Andrea Strahm: "Alles mit scharf"

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Wie bei den zehn kleinen Negerlein

Achtsamkeit in der Sprache, das Thema unserer Zeit. Redewendungen sind zuweilen brutal, aber sie spiegeln bloss das wider, was an Überzeugung oder Gedankengut in der Gesellschaft vorhanden ist. Und das ist das Bedenkliche, nicht die Sprache an sich.

 

Dass die Frauen mitgemeint sein wollen, kommt nicht von ungefähr. "Leser und Leserinnen" kommt aus der Zeit, als eine gewisse Instanz männlicher Entscheidungsträger urteilte, Frauen dürften nicht wählen, gewählt werden oder abstimmen, weil in der Bundesverfassung nur von "Schweizern", nicht aber "Schweizerinnen" die Rede sei. Inzwischen steht da beides. Der Kreis erweitert sich nun um diejenigen, die sich nicht "Mann" oder "Frau" zuordnen lassen. Und dabei geht es nicht nur um eine psychische Empfindung, sondern auch um biologische Veranlagungen.

 

Wenn ich mit meiner Mutter telefoniere, dann fallen oft alte Redewendungen, die sie noch benutzt, weil sie ihr über die Jahrzehnte in Fleisch und Blut übergingen. Sie denkt nicht nach, man hat das immer schon so gesagt. Wenn einer nach dem andern aus dem Raum geht, dann ist das wie bei den zehn kleinen Negerlein, meint sie – und erschrickt. Geht doch nicht, sie merkt es selbst. Ihre Ärztin ist Schwarzafrikanerin, das war ihr noch nie eine Bemerkung Wert, es ist die Frau Doktor Soundso, sie vertraut ihr blindlings. Und doch hatte sie diesen Negerlein-Spruch noch im Sprachgebrauch, verletzend. Wie so viele Redewendungen.

"Dabei ist die Gegenpartei, die Weitsichtigen,
in vielen Belangen kurzsichtiger als ich."

Die Bezeichnung "blauäugig" hat mich Braunäugige nie besonders getroffen. Aber "kurzsichtig" dann schon, mit meinen minus fünf Dioptrien. Denn "kurzsichtig" heisst eben auch, dass einer nicht über seine Nasenspitze hinausdenkt. Dabei ist die Gegenpartei, die Weitsichtigen, in vielen Belangen kurzsichtiger als ich. Nun ja, es ist zumindest nicht ganz auszuschliessen.

 

Ebenso rabiat machte mich als Jugendliche, dass mit "dämlich" irgendwie auch ich gemeint war. Mein "herrlicher" Bruder war sprachlich eindeutig besser bedient. Er konnte zwar auch dämlich sein, zumindest in meinen kurzsichtigen jugendlichen Augen, aber lassen wir das.

 

Zu Zeiten meiner Erziehung wurde zwischen Dame und Frau unterschieden. Zur Dame musste man erst werden, vom Mann zum Herrn wurde man Kraft Geburt, Männer waren automatisch Herren. Damit ich eine "Dame" werden konnte, musste ich einigen militärischen Drill absolvieren. Mit Buch auf dem Kopf hin und her laufen, zum Beispiel, oder Herrenhemden bügeln lernen, die nicht ich, sondern mein Bruder anzog. Der keine Ahnung hatte und hat, wie man die bügelt. Er war ein Herr, ganz ohne Zutun, kein "Herrlein".

Ich hingegen war bloss "das Fräulein", zur "Frau" hätte mich erst ein Mann gemacht. Hätten sich die Zeiten nicht geändert, ich wäre mangels Heirat noch immer "das Fräulein", egal, wie viele Kinder ich habe. Eine Dame ist also nur eine vornehme Frau, ein Herr wird jeder Mann. Herr Hugentobler, Frau Hugentobler, nicht Mann Hugentobler und Dame Hugentobler. Ein Spiegel der gesellschaftlichen Wertung.

 

Die Herabsetzungen sind subtil, aber nicht minder verletzend. Mit der Sprache müssen sich aber alle wohlfühlen können. Sprache ist das zentrale Mittel der Verständigung, und nur in zweiter Linie Kunst. Sprachliche Nadelstiche, und seien es noch so subtile, verletzen, und Verletzungen haben einen Bumerang-Effekt. Der diejenigen treffen könnte, die sich auf der sicheren Seite glauben.

