublikum zeigte. Die ätzende Ironie und das Hässliche gelten wohl als gegeben, das wird schulterzuckend entgegengenommen.

29. April 2023
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Claude Bühler, ist Journalist und Schauspieler in Basel. Er arbeitete erst als Freier Journalist bei Printmedien sowie als Medienverantwortlicher von act entertainment. Lange Jahre war er Redaktor und Produzent bei Telebasel. Heute arbeitet er als Redaktor bei "Prime News". Als Schauspieler war er in verschiedenen Regie-Arbeiten der Basler Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Brun sehen, beispielsweise als Jean in "Fräulein Julie" (A. Strindberg), aber auch als Professor Siebegscheit im Märli "Froschkönig" des Theater Fauteuil oder als Lucky in "Warten auf Godot" (S. Beckett) des Theater Marat Sade. © Foto by OnlineReports.ch

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"Bais steht vor Gewissens-Entscheid"

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Im Titel des Newsletter-Textes vom 18. April 2024 über die SVP-Basis.
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Auch Nomen sind Glückssache.

RückSpiegel

 

Das Regionaljournal Basel veweistin einem Beitrag über die Probleme der Kitas im Baselbiet auf OnlineReports.

Der Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.
 

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