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Claude Bühler – Premiere am Theater Basel

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Theater Basel, Kleine Bühne
Schweizer Erstaufführung

"Empire V"

Nach dem Roman von Viktor Pelewin
Fassung: Alexander Nerlich/Fadrina Arpagaus
Regie: Alexander Nerlich
Bühne und Kostüme: Vera Locher und Annina Züst
Musik und Sounddesign: Malte Preuss
Illustration und Animation: Franziska Nyffeler
Licht: HeidVoegelinLights
Mit Dirk Glodde, Leopold Hornung, Martin Hug, Marie Jung, Katka Kurze, Atef Vogel


Schöne, neue Vampir-Welt

Jetzt hat auch das Theater Basel einen Beitrag zur Vampir-Welle. "Empire V" bietet alles, was Hollywood derzeit bissgerecht serviert, um ein jugendliches Publikum in die dunklen Kinosääle zu verführen: Das romantische Liebespaar, den jugendlichen Sex, nächtliche Fledermausflüge aus Ich-Perspektive und die unvermeidlichen Blutbeissereien.

Die Damen im Publikum dürfen sich über lange Menschenminuten am Anblick des muskulösen Oberkörpers von Hauptdarsteller Leopold Hornung erwärmen, der als Jungbeisser Rama in irrgartenartige Abenteuer gerät und sich in der harten Lebensschule der Vampire bewähren muss. Sie dürfen ihn bemitleiden, wenn er (x-mal) verdroschen wird, und ihn verehren, wenn er für seine Jungvampirin Hera den Nebenbuhler männlich zum allesentscheidenden Endkampf herausfordert. Die Frage, ob Hera und Rama am Ende zusammen kommen, führt wie ein blutroter Faden durch die über zweistündige Aufführung.

Die Story jedoch von "Empire V" kommt nicht aus den USA, sondern aus der Ex-UdSSR, dem rauen, weiten Land grosser seelenvoller Romanautoren. Und so radikal wie Ost und West auseinanderstreben, so unterschiedlich sind die Vorstellungen über die Blutsauger und ihre Schattenwelt. Kokettieren die Kino-Amis ("Twilight" etwa) zwielichtig und geldgierig damit, ob Vampire real seien, so ist der derzeit vielleicht meistgelesene russische Autor Viktor Pelewin (49) davon restlos überzeugt.

Pelewin zeigt uns: Die wirklichen Vampire sind die Herrscher der Welt. Das neue Russland steckt nach dem Kommunismus in den Fängen des Konsumismus. Nicht wir Menschen sind die Spitze, sondern die Nosferatus. Sie haben uns erschaffen, um uns auszusaugen. Nicht unser Blut: Sie zapfen uns die durch Leidenschaften freigesetzten Lebensenergien ab, das "Bablos", die sich bei uns Menschen immer auf einen Punkt fokussieren: das Geld. Das Bablos: Pelewins Wortmix aus Biblos und Babylon ("Gottestor"). Auch beim 19-jährigen russischen Transportarbeiter Roma ist das nicht anders. Er folgt einem Strassenschild: "Nutzen Sie die Chance zum Eintritt in die Elite." Er erwacht wieder, an ein Bett gefesselt. Sofort wird er gebissen.

Aber das Blut ist bloss noch die Persönlichkeitsakte des Opfers: Der Vampir erhält sämtliche intimen Details, er sieht sich ungeniert im Menschen um, erlebt seine Emotionen, erfährt im Nu sein ganzes Wissen.

Mit solchen Blutproben verkosten die Vampire ihren Lehrling Rama nun zum Übermenschen hoch, bibliothekenweise. In galoppierendem Tempo wird er so in die philosophische Vampir-Weltanschauung von "Glamour" und "Diskurs" eingeführt. Was ist das?

Ein Beispiel: Der "Glamour"-Effekt etwa der erwähnten jüngsten US-Vampirfilme besteht darin, dass sich jedes Girl im Publikum hässlicher fühlt als die Hauptdarstellerin. Das treibt sie (über die Begehrtwerden-Formel Sex) zum Geld. Und der "Diskurs" sorgt dafür, dass sie sich ihrer Falle nicht gewahr wird. Alles in der materialistischen Welt, so Pelewins Vampir-Lehre, lässt sich "Glamour" und "Diskurs" zuordnen. Hier mal, liebe Leserin, lieber Leser: Stopp. Entsprechen diese Effekte etwa nicht der Realität?

Weiteres Merkmal: Befriedigung gibt es nicht. Im Gegensatz zu den US-Vampirfilmen gibt es in Pelewins Welt keine sexuelle Erfüllung. Das einzige, was diesbezüglich klappt, ist eine brutale Rammelei mit der Sexpuppe.