 

Wir haben mit Achtsamkeit in der Sprache nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen. Wir alle.

7. November 2022
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Andrea Strahm, geboren 1955, arbeitete als Anwältin auf dem Gebiet des Geistigen Eigentums und ist seit 2021 pensioniert. Die ehemalige Präsidentin der damaligen CVP Basel-Stadt (neu: "Die Mitte Basel-Stadt") ist Grossrätin und Fraktionspräsidentin ihrer Partei. Die Mutter zweier Töchter lebt in Basel. © Foto OnlineReports.ch

andreastrahm@bluewin.ch

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"Eine gewisse Sprachlosigkeit"

Bravo, Frau Strahm, Sie haben mir aus der Seele gesprochen. Als "Backfisch" (sehr hübsch, nicht wahr?), wie man zu Urzeiten auch noch zu sagen pflegte, versuchte meine Mutter mir die zur "Dame" gehörenden "Fähigkeiten" zu vermitteln. Nur mit mässigem Erfolg, muss ich gestehen. Als sie mir einmal an den Kopf warf, aus mir würde wohl nie eine echte Dame werden, fragte ich sie, ob sie wisse, dass "dämlich" von "Dame" abgeleitet sei. Es folgte eine gewisse Sprachlosigkeit.

Danke Frau Strahm. Ich hoffe, viele lesen den Artikel.


Gisela Frech, Wallbach



"Normale Sprache ist nicht herabsetzend"

Klar – ich bin ein "alter, weisser Mann". Sicher schrecklich, aber halt Tatsache. Und darum wundere ich mich halt – nach wie vor – über die plötzliche Empfindlichkeit und das krampfhafte Bashing unsere Sprache ("Vergewaltigung" darf man in dem Zusammenhang ja auch nicht mehr sagen).



Ja – alleine die Tatsache, dass Gott als (alter, weisser) Mann dargestellt wird (was er selbst eigentlich verboten hat), und dass die erste Frau nur aus einer Rippe des Mannes erschaffen worden sei, ist unerhört. Genau so, wie die Sprache, die sich natürlich entwickelt hatte.



Das Beispiel mit dem N-Wort ist eigentlich besonders albern. Das Wort ist vermutlich in unserem Wortschatz entstanden, weil "schwarz" auf Lateinisch (der Sprache unserer vorhergegangenen Hochkultur der Römer) "nigreos" lautet. Und weil das unseren schwarzen Mitmenschen nicht klar ist (und auch nicht erklärt wird), kann es sogar passieren, dass ein Fussballspiel aus Protest abgebrochen wird, wenn ein rumänischer Linienrichter dem rumänischen Schiedsrichter zuruft: "Der Schwarze war’s" - und "schwarz" halt auf rumänisch "negru" lautet.



Ja – unsere Sprache hat sich in einem patriarchalischen Kultur entwickelt. Und leider wurden dabei sogar drei Artikel erfunden. Gewisse Worte präzisieren mittels einem Anhang (…in) ausdrücklich ein weibliches Wesen. Den Rückschluss, dass nun deshalb alle Bezeichnungen neu präzisiert werden müssen, finde ich lächerlich. Für mich ist eine "Frau Doktor" klar; ich muss es nicht "Frau Doktorin" umtaufen; auch eine "Frau Bundesrat" oder "Frau Minister" wäre mir allemal genug, weil ein Amt nun mal ein Amt ist, und Ämter kein Geschlecht haben. Genauso wenig wie Titel, Nationalität, Funktion etc.



Herabsetzend ist die alte, normale Sprache definitiv nicht. Alleine schon, weil die Absicht fehlt. Die Genderisierung (besonders mit dem lächerlichen *) macht die Welt – noch nicht mal die deutschsprachige - nicht gerechter, nur komplizierter.


Peter Waldner, Basel


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"Mario Irmiger wird neuer Migros-Chef"

Migros-Magazin
Titel in der Ausgabe
6. Februar 2023
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Euer neuer Chef heisst eigentlich Irminger, aber Irmiger klingt urchiger.

