Monsterlöhne: Monopoly im ganz grossen Stil
Ja, sie sorgen für Unfrieden und Diskussionen, diese Wahnsinnslöhne. Wir Bodenpersonal wundern uns, ärgern uns. Braucht doch kein Mensch so viel Geld, wofür denn, kann ja keiner ausgeben. Hätte ich nur ein Zehntel davon, ich könnte mir damit endlich dies und jenes leisten, und die, die haben dieses Dies und Jenes zuhauf, was kommt es denen auf eine Million mehr oder weniger noch an. Die Wut von Otto Normalbürger führte zur Abzocker-Initiative und ihrer wuchtigen Annahme. Und zum Zustandekommen der 1:12-Initiative, wonach im selben Betrieb keiner im Monat so viel verdienen soll, wie der am schlechtesten bezahlte Kollege im Jahr.
Ja, da spielen ein paar Leute Monopoly im ganz grossen Stil. Es geht schon lange nicht mehr darum, was jemand für seine Leistung verdient, was er zum Leben braucht, welchen Aufwand er für das Erreichen der Leistung aufbringen musste, welchen Gefahren er ausgesetzt ist. Ob langes Studium oder nicht, ob kurze Leistungsmöglichkeit wie beim Sport oder nicht, ob gefährlich oder nicht - diese Überlegungen spielen in dieser Liga keine Rolle mehr. Es ist nur noch ein Spiel: Wie viel kann ich noch herausholen, kann ich den Kollegen von der Konkurrenz toppen oder nicht, wie komme ich in die Ratings.
Und ja, es ist ein gefährliches Spiel. Für die Wirtschaft gefährlich, nicht nur für den sozialen Frieden. Ein Spiel mit Bumerang Effekt. Als wir Steuerzahler anno 2008 die UBS mit 68 Milliarden Schweizer Franken retten mussten, und die Schuldigen Boni in Millionenhöhe kassierten (und sie kassieren noch immer), da fing das Fundament der Boni-Jäger an zu wackeln. Sie merkten es nicht und merken es nicht und schauen noch immer in den Spiegel wie die böse Stiefmutter von Schneewittchen: Wer ist der Bestverdienende im Land? Sie, Herr CEO, Sie sind der Grösste hier.
"Runter von der Wut,
zurück auf den Teppich, zur Sache."
Die Wut des Volkes ist derart, dass sich alle freuen, wenn ein ehemaliger CEO und gewordener Buhmann der Nation auf 72 Millionen Franken Bonus verzichtet, obwohl davon nur seine Arbeitgeberin profitiert. Das Schweizer Volk hingegen verlor Steuereinnahmen in Millionenhöhe, bei einem Steuersatz von 30 Prozent etwa 21 Millionen kantonale und Bundessteuren. Den Verlust der AHV dürfen Sie selber ausrechnen. Sachlich ist das nicht.
Ebenso unsachlich wie die nun im Raum stehende 1:12-Initiative. Sie ist sympathisch, sie ist verständlich, aber sie wird dem Werkplatz Schweiz schwer schaden und Arbeitsplätze kosten. Um dies zu erkennen, muss nur ein wenig gerechnet werden: Wenn beispielsweise der CEO einer unserer Chemischen, wie kürzlich publiziert, 7,4 Millionen Franken im Jahr verdient, dann müssten gemäss Initiative neu alle Mitarbeitenden jährlich mindestens 616'666.66 Franken erhalten. Da werden sich Heerscharen von Putzmännern, Juristinnen, Laborgehilfen, Portiers und Sekretären aber freuen. Wenn auch nicht lange, die Firma ginge Bankrott.
Umgekehrt: Wenn wir einen Mindestlohn von 3'000 Franken im Monat hochrechnen, erhielte der fragliche CEO noch 432'000 Franken im Jahr. Ebenfalls klar: Dafür macht niemand diesen Job. Und tschüss, denn diese Leute sind mobil, gefragt, und gehen dorthin, wo man ihnen am meisten bezahlt.
Um dies zu verhindern, werden Tochterfirmen gegründet, es wird outgesourced, putzen tut dann halt das Putzinstitut und so weiter. Machen wir uns nichts vor: Die 1:12-Regel kann umgangen werden. Aber es ist umständlich, und besorgt die Informatik eh ein indisches Unternehmen, und ein polnisches die Buchhaltung, wozu noch in der Schweiz bleiben, die Schweizer Bevölkerung macht einem ja doch nur das Leben schwer, andernorts rollt man hingegen den roten Teppich aus.
Runter also von der Wut, zurück auf den Teppich, zur Sache: Die Initiative muss abgelehnt werden. Alles andere ist gefährlich. Die Parteien müssen geschlossen hin stehen und Klartext reden, von links bis rechts. Das ist das eine.
