Kühle Zeiten
Gott sei Dank, denke ich, kühler heute. Es war zuweilen sehr warm, aber ich weigere mich standhaft, von "Hitze" zu sprechen, wenn es um Regionen nördlich des Gotthards geht.
Basel ist die zweitnördlichste Stadt der Schweiz, nur Schaffhausen schlägt uns, die sind nördlicher. Aber wir haben nun den ESC, zumindest dort sind wir an der Spitze. Da wird es einem doch warm ums Basler Herz, womit wir wieder beim Thema wären.
Klimapolitik ist unerlässlich, ist aber nur ein Teil der Umweltpolitik. Die Weltmeere werden verunreinigt, auf den höchsten Bergen stapelt sich der Müll, gerät in den Kreislauf, in unser Blut, regnet aus den Wolken. Wir müllen uns kaputt. Nicht einfach Klimapolitik, Umweltpolitik muss das Thema sein.
Für heute aber bleiben wir bei der Wärme. Nehmen wir einmal an, wir hätten keine Umweltprobleme und es wäre einfach etwas zu warm.
Die Basler jammern im Sommer über die "Hitze" und fliegen nach Griechenland
in die Ferien.
Ich wohne in einer schlecht isolierten Altbau-Mansardenwohnung, zwischen den Fenstern hat es Ziegel, die heizen so richtig schön auf. In meinem Büro hatte es im August ab und zu über 35 Grad, am Morgen waren es dann noch über 30 Grad, trotz offenen Fenstern die ganze Nacht hindurch. Ist halt so, ich wohne trotzdem gerne hier, mit Ventilatoren an der Decke, ohne Klimaanlage.
Es war schon früher ab und zu warm in Basel. Die vermögenden Altbasler hatten deshalb Sommersitze in Riehen oder Bettingen und flohen, wenn es in der Altstadt zu stickig wurde. Verständlich, wenn man die hygienischen Verhältnisse bedenkt. Immerhin schütten wir heutzutage unsere Nachthäfen nicht mehr aus dem Fenster. Zwar trocknete das Zeug wohl rasch in der warmen Jahreszeit. Dennoch: Man entzog sich der Hitze. Ging hinaus, nahm es ruhiger, nicht nur die vermögenden Leute. Hitzeferien, lange Sommerferien. Adäquates Verhalten halt, gesunder Menschenverstand.
Mit dem Klima ging auch dieser bachab. Die Basler jammern im Sommer über die "Hitze" und fliegen nach Griechenland in die Ferien, dort joggen sie über Mittag und brechen zusammen. Wegen der Klimaerwärmung, natürlich. Heute muss stets alles möglich sein. Krawatte, Gilet und Anzug im Hochsommer, bauchfrei im Winter. Letzteres, immerhin, ist mit steigenden Temperaturen eher möglich.
Ein Blick in wirklich heisse Gegenden würde uns zeigen, was Hitze erträglich macht. Gemächlichkeit, Mittagsschläfchen, Sport und Arbeit am frühen Morgen, Nachtessen und Party nach dem Eindunkeln. Alles ein wenig langsamer angehen, das Verhalten anpassen. Nicht so schwierig, eigentlich.
Und so rennt Väterchen Staat los und stellt Sonnenschirme auf.
Aber das ist inakzeptabel hierzulande. Es will jeder immer alles, Volldampf voraus. Was tun wir, wenn es kalt ist? Wir bleiben in der Wärme. Was tun wir, wenn es heiss ist? Wir cremen uns ein, liegen in die Sonne und schreien Zeter und Mordio. Soll sofort einer herkommen und die Wärme runterdrehen. Aber bitte nur gerade so, dass wir weiterhin der Hautalterung dienen können, denn wir wollen natürlich braun werden.
Und so rennt Väterchen Staat, kaum ist der letzte Morgenfrost im Frühjahr überstanden, und stellt Sonnenschirme auf, lässt Sprühnebel sprühen und Schattenspender wachsen. Bei sage und schreibe knapp 48 Breitengraden und kaum je mehr als 35 Grad wird ohne Ende gewarnt. Verhaltensempfehlung folgt auf Verhaltensempfehlung, genug trinken, im Schatten bleiben.
Eine Möglichkeit gäbe es, die sommerliche Wärme erträglicher zu machen: Wir schaffen die Zeitumstellung im Frühjahr ab. Wir könnten in den frühen, kühlen Morgenstunden länger und besser schlafen, und beim Nachtessen wäre die Sonne bereits untergegangen. So war es früher, vor 1980. Aber wir müssen ausharren, die unsägliche Sommerzeit dauert noch bis zum 27. Oktober.
Wie gesagt: Es ist kühler heute, Gottseidank. Immerhin warnen sie noch nicht vor Glatteis.
9. September 2024
"Das ist wichtig"
Einerseits bin ich einverstanden mit Ihnen, Frau Strahm, und mit dem oft deplatzierten Gejammer.
Wir jammern über die Rehe, die den Grabschmuck abfressen, und brauchen 1,3 Millionen Franken für die Lösung! Wir jammern über die Empfehlung, im Winter weniger zu heizen, als ob wir nicht noch eine oder zwei Schichten anziehen könnten. Wir jammern über die Windräder, die die Landschaft verschandeln, propagieren aber lauthals Luft-Wasser-Wärmepumpen, als ob diese kaum Strom bräuchten im Winter, wenn der Strom sehr rar ist.
Und deshalb wollen jetzt einige wieder Atommüll produzieren für die nächsten 100'000 Jahre, weil beim Ausbau der echten Alternativen "aktiv verschlafen" wurde und noch immer aktiv gebummelt wird.
Nun aber: Das Gejammer wegen der Hitze – das ist wichtig. Denn die Hitze bringt einige schwer vorstellbare Langzeit-Gefahren mit sich! Das wissen wir zwar langsam, nur tun wir ausser jammern nicht viel. Und werden den Herren und Damen in Bern einmal von einem ausserschweizerischen Gericht die Leviten gelesen, so jammern sie, oder anders gesagt: Sie lassen sich das nicht bieten. Schliesslich sagen hier immer noch wir, was richtig und falsch ist! Wir Eidgenossen lassen uns nicht dreinreden! Auch nicht von einem ETH-Professor, der unseren Damen und Herren in Bern erklärte, dass die Klimaerwärmung jetzt stattfindet und sie das Problem massiv unterschätzten würden.
Herr Rösti meinte damals zum SRF-Reporter, das sei ein politisches Thema. Wir lassen uns nicht dreinreden!
Dabei war der Herr Professor ein Schweizer. Und Herr Rösti wurde bald danach Bundesrat!
Viktor Krummenacher, Bottmingen
"Ist ehrenvoll"
Von Ihnen, Frau Strahm, etwas zu lesen, ist ehrenvoll und bringt Gewinn.
Hans Stelzer, Basel