RückSpiegel


In ihrem Bericht über die bevorstehenden National- und Ständerats-Nominationen im Baselbiet bezog sich die Basler Zeitung auf eine OnlineReports-Recherche.

Die Basler Zeitung nahm den OnlineReports-Primeur über die Bundesgerichts-Beschwerde der Stadt Liestal gegen das Cheddite-Kantonsgerichts-Urteil auf.

Die BZ Basel zog eine OnlineReports-Erstnachricht über eine Anzeige gegen den Laufener Stadtpräsidenten nach.

Die Basler Zeitung bezog sich in ihrem Bericht über einen diebischen BVB-Kadermann auf einen OnlineReports-Primeur.

Im Porträt von Regierungsrat Isaac Reber nahm die Basler Zeitung auf eine "fast schon legendäre Wortschöpfung" von OnlineReports Bezug.

Telebasel nahm im "Wahltalk" auf ein Zitat in einem OnlineReports-Artikel Bezug.

Die BZ Basel zog die OnlineReports-Erstmeldung über die Verhaftung eines Gewerbetreibenden nach.

Zum aktuellen Thema "Krise des Kulturjournalismus" bezeichnet die Basler Zeitung die Theater- und Opernkritiken in OnlineReports als "löbliche Ausnahme".

In ihrem Text über die Bundesratswahlen zitierte die Luzerner Zeitung aus dem OnlineReports-Leitartikel über die Basler Kandidatin Eva Herzog.

In seiner Bestandesaufnahme über Basler Online-Medien startet das Wirtschafts-Magazin Trend von Radio SRF1 mit OnlineReports.

Die Basler Zeitung ging in ihrem Bericht über den Telebasel-Weggang von Claude Bühler auf dessen Rolle als Theaterkritiker bei OnlineReports ein.

Telebasel zog den OnlineReports-Bericht über Fassaden-Probleme am Markthalle-Hochhaus nach. Die BZ Basel zog auch nach, unterschlug aber eine Quellennennung.

In ihren Presseschauen zu den Bundesratswahlen zitierten bajour.ch und primenews.ch aus dem OnlineReports-Leitartikel über Eva Herzog.

matthiaszehnder.ch nimmt die beiden News-Artikel aus OnlineReports zum Anlass, sich über die schrumpfende Kulturberichterstattung in den Schweizer Medien Gedanken zu machen.

Bajour zitierte OnlineReports in seinem Bericht über die Verwicklung von Bundesratskandidatin Eva Herzog in umstrittene Basler Geschäfte.

In ihrer Recherche über die sterbende Kulturberichterstattung in Basler Medien bezieht sich Bajour auf OnlineReports.

20 Minuten nahm die OnlineReports-Recherche über den Angriff auf den Stiefvater vor dem Muttenzer Gerichtsgebäude auf.

Die Basler Zeitung und die BZ Basel nahmen die OnlineReports-News über die Rückkehr von Christine Keller in den Basler Grossen Rat auf.

In ihrer Analyse über die unklare Gesundheitsversorgung des Laufentals ging die Basler Zeitung auf eine OnlineReports-Recherche ein.

Telebasel konfrontierte die SVP-Regierungsrats-Kandidatin Sandra Sollberger mit einem Kommentar aus OnlineReports (worauf sie die Stellungnahme verweigerte).

Die BZ Basel und die Basler Zeitung nahmen den OnlineReports-Bericht über Pläne zum Abbruch des Spitals Laufen auf.

Die OnlineReports-News über den Wechsel des Telefon-Anbieters durch die Basler Verwaltung wurde von der BZ Basel und Happy Radio aufgenommen.

In seiner Aufstellung über "Politiker, die Wasser predigen und Wein trinken", nahm der Nebelspalter auch auf einen Artikel in OnlineReports Bezug.

20 Minuten griff die OnlineReports-Meldung über einen Autolenker, der bei der verbotenen Fahrt durch eine Einbahnstrasse in Birsfelden eine Radfahrerin schwer verletzte, auf.

Die OnlineReports-Nachricht vom Tod des früheren Baselbieter Regierungsrats Urs Wüthrich nahmen Telebasel, die BZ Basel, die Basler Zeitung, das SRF-Regionaljournal, Prime News, die Nachrichtenagentur SDA, 20 Minuten und Happy Radio auf.

