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Aurel Schmidt: "Seitenwechsel"

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Das Zeitalter des Wutbürgers

Die politisch-wirtschaftliche Klasse hat einen neuen Feind ausgemacht: den Wutbürger. Was ihn auszeichnet, ist die Tatsache, dass er sich gegen den Wandel wehrt – zu Lasten der Zukunft, so "Der Spiegel" kürzlich. Hintergrund ist der Widerstand gegen den Ausbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs sowie die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke in Deutschland durch die deutsche Bundesregierung. Die Beschlüsse wurden rechtmässig gefasst – also bitte keinen Widerstand.

Der Wutbürger ist kein Weltbürger, sondern ein Störfaktor. Natürlich muss man dem Volkswillen, auf den man sich gern beruft, um seine Geschäfte abzuwickeln, Rechnung tragen, wenigstens verbal, aber ihm trauen will niemand. Vielleicht sogar mit einigem Recht, wenn man etwa an die Anhänger der "Tea Party" denkt oder an die Wähler des italienischen Premierministers Silvio Berlusconi. Aber auf das Ganze gesehen irrt das Volk nicht mehr und nicht weniger als die Eliten selbst. 

 

Weiter ist zu Thema Folgendes zu sagen. Atompolitik ist erfolgreiche Lobbypolitik. Was den Bau des Stuttgarter Hauptbahnhofs betrifft, wird er mit vorausschauender Planung für die kommenden Generationen begründet, jedoch ohne dass diese Generationen gefragt worden wären. Sie müssten aber, wenn schon, selber entscheiden können, was sie wollen.

Ginge es wirklich um die Zukunft, müsste die Atomenergie-Produktion auf der Stelle eingestellt werden. Saubere Energie hört sich gut an, nur die ungelöste Beseitigung der strahlenden Abfälle ist das Problem – und eine Hypothek. Auch in der Gen-Forschung werden Weichen gestellt, die unwiderrufbare Verhältnisse herstellen.

Zwischen den Regierungen und dem Volk klafft eine Kluft wie der ostafrikanische Grabenbruch, wo die Kontinentalteile kontinuierlich auseinander driften. Das Volk wählt regelmässig seine Repräsentanten, die sogenannten Volksvertreter, dann wird der Laden für vier Jahre dichtgemacht. In der Schweiz haben die ausgebauten Volksrechte bisher ein erträgliches Zusammenleben ermöglicht, aber die direkte Demokratie wird auch hier von der Elite misstrauisch verfolgt.
 
Der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hat kürzlich die Hindernisse für den Industriestandort Deutschland aufgezählt. Technikfeindlichkeit steht oben auf der Liste. Die Menschen seien nicht gewillt, "emissionsträchtige Anlagen im näheren Wohnumfeld" zu akzeptieren. Der Wutbürger ist undankbar für die Emissionen, die ihm beschert werden, heisst das. Umweltschutz und zu hohe Restriktionen beim CO2-Ausstoss stellen weitere Hindernisse und Nachteile für die Wirtschaft dar.

 

Man weiss schon, aus welcher Küche dieses Gejammer kommt. Am besten wäre es, wenn Herr Brüderle sich ein anderes Volk wählen würde. Dann könnte er seine Klientel besser mit emissionsträchtigen Anlagen bedienen.
 
In der Schweiz können mühelos analoge Tendenzen festgestellt werden. Auch hier wird eine Fortschrittsfeindlichkeit festgestellt, wenn die Menschen die Geschenke, die ihnen die fürsorgende Klasse aufdrängt, nicht haben wollen. Der kantonale Steuerwettbewerb höhlt den politischen Zusammenhalt aus. Und noch vor der Abstimmung über die Steuer-Initiative erwägen die Kantone Massnahmen, um sie zu umgehen, falls sie angenommen werden sollte. Das ist der Geist, der herrscht. Kein Wunder, wenn die Politik zu ihrer Parodie verkommt.

