Baschi kann glücklich machen
Nach 20 Jahren, zum Bühnenjubiläum, kehrt Baschi heim von seiner Odyssee. Er kommt nach Gelterkinden zur Sause auf dem Dorfplatz. Pathetisch, romantisch, nostalgisch, sehnsüchtig, dramatisch hat sich der Oberbaselbieter Popbarde in die Herzen seines Publikums gesungen. Zeit für eine erste Würdigung.
Blick zurück. Baschi ist noch Sebastian Bürgin. Mit der Schule will es nicht so richtig klappen. Obwohl er seine Lehrer als Freunde betrachtet, nicht als seine natürlichen Feinde. 2004 heuert er parallel zur Schule am Leutschenbach an und schafft es in die Castingshow Musicstar. Die Ausbildung tritt er umgehend in die Tonne. "Die haben ja gesehen, dass ich jeden Sonntag im Fernsehen komme."
Er merkt schon bald, dass die Welt denjenigen gehört, die auf andere zugehen, die räumlich und zeitlich flexibel sind. Also Selbstständigen und Obdachlosen. Die meisten entscheiden sich in einem ersten Schritt für selbstständig und wechseln dann später.
Doch Baschi scheint es zu packen.
Es geht Chlapf auf Chlapf. Am 3. Februar 2003 ist Baschi bereits Popstar. Zumindest im oberen Baselbiet. Die Volksstimme muss ihren Nachtcafé-Talk mit Baschi aus dem beschaulichen Sissacher Kulturkeller KiK spontan ins Gelterkinder Kulturzentrum Marabu verlegen, so gross ist der Andrang. 500 Begeisterte kommen.
Er begegnet einem auf Augenhöhe. Ob Hausbesitzer oder Hausbesetzer.
Fast vier Jahre später verstirbt sein grösster Fan, Vater Thomas, an Krebs. Ein Anker in Baschis Leben, inzwischen als Tattoo verewigt auf seinem rechten Oberschenkel. Das geht unter die Haut.
Odyssee hin oder her, Baschi ist stets Baschi geblieben. Er begegnet einem auf Augenhöhe. Ob Hausbesitzer oder Hausbesetzer. Trifft er auf einen Basler Polizisten, gilt erst mal die Unschuldsvermutung. Als ehemaliger Ministrant gewährt er diese auch katholischen Priestern.
Baschi bleibt Lebemann. Der mit den Stimmbändern, die Zigaretten und Whisky kennen. Mit Rockstar-Attitüde. Der Sänger, der spricht, als wäre er leicht bekifft; der Star, der Versuchungen nachgibt. "Man weiss ja nie, ob sie wiederkommen." Denn merke: Das Vergnügen ist so wichtig wie die Arbeit selbst. An einer Schweissallergie leide er hingegen nicht.
Die beiden Männer verbindet mehr als eine Frau.
2019 hält Baschi die 1.-August-Rede in Gelterkinden. Er wolle aber nicht als nächster Popstar die Welt belehren. Niemand brauche Ratschläge von einem, der um Mittag aufstehe, in einer WG lebe und sich von Fertig-Pizza und Rotwein ernähre. "Nichts davon trifft auf mich zu, ausser die Sache mit dem Rotwein." Auf ein Glas Ripasso, caro.
Baschi kann glücklich machen. Mein Nachbar, Juniorentrainer im Fussball, erzählte mir, wie er im Wintertraining in der Halle stets Musik zum Mätschle abspielte. You’ll Never Walk Alone, Three Lions und – Bring En Hei, den Superhit von Baschi. Die Kleinen lieben diesen Song. Vielleicht ist es kein Stück Kunst, das Baschi damit in ihr Leben trägt, aber gewiss einen echten Lebenswert.
Baschi bleibt Lebemann. © Foto by Tom Haller
Einst selbst ein guter Kicker, ist Baschi inzwischen mit Alana, der Tochter von Welt- und Europameister Günter Netzer, verheiratet. Die beiden Männer verbindet mehr als eine Frau. Das halblange Haar, das erste Date an einer Tankstelle, und die grossen Spiele in grossen Stadien. Günter brillierte im Volksparkstadion, im Olympiastadion und im Bökelbergstadion. Baschi auf dem Tannenbrunn, der Hofmatt und der Wolfstiege, gleich neben der alten Linde.
Die Reise dieses Empfindsamen führt nicht nur durch den Hades des Rock, den Olymp des Pop, sie reicht bis zum Elysium des Soul, der Seele, des Kerns des Daseins. Schon James Joyce liess seinen Stephen Dedalus in Ulysses sinnieren: "Die Seele ist Form der Formen." Denn die Seele, diese Wunde, ist es, die Baschi zwischen Skylla und Charybdis hindurch manövriert. Immer wieder.
Ich habe vernommen, eine ganze Reihe Promis sollen Schlange stehen, um Baschi zum Jubiläum zu gratulieren. Kulturdirektorin Monica Gschwind, Comedian Stefan Büsser, Ex-Nati-Trainer Gilbert Gress. Aber auch viele seriöse Zeitgenossinnen und -genossen.
Am 7. September, am Tag nach seinem 38. Geburtstag, will Baschi also auf diesen ganz normalen Wahnsinn, den man Leben nennt, anstossen. Wäre er tatsächlich Odysseus, würde Penelope gebieten: "Chum, bring en hei."
1. September 2024
"Muss man einfach gern haben"
Was für eine erfrischende und witzige Kolumne über Baschi, den man einfach gern haben muss! Ich musste beim Lesen oft schmunzeln.
Marina Fink, Zunzgen