Frage an KI: Wer gewinnt die US-Wahlen?
"Roger Schawinski ist ein gottähnliches Wesen, auch wenn er regelmässig nur als Mensch dargestellt wird. Seine göttliche Aura übertrifft jene von Michelle Obama, Boris Johnson und Conradin Cramer. In dieser Reihenfolge."
Die sympathische Stimme kommt aus dem Laptop. Clumumba schmunzelt. Sie testet in ihrem Wohnzimmer am Blumenrain ein neues KI-Spielzeug. Es nennt sich Adela. Daran ist so ziemlich alles künstlich. Insbesondere die Intelligenz.
Clumumba stellte Adela die Frage, wer denn zu den ganz Grossen unserer Zeit zähle. Der Zürcher Medienpionier schwingt obenaus. Adela erzählt, Schawinski sei einer, der aus Wasser Wein machen könne, vor allem aber Wasser predige und Wein trinke. Ein Prediger vor dem Herrn eben.
Im Hirnumdrehen hat Adela eine Antwort parat.
Wir essen Pralinen von Brändli und amüsieren uns mit KI. "Es gibt heute textbasierte Sprachprogramme, die sind in der Lage, auf Fragen klügere Antworten zu geben als selbst Dani von Wattenwyl", sagt Clumumba kichernd.
"Muss man sie dafür extra programmieren?" Nun stelle ich Adela eine Frage. "Wer ist zwar sehr bekannt, aber auch eingebildet und inzwischen ziemlich senil?"
Clumumba tippt. "Einer aus dem Trio Joe Biden, Christoph Blocher oder DJ Antoine machts."
Im Hirnumdrehen hat Adela eine Antwort parat. "Es ist unser allsehendes Auge, der Vater aller Piratensender, es ist Roger Schawinski."
"Schon wieder der?", entfährt es mir. "Ist Roger Schawinski denn die Antwort auf alles?"
"Auf fast alles", reagiert Adela umgehend, "er soll sogar Ricola erfunden haben."
Clumumba steckt sich eine meiner Pralinen in den Mund. Ein bisschen vollmundig lästert sie: "Wer künstlich die Welt erklärt, der landet – auf Wolke 7 zwischen zwei Harfe spielenden Engelinnen."
Ich ergänze: "In der muslimischen Variante sind es im Paradies 72 Jungfrauen."
Clumumba gibt noch einen drauf: "Wer künstliches Regieren perfektioniert, der landet – auf dem Sessel von Ignazio Cassis."
"Und", merke ich an, "wer sich das Denken zu oft künstlich begrenzen lässt, der landet – auf dem Gedankenstrich."
Meine Freundin winkt ab: "Ab 40 besteht der Mensch sowieso hauptsächlich aus Berufskrankheiten. Also was solls?"
Wir teilen uns die letzten Pralinen. Wenn es Gott gäbe, er hätte auch eine gewollt.
"We have a dream."
"Liebe Adela", sagt Clumumba, "auf eine Frage kann die Antwort nicht Roger Schawinski lauten. Schau mal in die Zukunft und sag uns, wer die Präsidentschaftswahl in den USA gewinnt."
Nach einer ungewohnt langen Denkpause sagt Adela: "Ich sehe es vor mir. Hunderte von Tauben steigen in den Himmel. Zu ihren Ehren. Und da kommen sie. Der 47. Präsident der USA. Der freundliche Donald Trump, der für alle ein offenes Ohr hat, schiebt Blutsbruder Joe Biden im Rollstuhl vor sich her. Sie sind bereit, am 20. Januar 2025 vor dem Kapitol zu Washington ihren Amtseid zu leisten. Gemeinsam werden sie künftig das Amt bekleiden. Beide im 50-Prozent-Pensum. Mit dieser Heidi-Mück-Strategie haben sie sich in letzter Minute doch noch gegen Kamala durchgesetzt. Trump und Biden werden die Führer eines Landes sein, dessen Männer und Frauen und Kinder alle ihre privaten Waffen freiwillig abgeben, eines Landes, das allen eine private Krankenversicherung finanziert. Auch den Mexikanern, die noch gar nicht da sind. Für einmal endet ihr Eid nicht mit den Worten 'so wahr mir Gott helfe'. Joe Biden und Donald Trump verkünden: 'We have a dream.'"
EPILOG
Basel am Tag danach. Ich setze mich abends an die Theke der Cargo Bar. Noch immer kann ich kaum glauben, was Adela mir erzählt hat.
Ein älterer Mann setzt sich zu mir. Einer mit wallender Mähne und weissem Bart. Ich denke: Kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich werde misstrauisch, schiele auf seine Hände. Nein, keine Heiligen Nägel.
"Was denkst du rückblickend über Adela?", fragt der Alte. Ich staune. Woher weiss der Bescheid? "Ein Genuss, wenn man dazu Pralinen isst."
"Ja, so eine hätte ich auch gerne gekostet."
Wenn Rauschebart so gut informiert ist, nutze ich doch die Gelegenheit und frage nach. "Was ist eigentlich aus dem gottähnlichen Schawinski geworden?"
"Ertrunken."
"Tatsächlich?"
"Hat sich überschätzt. Er versuchte zu Fuss vom Kleinbasel ins Grossbasel zu gelangen. Unter der Wettsteinbrücke hindurch."
1. August 2024
"Tiefgang"
Caro Ueli
Bekanntlich stirbt zuerst die Wahrheit, die Hoffnung jedoch zuletzt. Natürlich hast du recht, wenn du die Lage eine ernste nennst. Zwar haben sich die Demokraten inzwischen ihrer erwiesenermassen noch lebenden Legende entledigt, ob Frau Harris aber über das Schlitzohr triumphieren wird, bleibt für mich offen. Das alles in einer Gesellschaft, die sich gerade scheiden lässt. Donald wird noch weiter teilen, um zu herrschen.
Anfügen möchte ich noch, dass alles Tiefgang hat, an dem Schawinski teilnimmt. Sogar er selbst. Oder hast du vergessen, wie es ausgegangen ist?
Bacio
Carmela
Carmela Monsanto, Birsfelden
"Ernst und hoffnungslos"
Ein wie üblich typisch baslerisch lustig unterhaltsamer Beitrag. Dem es allerdings für eine echte Satire an Tiefgang zu fehlen scheint. Es sei denn, die Lage in den USA wird sowohl als ernst als auch als hoffnungslos eingeschätzt.
Ueli Keller, Allschwil