Post-Kundendienst: digital, unverständlich
Es kam bei mir nicht an, das Paket. Zwar jagte der Pöstler schon früh durch die Strasse, dann um die Tagesmitte nochmals und abends erneut, aber nichts kam. Wer meint, der arme Bote spinne nun definitiv, habe keine Ordnung im Wagen und düse deshalb dauernd durch die Gegend, muss wissen: Gegen einen Aufpreis von sieben Franken liefert der Böschtler zwischen sieben und neun Uhr, danach bis 17 Uhr kostenlos, naja, kostet ja genug, gemeint ist ohne Aufpreis, und für eine Auslieferung zwischen 17 Uhr und 20 Uhr kostet es pro Paket 12 Franken zusätzlich. Also muss der Bote dreimal durch die Gegend brettern. Die andern gelben Raketen in der Gegend sind dann der Expressdienst und der Briefdienst, deshalb sehen Sie dauernd gelb und es klappt doch nichts.
Aber bref, die Sendung kam nicht, und so begab ich mich auf die Webseite der Post und versuchte auf "Ihr Kundencenter" zu gelangen. Das erste Login ging schief, das zweite, neu über "SwissID", klappte, und siehe da, "Herzlich willkommen Andrea Strahm". Ich finde mein Anliegen auf Anhieb, bin vermutlich nicht die Einzige, und klicke auf "Meine Sendung ist nicht eingetroffen".
"Sendung 9900 … nicht zugestellt.
Grund der Nichtzustellung: Rücksendung".
"Bitte wenden Sie sich an den Absender Ihrer Sendung" lautet nun die Anweisung, Ende der Fahnenstange. So schlau war ich auch schon gewesen, und deshalb hatte ich eine Sendungsnummer. Und mit der versuche ich nun die vermisste Sendung zu verfolgen, wenn auch nur virtuell. Ich sehe, dass ich eine zweite Zustellung eingegeben hatte, da die erste erfolglos gewesen war. Und dass mein Paket nach ein paar Umwegen nun auf wieder auf der Post am Neuweilerplatz zur Abholung bereit ist. Was ich mangels Abholungseinladung und hellseherischer Fähigkeiten nicht wissen kann. Doch die geben mir das Päggli ja nicht ohne selbige Abholungseinladung, und dass keine zugestellt worden war, sieht jeder anhand der Verfolgungsliste in "Ihr Kundencenter" von "Herzlich willkommen Andrea Strahm".
Aber nur die Ruhe, die kundenfreundliche Post hat ja einen Kundendienst, und dem schreibe ich nun. "Noreply" bestätigt umgehend, dass und was ich "Kudi", geschrieben habe, "Sie sind uns wichtig". Mir wäre das Paket wichtig, aber lassen wir das.
Tags darauf meldet sich "notifications" und teilt mir mit, "Sendung 9900 … nicht zugestellt. Grund der Nichtzustellung: Rücksendung". Panisch logge ich mich wieder ein, diesmal direkt mit "SwissID", und siehe da: Status "Rücksendung". Vom "Kudi" noch immer kein Ton, und so kriegt der nochmals eine Mail, diesmal eine ziemlich hässige, mit einer Foto der (zwischenzeitlich gelöschten) Sendungsverfolgungsliste, die beweist, dass kein Abholschein abgegeben worden war.
"Noreply" bestätig erneut umgehend, dass und was ich geschrieben habe, und "Kudi" bringt das Problem wohl inzwischen bei der Teamsitzung mit dem Psychologen zur Sprache, jedenfalls schweigt er weiter. Dafür kommt eine Mail der Post über die Kundenzufriedenheit, denn "Sie haben sich mit dem Kundendienst in Verbindung gesetzt, bitte nehmen Sie sich kurz Zeit". Viel Zeit braucht es nicht.
Nun wird "Kudi" aktiv, wir haben inzwischen den 27. September, das Paket war am 11. September aufgegeben worden. Verbales Valium, der "Kudi" versteht meine Unzufriedenheit "sehr", wird die Sendung im Auge behalten. Wie froh mich das stimmt, hat das Paketzentrum informiert, und die Rücksendung stoppen lassen. Ich kriege das Paket per Express, Ehrenwort, demnächst.
Und so läutet ein erschöpfter Pöstler am Samstagmorgen, dem 29. September, um 07:58, und händigt mir das Päggli aus. Nichts mit Ausschlafen zwar, bei dem Geklingel, aber das Paket, das habe ich nun.
Zum Glück hatte ich keinen Salat bestellt.
8. Oktober 2018
"Durch Schaden dürfte man auch klug werden"
Danke, Regina Rahmen, für Ihre klaren Worte! Ja – so kam es eben bei der post.ch, bei der Swisscom und bei den SBB AG. Ich hab das in meiner Zeit als Stationshalter im Bahnhof Tecknau (= privates Unternehmen) selber hautnah miterlebt. Noch heute packen mich das nackte Grauen und die Hühnerhaut deswegen: Die verblendeten Politiker in unseren beiden Parlamentskammern - unterstützt von irr-sinnigen St.Galler-Oekonomen - haben das Hohelied der Privatisierung als das neue Evangelium in alle Windrichtungen herausposaunt. Vielleicht deswegen bleibt an der CVP so viel "Dreck am Stecken" hängen? Aber da waren noch weit mehr Würdenträger*innen aus anderen Parteien mit im Boot.
Allen diesen wünsche ich nichts Übleres als solche Erlebnisse mit der Brief-/Paketpost oder mit einer nicht mehr verlässlichen SBB AG (gerade eben wieder Paradebeispiel auf der Mittellandachse mit totalem Chaos).
