Gestatten, mein Name ist Carmela
Sicher, da hatte ich Glück. Das Birsquai ist wohl der einzige liebenswerte Fleck in Birsfelden. Da wohne ich. Birsfelden sonst? Ein Blechlawinen-Land zu Stosszeiten. Ein Zentrum, das gerne eines wäre, aber noch weit davon entfernt ist.
Böse Zungen behaupten, die Riege um Gemeindepräsident Christof Hiltmann nutze diese "sehr subtile Form der Folter", damit nicht noch mehr Leute zuziehen. "Banlieue" nennen sie das in Frankreich.
Ich sitze in meiner Küche und schaue durchs Fenster aufs Birsköpfli. Sommerferien. Mittagszeit. Ich drehe mir die Spaghetti alle Vongole um die Gabel. Hmmh! Liebe, die durch den Magen geht.
Jetzt schau dir das an. Esther Keller kommt persönlich mit dem Lastenvelo vorbei und bringt ein paar mobile Bäumchen. Schattenspender für die Sonnenhungrigen.
Mein Kater, der wohlgenährte Corleone, hat meine Spaghetti alle Vongole entdeckt und schaut zu mir herüber. Er hat wieder diesen fordernden, leicht überheblichen Blick jener aufgesetzt, die stets ans Fressen denken. Diesen Eva-Kaili-Daniel-Vasella-Joe-Ackermann-Blick. Gib! Her!
Schau dir an, wie sie da am Birs- und Rheinufer brutzeln. Jessica Brandenburger und Balz Herter räkeln sich verliebt in der Sonne. Kein Wunder. Ist ja ihr Summer of Love. Wie nahe SP und Mitte doch liegen können. Dieser kategorische Instinktiv.
Summer of Love.
Alles ist Liebe. Alles ist braun.
Ja, Summer of Love. Alles ist Liebe. Alles ist braun. Gigi Oeri liegt gleich hinter Balz Herter und freut sich über ihre Bräune, Alice Weidel ist braun nicht braun genug.
Ich sage zu Corleone, der sich auf dem Sims räkelt: "Apropos Liebe, mein Süsser, ich habe mir sagen lassen, dass Ciriaco Sforza noch immer seinen Coaching-Stil liebt und Marco Streller die FCB-Ära, in der er noch spielte. Weisst du, jene Zeit, in der er noch nicht Vordenker war. Ja, Corleone, Vordenker, nicht Nachdenker. Das wäre sonst ein Oxymoron. Wie das herrenlose Damenvelo."
Belesen, bedacht, bereit: Carmela Monsanto. © Illustration by Alessandro Ballato
Corleone kneift die Augen zusammen und sieht mich fragend an. "Hat mir die kleine Blonde da drüben erzählt. Die mit der satten Bräune hinter Balz Herter. Die Kleine, die in der BaZ nicht nur gut über Bernhard Heusler spricht. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Gigi in Heusler einen Selbstdarsteller vor dem Herrn sieht."
Es herrscht Ferienstimmung. Bald mache ich selbst Ferien. Zuerst im beschaulichen Bergamo. Ach, ich liebe die Città Alta, wo die Stracciatella, il gelato dell'amore, erfunden wurde. Dann ab nach Rom.
Liebend gerne hätte ich noch der Pharmamesse Italiens, dem Giro d'Italia, einen Besuch abgestattet. Aber die Impfkampagne lief bereits im Mai.
Bevor ich fahre, muss ich aber noch liefern. Als Basel-Korrespondentin von "La Monda – il mondo femminile" schreibe ich einen Artikel über die Liebe der indigenen Politikerinnen und Politiker zur internationalen Politik.
Ich liebe Birsfelden
und Spaghetti alle Vongole.
Indigene Politikerinnen und Politiker gibt es natürlich vor allem im Baselbiet: Daniela Schneeberger, Anita Biedert, Ermando Imondi, Hanspeter Weibel. Sie alle kommen zum internationalen Schluss, dass die Amis nach Mexiko auswandern, sollte Donald Trump nach dem 45. auch der 47. Präsident der USA werden. Sofern sie an der trumpschen Mauer vorbeikommen. Welch ein Primeur!
Die Demokratie werde zu Grabe getragen, sagt die beliebte Landrätin Caroline Mall. Da erhält die Bezeichnung Urnengang doch gleich eine ganz neue Qualität. In einem Kommentar im Wochenblatt verweist sie auf die alte Bauernregel, wonach Wählen wie Zähneputzen sei: "Wenn du es nicht tust, wird’s braun."
Liebe Leserin, ehrlich gesagt, ich liebe Birsfelden und Spaghetti alle Vongole. Ich liebe das Kulturzentrum Roxy. Ich liebe mein Birsquai. Corleone möchte auch nicht weg. Aber sagen Sie es nicht weiter. Bitte. Es wäre mir peinlich.
Rezept: Spaghetti oder Spaghettini alle Vongole für vier Personen
1 kg Vongole
1 grosse Knoblauchzehe
1 grosse Zwiebel
1 Peperoncino
1 Bund glatte Petersilie
3 Esslöffel Olivenöl
1,5 dl Weisswein
1 dl Gemüsebouillon
400 g Spaghetti oder Spaghettini
Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Vongole unter fliessendem kaltem Wasser gründlich waschen. Beschädigte oder vollständig geöffnete Muscheln wegwerfen.
Knoblauch und Zwiebel hacken. Peperoncino halbieren, entkernen, in feine Streifen schneiden. Die Petersilie fein hacken.
In einer grossen Pfanne Salzwasser für die Pasta aufkochen.
Gleichzeitig in einer zweiten grossen Pfanne Olivenöl erhitzen. Knoblauch, Zwiebel und Peperoncino darin andünsten. Muscheln beifügen, Weisswein und Bouillon hinzugiessen und zugedeckt aufkochen.
Anschliessend 2 Minuten kräftig kochen lassen, vom Herd ziehen und in zugedeckter Pfanne 5 Minuten nachziehen lassen. Muscheln, die sich nicht geöffnet haben, wegwerfen.
Während die Muscheln garen, Pasta im kochenden Salzwasser bissfest garen. Abschütten und zu den Muscheln geben. Petersilie beifügen und alles noch einmal gut aufkochen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Dann die Spaghetti oder Spaghettini alle Vongole in vorgewärmten tiefen Tellern anrichten.
8. Juli 2023
"So viele Ingredienzen drin"
Da sind so viele Ingredienzen drin, dass ich mir das Ganze gleich mehrfach einziehen musste, einmal privatissime, tags darauf auf unserem Feierabendbänklein, vorlesenderweise. Auch meinem Gegenüber gefiels – ein besonderer Qualitätsbeweis. Nicht nur ich freue mich auf die nächste Kolumne von Frau Monsanto. Inzwischen ganz schöne Ferien!
Pius Helfenberger, Münchenstein