Weitere RückSpiegel

 

In einem Satz


Basel Area Business & Innovation, die Agentur für Standortpromotion und Innovationsförderung, hat im vergangenen Jahr 96 Startups bei ihrer Gründung begleitet und beraten – so viele wie noch nie.

Die Basler Jungliberalen nominierten Felix Guntrum, Joshua Marckwordt, Josephine Eberhardt und Benjamin von Falkenstein als Nationalrats-Kandidierende und wählten von Falkenstein zum neuen Präsidenten.

Der Basler Jungfreisinnige Jonas Lüthy (20) wurde durch die Jahresversammlung zum Vizepräsidenten der Jungfreisinnigen Schweiz gewählt.

Der 52-jährige Ökonom Chris Kauffmann, seit Herbst 2022 Chief Growth Officer beim FCB, wird neuer CEO der FC Basel 1893 AG.

Der Stiftungsrat des Sinfonieorchesters Basel Markus Poschner als neuen Chefdirigenten und Nachfolger von Ivor Bolton.

Jonas Lüthy wird neuer Präsident der Jungfreisinnigen Basel-Stadt und damit Nachfolger von Dominik Scherrer.

Die Junge SVP Baselland hat ihre Präsidentin, neue Landrätin und Sissacher Intensivpflege-Expertin Nicole Roth als Nationalrats-Kandidatin nominiert.

Die Juso Basel-Stadt haben Ella Haefeli, David Portmann, Nino Russano und Maria Schäfer als Kandidaturen für die Nationalratswahlen nominiert.

Nach acht Jahren "erfolgreicher Zusammenarbeit" wollen im Baselbiet die Grünen und die EVP ihre Fraktions-Gemeinschaft im Landrat fortsetzen.

Benedikt von Peter, seit der Spielzeit 20/21 Intendant am Theater Basel, wird das Theater Basel weitere fünf Jahre bis Sommer 2027 leiten, indem er sich frühzeitig für weitere zwei Jahre als Intendant und Künstlerischer Leiter der Oper verpflichtet.

Auf der Basler St. Jakobs-Strasse, eine offizielle und beliebte Pendlerroute für Velofahrende, soll künftig zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Höhe des Christoph-Merian-Parks künftig in beiden Fahrtrichtungen ein Velostreifen zur Verfügung stehen.

Melanie Thönen übernimmt am 1. Mai die Leitung des Pädagogischen Zentrums PZ.BS. Sie folgt auf Susanne Rüegg, die Ende August 2022 pensioniert worden ist.

Sarah Baschung leitet ab 1. April den Swisslosfonds Basel-Landschaft in der Sicherheitsdirektion und folgt auf Heidi Scholer, die in Pension geht.

Basel-Stadt und Baselland wollen zusammen die psychiatrische Versorgung in der Gemeinsamen Gesundheitsregion weiterentwickeln.

Nicola Goepfert, seit Juni Mitglied des Basler Grossen Ratse, wurde als neuer Co-Präsident der Links-Partei "Basta" gewählt.

Heiko Vogel (47), der frühere Cheftrainer, kehrt am 1. Januar 2023 als Sportdirektor zum FC Basel zurück, um den "gesamten operativen Fussball-Alltag des FCB" zu verantworten.

Die Baselbieter Regierung hat die Mietung von Räumlichkeiten für das Amt für Migration und Bürgerrecht im Helvetia Tower in Pratteln beschlossen.

Auf die im Februar zurücktretende "Basta"-Grossrätin Beatrice Messerli (70) wird die Präsidentin des Jungen Grünen Bündnisses Nordwest, die Klimaaktivistin Fina Girard (Jahrgang 2001) folgen.

Lorenz Amiet, bisher Vizepräsident, wird neuer Präsident der SVP-Grossratsfraktion als Nachfolger von Pascal Messerli, der neu Parteipräsident wurde.

In Lörrach bewarf dieser Tage ein Unbekannter die Fassade der Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde mit Eiern.

Am Riehenring entsiegelt das Basler Bau- und Verkehrsdepartement als Versuch ab 31. Oktober insgesamt 14 Parkfelder, so dass dort zukünftig Regenwasser in den Untergrund geleitet wird.