"Pelewin zweifelt am Realitäts-Vertrag", schrieb Matthias Battis von der Europa-Universität Viadrina in seiner erhellenden Buchbesprechung. Und so kommt das Pelewin-alter Ego Rama trotz Einweihungsstufen wie dem "erstem Biss", dem "grossen Sündenfall" nicht weg von seiner menschlichsten Anwandlung: Alles in Frage zu stellen. Tapfer lässt er Kurse in Vampir-Sex (Lehrsatz: "Frauen täuschen einen Orgasmus vor, um mehr Geld zu erhalten") oder Vampir-Kampfkunst über sich ergehen. Aber er fragt weiter nach "Gott", nach "Wahrheit", nach "Sinn". Und er entdeckt entsetzt, dass die Vampir-Göttin Ischtar eine illusionslose Cognac-Säuferin geworden ist. Seine Fragerei bringt ihn auf die Abschussliste in der Vampir-Hierarchie. Wie happy sein Ende ist, hängt vom Betrachter ab. Es sei hier nicht verraten.

Bei soviel "Diskurs" ahnt man, dass, wer Pelewins 400 Seiten-Roman auf die Bühne bringt, Verflachung in Kauf nehmen muss. Auch Regisseur Alexander Nerlich ist ihr nicht entgangen. Nerlichs Vampirwelt ist wärmer und zugänglicher als Pelewins verklausulierter Beschrieb von Russlands herb herausgestellten, grotesken Realitäten.

Sein Rama ist kein isolierter Verlierertyp wie im Roman, der nicht mal zu ahnen scheint, dass er sich bei den Vampiren in eine Hackordnung einzuklinken hätte. Eher setzt er Hauptdarsteller Hornung als Next-door-Boy von der Art eines Tobey Maguire in Szene, der als Spiderman plötzlich ungeahnte Kräfte und Geschicklichkeit beweist. Dadurch fällt die Spannung zwischen ihm und Hera ab, die im Buch als für Rama unerreichbar dargestellt wird, da sie sich geschäftstüchtig auf ihr Vampirsein eingestellt hat. Marie Jung aber gibt die Hera zuweilen derart herzlich, dass wir der Blutsaugerin treu liebende Gefühle zubilligen.

Und Nerlich setzt klar auf Barock-Wirkung. Der Goth-Ästethik wird mit Kerzen, langen, schwarzen Gewändern, fahler Gesichtsschminke, dräuendem Zirpen und sphärischen Soundflächen gehuldigt. Er reisst uns mit Filmprojektionen und filmisch raschen Ortswechseln in eine atemberaubende Bildwelt, in eine Traumlandschaft, wie sie wohl kaum je so dicht, so einnehmend auf einer Basler Bühne ausgebreitet wurden.

Wie schon bei seinem Jekyll-Hyde-Projekt hat Nerlich die Video-Künstlerin Franziska Nyffeler engagiert, um die Figuren in gezeichnete Wohnungen zu setzen, vor Wolkenkratzer-Skylines Schlitten zu fahren oder über das (negativ-fotografierte) nächtliche Moskau fliegen zu lassen. Das ist teilweise schon sehr verblüffend und berauschend fantastisch: Ischtar existiert nur in einem Bilderrahmen, ihr Haupt schwebt körperlos an Schläuchen, Katka Kurzes Gesicht redet, greint und schluchzt. Allein schon diese Projektionen, angefüllt mit tausend Ideen, Effekten und Verweisen, sind das Eintrittsgeld wert. Noch ein letzter Bild-Hinweis: Putin reitet als Napoleon auf dem berühmten Bild von Jacques-Louis David.

So, jetzt Schluss. Fazit: Wer Vampire mag, hingehen, erleben. Und den Roman von Pelewin lesen.

21. Januar 2012
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Claude Bühler, ist Journalist und Schauspieler in Basel. Er arbeitete erst als Freier Journalist bei Printmedien sowie als Medienverantwortlicher von act entertainment. Lange Jahre war er Redaktor und Produzent bei Telebasel. Heute arbeitet er als Redaktor bei "Prime News". Als Schauspieler war er in verschiedenen Regie-Arbeiten der Basler Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Brun sehen, beispielsweise als Jean in "Fräulein Julie" (A. Strindberg), aber auch als Professor Siebegscheit im Märli "Froschkönig" des Theater Fauteuil oder als Lucky in "Warten auf Godot" (S. Beckett) des Theater Marat Sade. © Foto by OnlineReports.ch

Claude.Buehler@gmx.net

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"Bais steht vor Gewissens-Entscheid"

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Im Titel des Newsletter-Textes vom 18. April 2024 über die SVP-Basis.
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Auch Nomen sind Glückssache.

RückSpiegel

 

Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).