Werbung

Claude Bühler – Premiere am Theater Basel

<< [ 1 | (...) | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 | 19 | 20 | (...) | 180 ] >>

Theater Basel, Grosse Bühne

Uraufführung

"Der letzte Pfiff – ein Drehschwindel"

 

Regie: Christoph Marthaler

Bühne: Duri Bischoff

Kostüme: Sara Kittelmann

Musikalische Leitung/Klavier, Keyboards: Bendix Dethleffsen

Licht: Thomas Kleinstück

Ton: Jan Fitschen, Robert Hermann

Dramaturgie: Malte Ubenauf, Inga Schonlau

 

Mit Liliana Benini, Carina Braunschmidt, Raphael Clamer, Barbara Colceriu, Jean-Pierre Cornu, Bendix Dethleffsen, Vera Flück, Martin Hug, Ueli Jäggi, Jürg Kienberger, Annika Meier, Nikola Weisse
 


Schweinegrunzen aus dem Vogelkäfig

Gross waren die Erwartungen: Nach sieben Jahren erstmals wieder eine Inszenierung des Publikumslieblings am Theater Basel, der hier in den achtziger Jahren seine internationale Karriere startete. Christoph Marthaler wende sich erstmals dem beliebten Gerne Krimi zu, hiess es. Dazu wurde "Der letzte Pfiff" mit einer Reihe von Leuten wie Ueli Jäggi, Jürg Kienberger, Nikola Weisse etc. besetzt, die in der Marthaler-Komik seit vielen Jahren trainiert sind.

 

Vielversprechend das Bühnenbild: Ein verwinkeltes Würstchenbuden-Quartier mit anspielungsreichen Namen wie "Hot fried Woelki Dog" oder "Stolzing’s Kaldaunen" – was man auf Joseph Stolzing, Redakteur von Hitlers "Mein Kampf", beziehen kann oder auf den Helden der Wagner Oper "Meistersinger". Eine riesige Ketchup-Flasche mit der Aufschrift "Wotan" hängt ins Bild.

 

In die ungefiltert weiss beleuchtete Tristesse mit unappetitlichen Speisenbildern an den Buden schiebt Bendix Dethleffsen ein Klavier, um inbrünstig die Ouvertüre von Suppés "Bauer und Dichter" zu schmettern. "Ein Welterfolg", liest das Publikum ab Rollband, aber der Komponist habe sich ein Leben lang gegrämt, weil er das Werk in einer schwachen Minute für vier Franken verkauft habe.

 

Die ersten Kenner-Lacher, der Marthaler-Dreh sitzt: Weltprominenz und Jämmerlichkeit in einem Satz. Weitere Meisterstückchen folgen. Ueli Jäggi mit zerknautschtem Gesicht raunzt "Chlöpfer!" in die erstbeste Bude. Aber statt die Schweizer Nationalwurst kriegt er vom beleidigten Budenwirt (Raphael Clamer, herrlich als Berufsgriesgram) runtersausende Rolladen serviert – ein running gag, den Marthaler mit Variationen frischhält. Kirchenglocken läuten: Ein Priester (Jean-Pierre Cornu ähnelt Kardinal Woelki verblüffend) schreitet in triumphaler Eitelkeit einher, und über ihm schwebt die Riesenketchup-Flasche wie der Heilige Geist – schallendes Gelächter, und man stellt sich dabei den grausigen Anblick vor, wenn sich die Flasche öffnete.

 

Heftig blinzelnd tritt mit elegantem Schritt Liliana Bellini im Designer-Chic an die Rampe, greift sich unvermittelt ans Herz, an den Kopf, um gleich mehrere, höchstdramatische Tode – einmal sogar mit sportivem Überschlag – hintereinander zu sterben. Später wird sie den umstehenden Beamten ihre Mörder nennen, deren Adresse plus Tatzeit – aber auf italienisch! Die Ermittler stumpfsinnig: Sie verstünden das nicht, hätten keine Hinweise, da könne man nichts machen etc., ziehen tatenlos ab.

 

Jürg Kienbergers Glanznummer als staubtrockener Polizist Herbert: Erregt esse er immer wieder heisse Würstchen, obwohl sie ihm gar nicht schmeckten, nur um Christel von der Bude sehen zu können. Das heisst, er sehe aus Respekt nur die Senfgurke an. Wie er bieder-beschränkt von seiner Liebe als "Knall der Wonne" spricht, ist ebenso lustig wie tieftraurig.

 

Traurig ist der Abend in mehrfacher Hinsicht. Immer wieder hören wir die Frage: Schneit es immer noch? Ja, es schneit und schneit. Forciert grinsend fabuliert das Ensemble über die grüne, graue, weisse, rosa Traurigkeit, und was alles – Feuchttüchlein, Tintenfische, Kaugummi – mit der jeweiligen Farbe zusammenhänge. Traurig wirkt auch diese gänzlich disparate Gesellschaft aus vereinzelten, untereinander beziehungslosen Figuren; in einer fulminanten Szene drängen sie sich voller Entsetzen gegenseitig einen Vogelkäfig auf, aus dem panisches Schweinegrunzen ertönt.

 

Da sind die typischen Marthaler-Ingredienzien, Sotto-Voce-Chörchen, hintersinnig-absurde Gedichte, Songs, Monologe, gewohnt liebevoll gestaltet. Aber mit der Zeit schleicht sich das Gefühl ein, einer Nummern-Revue beizuwohnen, die ausser versiert inszenierte Übergänge wenig zusammenhält. Wollte der Meister nihilistisch seine Kunst entblössen?

 

Die Antwort liegt eher bei den Produktionsbedingungen. Nur die erste Probe fand in Vollbesetzung statt. Das Coronavirus erwischte fast alle Mitwirkenden: Gelegentlich waren nur fünf der elf Ensemblemitglieder einsatzfähig. So gelang es nicht, die Fäden zu einem Gewebe zu verknüpfen, ja die Anlage auszuführen. Gezeigt wurden Fragmente. Das Publikum wurde darüber im Programmheft informiert.

 

Man mag den Entscheid der Theaterleitung kritisieren, am Premierentermin festzuhalten. Das Virus hatte zuvor für massive Publikumseinbrüche gesorgt. Auf die zunehmend längliche Aufführung (zwei Stunden) reagierte ein Teil des Premiere-Publikums ungeduldig und verliess ab Beginn des Applauses das Auditorium. Das ist unanständig und wird der künstlerischen Leistung, die unter schwierigen Bedingungen erarbeitet wurde, nicht gerecht.

9. April 2022
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
Claude Bühler, ist Journalist und Schauspieler in Basel. Er arbeitete erst als Freier Journalist bei Printmedien sowie als Medienverantwortlicher von act entertainment. Lange Jahre war er Redaktor und Produzent bei Telebasel. Heute arbeitet er als Redaktor bei "Prime News". Als Schauspieler war er in verschiedenen Regie-Arbeiten der Basler Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Brun sehen, beispielsweise als Jean in "Fräulein Julie" (A. Strindberg), aber auch als Professor Siebegscheit im Märli "Froschkönig" des Theater Fauteuil oder als Lucky in "Warten auf Godot" (S. Beckett) des Theater Marat Sade. © Foto by OnlineReports.ch

Claude.Buehler@gmx.net

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)

www.onlinereports.ch
© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigenen Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

 

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).