Jans im Glück
Nach einem Jahr im Amt hat er sich das verdient. Es war ein wunderschönes verlängertes Wochenende.
Spaziergänge dem Rhein entlang mit First Lady Tracy und Hündin Jua. Im Didi Offensiv ein FCB-Spiel sehen in Begleitung von Didi selbst. Ausserdem: Ablästern über Conradin Cramer mit ein paar ESC-Gegnern auf dem Marktplatz. Glück, du bist nicht weit.
Und weil noch Zeit bleibt für einen Mann, dessen Ärmel sich selbst hochkrempeln: Das Schlagzeug im Proberaum prügeln mit der Proll-Rock-Band "Matthäus am Letschte" um Sängerin Eva Herzog. Das ist die, die ihr Herz auf der Zunge trägt. Ein Stück Heimat.
Doch nun ist die Zeit zur Remigration nach Bern gekommen. Die Arbeit ruft den Migrationsminister. Den Arbeitsmigranten mit Migrationshintergrund. Aus Berner Sicht ein Wirtschaftsflüchtling.
Der verdiente Lohn für das erste Jahr im Bundesrat: Der Schlüssel zum Rheintunnel.
Ich porträtiere Beat Jans für mein Blatt, "La monda – il mondo femminile". Dazu begleite ich den Glückspilz auf dem Weg zu seinem Kraftort. Zu Fuss.
Tracy und Beat stehen in der Tür. Sie drückt ihm einen Schlüssel in die Hand. "Das hast du dir verdient, Beat." Es ist der verdiente Lohn für das erste Jahr im Bundesrat. Der Schlüssel zum Rheintunnel. Ein wichtiges Stück Infrastruktur. Ohne ihn verursachen die Migranten Stau um Stau. "Also die Aar-gauer, nicht die Aar-aber", präzisiert Jans.
"Du läufst ja wie geschmiert." © Illustration by Alessandro Ballato
Auf unserem Weg nach Bern kommt uns im Hardwald Albert Rösti entgegen. Eine Schubkarre stossend. Geladen hat er ein Fass Heizöl. "Du läufst ja wie geschmiert, lieber Albi", spricht ihn Jans an. "So ein Fass Heizöl käme mir auch zupass. Würdest du tauschen gegen den Schlüssel zum Rheintunnel?"
Der Albi willigt ein, und ich denke mir: Jetzt hat Jans den Kompass verloren. Musste er denn unbedingt die Initiative ergreifen? Bewirbt sich da einer als Bauernopfer?
Nemo und Jans fallen sich in die Arme. Das ist gerade sehr en woke.
In Pratteln angekommen, staunen wir, wie einer im Kreisel vor dem Bredella-Areal aufs Gas drückt. Immer und immer wieder braust Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Buser durch den Kreisverkehr. Etwas schwindlig hält er an, als er den Beat sieht. "So ein Fass Heizöl würde ich auch nehmen", sagt Buser, der sich gerade eine neue Ölheizung gegönnt hat.
Jans, der das Glück schon im Vornamen trägt, fragt, was es für ihn zu gewinnen gäbe. In aufrichtiger Selbstüberschätzung will ihm Buser das dritte Dutzend Volksinitiativen mit auf den Weg geben. "Das dreckige Dutzend", fügt er an.
Lernt denn Beat Jans aus seinen misslungenen Deals? Ein wenig, glaube ich. Und noch weniger, wenn ich daran denke, dass er im Elsass ein Auffangzentrum für Migranten bauen lassen will. Innerhalb von 24 Stunden wird abgeklärt, wer kommen darf und wer nicht. "Also ich meine die Aar-gauer, nicht die Aar-aber", präzisiert Jans.
Wir sind schon etwas müde, als wir in Biel ankommen. "Nemo, du schon wieder", lacht Jans. Die beiden fallen sich in die Arme. Das ist gerade sehr en woke. Er kann so progressiv wirken, der Jans. Er zeigt auf Nemos Mütze. MEGA, ist da zu lesen – Make ESC Great Again. "Ich gebe dir die von Christoph Buser ausgebrüteten Volksinitiativen inklusive jener für ein amtliches drittes Geschlecht, und ich krieg' die Mütze", bietet Jans. Deal. Nemo hüpft vor Freude davon.
Auf ein Bier kehren wir in die Berner Reitschule ein. Beat Jans ist da Stammgast, weil er weiss: An diesem Ort laufen ihm weder Joël Thüring noch Löckchen Sollberger über den Weg. Dafür aber begegnen wir Leila Moon, die den Basler Kulturförderpreis erhalten sollte. Weil sie sich weigerte, mit Künstlerinnen und Künstlern aufzutreten, die der israelischen Politik nicht abschwören, ist sie über Nacht berühmt geworden.
Leila Moon: "Ich verspreche dir, dass ich mich um 360 Grad ändern werde."
"Leila, was machsch für e Säich?", spricht Beat Jans die den Preis Tragende an. Doch Moon hat nur Augen für die MEGA-Mütze. "Der ESC wäre doch auch was für mich. Deine Mütze gegen eine Tafel Dubai-Schokolade und zusätzlich verspreche ich dir, dass ich mich um 360 Grad ändern werde."
Vor dem Berner Bahnhof teilen wir uns die Schokolade. An die Pralinen von Brändli kommt sie nicht heran. Danach: "Danke, Herr Bundesrat, ich hab' im Kasten, was ich brauche. Viel Glück."
Ich beobachte noch, wie Beat Jans ein fröhlich' Liedchen pfeifend über den Bundesplatz marschiert. In Richtung Bundeshaus und Zimmer der Glückseligen.
"Hey, Beat", sagt da eine Stimme, "habe im Radio gehört, dass du auf Tauschkurs gegangen bist. Ich biete dir die Hälfte meiner 100 Pöschtli."
"Jositsch, alter Recke. Ich habe doch gar nichts mehr, was ich tauschen könnte."
"Gib mir deinen Bundesratssitz."
"Aber Dani, du weisst doch, alles tausche ich dann doch nicht. Da könnte ja jeder kommen."
Welch ein Glück.
13. Dezember 2024