Durch Schaden dürfte man irgendwann auch klug werden. Aber: Hauptsache, die Managerlöhne sind marktkonform.
Ueli Pfister, Gelterkinden
"Stellen Sie die Fragen in den eigenen Reihen"
Es ist mutig, wie Sie sich als prominente CVP-Politikerin für den Erhalt des privatisierten Service public einsetzen. Die CVP hat mit ihren bürgerlichen Partnern die Auslagerung und Aufstellung der Post als privatrechtliche Firma überzeugt vorangetrieben. Sie wollten "unternehmerische Freiheit", "ökonomische" Geschäftsführung und Rendite für die Aktionäre. Bevölkerung und PöstlerInnen danken Ihnen nicht dafür.
Dass die Privatisierung der Post auf Kosten der Postkunden, des Service public und der Postmitarbeitenden geschehen ist, war keine Überraschung. Viele europäische Nachbarländer haben den Schritt vor der Schweiz vollzogen. Es war keine Neuerfindung ohne Erfahrungswerte. Doch die bürgerliche Mehrheit des Landes wollte es trotzdem so.
Verteuerung für Privatkunden, Kostensenkung für Geschäftskunden, Zerschlagung der Poststellennetzes und Auslagerungen im grossen Stil. Selbstverständlich in Tiefstlohnbereiche ohne Sozialpartnerschaft oder Mindeststandards für Qualität und Arbeitsbedingungen.
Ihre Parteifreunde sind in sämtlichen massgebenden Gremien in den Schlüsselpositionen: Die zuständige Bundesrätin, der Verwaltungsratspräsident der Post CH AG, der Präsident der Postregulationsbehörde (z.B. zuständig für Beschwerden gegen Poststellenschliessungen!), der Präsident des Verbandes der Postagenturen (die nun als Postfilialen bezeichnet werden, damit der Unterschied zu den Poststellen mit umfassendem Angebot immer mehr verschwimmt), etc.
Liebe Frau Strahm, wenn Sie sich als Bürgerin zu recht über den Service-Abbau der Post CH AG aufregen, verstehe ich Sie zwar gut. Als CVP-Politikerin sollten Sie aber zuerst in Ihren eigenen Reihen die richtigen Fragen stellen.
Was war eigentlich so schlecht am "Staatsbetrieb" Post? Zuviel teurer Kundenservice und BürgerInnen-Orientierung? Service public halt?
Regina Rahmen, Pöstlerin, Riehen
"Fisch stinkt am Kopf"
Vielen Dank für die Kolumne über den missverstandenen Service Public der Post. Die Paketpost schafft noch mehr; letzthin wurde ein Expresspaket (welches heute PostPac Priority heisst) pünktlich am nächsten Tag zugestellt. Das gleiche Paket vom gleichen Absender zum gleichen Empfänger zwei Tage später, kam nicht zur Zeit an. Keine Meldung an den Absender und Empfänger, auf der Sendungsverfolgung konnte man nur lesen, dass das Paket im Verteilzenter Härkingen ist… mehr nicht.
Erst die Hotline konnte Auskunft geben: Die Adresse, welche vor zwei Tagen problemlos bedient wurde, sei nicht gültig und existiere so nicht, darum werde das Paket nicht zugestellt. Und, dass der Kunde verantwortlich sei, sich um die korrekte Zustellung zu kümmern. Die "Hotline" erbarmte sich dem Express-Kunden und löste eine erneute Zustellung aus, wieder zwei Tage später und der Empfänger "durfte" für den Express fünf Tage später acht Franken zahlen. Hätte er diese nicht gleich passend und in bar gehabt, wäre das Päckli wohl immer noch in Härkingen.
Dass bei der Post der "Fisch beim Kopf" gewaltig stinkt, zeigt auch die fadenscheinige Begründung der letzten Paketpost-Entlassung: Die Zunahme der Paketzustellungen durch den Onlinekauf "zwinge" die Post zu Rationalisierung, was Entlassungen bei der Basis und Lohnerhöhungen beim Kader bedeutet, gepaart mit schlechterem Service für höhere Kosten – wer diese Logik versteht, wählt die falschen PolitikerInnen.
Daniel Kobell-Zürrer, Basel
"Zutreffend und amüsant"
Ein grossartiger Artikel; zugleich zutreffend und amüsant, unterhaltend zu lesen. Ob UPS (oder was sonst noch) oder Post – man sollte nur Pakete erwarten, die im Milchfach Platz haben und keine Unterschrift erfordern. Besonders, wenn man an einer Adresse lebt, in denen stets alle Parkplätze (legal und illegal) besetzt sind. Da hält der "Pöstler" bestenfalls in der zweiten Reihe kurz an und wirft schnell mal den Abholschein in den Briefkasten. Zum Läuten fehlt die Zeit; schliesslich hupen schon alle…
Glück hat man, wenn es die "Post" war. Deren Filiale liegt näher als das "Abholzentrum" in Pratteln, oder so. Solange es noch Filialen gibt, natürlich.
Peter Waldner, Basel
"Ich fühlte mich hilflos und verärgert"
Ja, liebe Andrea Strahm, Ihre Kolumne spricht mir aus dem Herzen! Ich fühlte mich schon mehrmals gegenüber dem "gelben Riesen" und seinen Auslieferungen hilflos unf verärgert. Ob die Sache indessen besser wird, wenn Konkurrenz (z.B. DHL oder UPS) auf den Markt drängt ... also, ich weiss nicht ... Unlängst brachte mich UPS zur baren Verzweiflung, bloss, weil ich mich erfrechte, drei Tage in unserem Ferienhaus zu verbringen.
Florian Suter, Basel