Die Regierungen, unterstützt von den Mainstream-Medien, vertreten einseitig und unverhohlen die Interessen der Wirtschaft. Mit Steuergeldern werden Banken gerettet – damit sie prompt wieder ihre Boni ausschütten können. Liberalisierung der Märkte und Markteffizienz führen in eine Situation, in der wir nicht mehr unabhängig entscheiden können. Es findet ein Umbau der Gesellschaft statt. Wirtschaftliche Belange beeinflussen den Alltag bis in den allerprivatesten Bereich.

Dass es auch anders geht, ist keine Frage. Wir können auch ohne ständiges Vorbeten der Börsenkurse überleben und auf das freiheitlich-demokratische Grundrecht des Konsumennten, mitten in der Nacht am Tankstellen-Shop Pommes-Chips einzukaufen, sehr gut verzichten. Das auf eine ökonomische Grundlage gestellte Leben beschert uns ein leeres, ödes, himmeltrauriges Dasein.

 

Es ist höchste Zeit, darüber nachzudenken. Dann wäre es vielleicht auch möglich, den Wutbürger etwas besser zu verstehen. Wenn es einen Immobilismus heute gibt, ist er eine Form von dezidiertem Widerstand gegen eine je nach Bedarf veränderte Welt. Von wem wohl, und warum? Auch darüber lohnt es sich nachzudenken.

15. November 2010
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
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Aurel Schmidt, Jahrgang 1935, war bis Mai 2002 Redaktor der "Basler Zeitung" (vorher "National-Zeitung"). Er war mitverantwortlich für das jeden Samstag erscheinende "Basler Magazin" und verfasste zahlreiche philosophische Essays, Reise-Reportagen, Kommentare und Kolumnen. Schmidt, der heute als Schriftsteller und freier Publizist in Basel lebt, machte sich auch als Autor mehrerer Bücher einen Namen: "Der Fremde bin ich selber" (1982), "Wildnis mit Notausgang. Eine Expedition" (1994), "Von Raum zu Raum. Versuch über das Reisen" (1998). Ausserdem liegen vor: "Lederstrumpf in der Schweiz. James Fenimore Cooper und die Idee der Demokratie in Europa und Amerika" (2002), "Gehen. Der glücklichste Mensch auf Erden" (2006), "Auch richtig ist falsch. Ein Wörterbuch des Zeitgeists" (2009). Zuletzt erschienen: "Die Alpen. Eine Schweizer Mentalitätsgeschichte" (2011). © Foto by OnlineReports.ch

aurel.schmidt@bluewin.ch

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)
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"Grossartig"

Grossartig. Kann jede Zeile unterschreiben.


Urs Burkhart, Füllinsdorf



"Der Wut-Ausdruck auf dem Stimmzettel"

Was hier Aurel Schmidt beschreibt, trifft Wort für Wort den Nagel auf den Kopf. Im Gegensatz zum deutschen Demokratiemodell können wir unsere Wut noch mit dem Stimmzettel ausdrücken, wobei allerdings die grosse Gefahr besteht, dass unsere vermeintliche Wut von raffinierten Medienmogulen, (Murdoch und Berlusconi sind hier beispielhaft genannt, Blocher und Tettamanti machens nach) manipuliert – siehe Minarettverbot – worden ist. Geschickt werden Sündenböcke aufgebauscht (in Grossdeutschland waren es die Juden, bei uns sind es die Ausländer) und mit viel Geld organisierten Volksinitiativen die sogenannte Volksmeinung zum Erfolg geführt. Dass damit keine Probleme gelöst, sondern nur neue geschaffen werden, wird bewusst unter den Tisch gewischt.


Bruno Honold, Basel


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"Bais steht vor Gewissens-Entscheid"

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Im Titel des Newsletter-Textes vom 18. April 2024.
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Auch Nomen sind Glückssache.

RückSpiegel

 

Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über das bz-Buch von Roger Blum auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).