Das andere aber: Liebe Herren der CEO-Liga, Sie gefährden mit ihrem Verhalten die Grundlage Ihres und unseres Wohlstandes. Das ist nur noch dumm. Sie haben provoziert, nun lassen Sie es gut sein. Monopoly war gestern.
1. April 2013
"Lassen wir diese CEOs ziehen"
Brauchen wir diese CEOs wirklich, die mit 500'000 Franken nicht zufrieden sind? Brauchen wir nicht an der Spitze der Politik und Wirtschaft Menschen, die Vorbilder sind? Kultivierte Menschen, nicht über alle Schranken habgierige.
Es gibt Menschen, die diese Arbeit leisten können und mit diesem Lohn zufrieden sind, davon bin ich überzeugt. Wagen wir diesen Schritt. Lassen wir sie ziehen, wir werden nur gewinnen. Es gibt noch andere Vorteile, in der Schweiz zu wohnen und zu arbeiten, ein Unternehmen hier anzusiedeln, als nur die eigene Lohntüte.
Und, ist es uns ernst mit mehr Gerechtigkeit, mit mehr sozialem Frieden, mit nachhaltigerem Wirtschaften, mit friedlicherer Koexistenz, mit vermehrtem Zusammenwirken, mit dem Kampf gegen Ausbeutung, mit mehr Solidarität zum Mitmenschen, so können wir doch nicht bei jeder Drohung, "das würde unserer Wirtschaft schaden", kapitulieren. Was ist eigentlich prioritär, die Menschen oder die Wirtschaft?
Unserer Wirtschaft geht es nicht wegen diesen CEOs so gut, sondern weil wir andere für uns arbeiten lassen, ihnen zuwenig zurück geben. Unserer Wirtschaft gehts zu gut! Das darf doch einmal gesagt werden. Das ist nicht nur Eigenverdienst! Wenn wir in diesem Problemfeld etwas verändern wollen, so brauchts doch ein paar mutige Schritte zu mehr Gerechtigkeit.
Und sollten ein paar Firmen doch in ein anderes Land umziehen, so könne wir darüber froh sein. Die Schweiz ist doch ein vorbildliches, neutrales Land oder möchte es zumindest (wieder) werden. Das Geburtsland des Roten Kreuzes, das ist doch ein Aushängeschild. Wir wollen doch mehr und mehr zu diesem Ruf zurückkehren, uns befreien von Schandflecken. Dazu gehören saubere Firmen, keine SteuerhinterzieherInnen. Wir wollen kein schmutziges Geld. Wir wollen menschenfreundlich produzierte Ware kaufen, von Menschen produziert, die genauso behandelt werden wollen wie wir.
Diese CEOs passen unter anderem nicht in dieses Bild. Lassen wir uns nicht von ihnen blenden? Denken wir nicht, ihr Weggehen würde uns schaden. Sie sind vernachlässigbar.
Viktor Krummenacher, Bottmingen
Ist ein Monatslohn von 3'000 Franken normal?"
Das interessanteste an diesem Artikel ist, dass es also tatsächlich Leute gibt, die einen Mindestlohn von 3'000 Franken als normal ansehen.
Stefan Zingg, Basel
"Man nehme den kleinsten Lohn ..."
Man könnte ja auch "anders rum" rechnen: Man nehme den kleinsten Lohn im Unternehmen und multipliziere ihn mit zwölf – das Produkt entspricht dann dem Lohn des CEO. Plötzlich reicht das Geld für viel mehr Leute = Arbeitnehmer. Allerdings wird sich vermutlich auch der bescheidenste CEO nicht mit dem Zwölffachen des Putzfrauenlohnes zufriedengeben, auch wenn es ihm zum Leben reichen würde: Zur Finanzierung seines Lebensstils, der sich wahrscheinlich von jenem der Putzfrau erheblich unterscheidet, reicht es eben dennoch nicht. (Und wo kämen wir denn hin, wenn ein CEO wie seine Putzfrau leben würde oder die Putzfrau wie ihr CEO?!) Im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft wäre eine solche Entlöhnung zwar gerecht(er), aber solange nicht die ganze globalisierte Weltwirtschaft gleichzeitig das gleiche Entlöhnungssystem einführt und solange der Mensch qua Mensch hab- und raffgierig und bisweilen auch noch mit einer beträchtlichen kriminellen Energie ausgestattet ist, bleibt sie eben eine Utopie.
Gaby Burgermeister, Basel
"Behauptung ohne Beleg"
Für den Mindestlohn müsste, wie das die Gewerkschaften fordern, 4000.- eingesetzt werden. Anders kann eine Familie mit zwei Kindern das allernötigste kaum finanzieren ( Miete und Krankenkasse wachsen und wachsen. Ob eine halbe Million die CEOS aus der Schweiz vertreibt, ist zunächst eine Behauptung zu Gunsten der CEOS, beileibe nicht einmal eine mit Argumenten unterlegte Behauptung. Schade. Das Nein ist schlecht begründet.
Xaver Pfister, Basel