Innenhof-Beizen: Viel Lärm um nichts
Wir wohnen bekanntlich nicht in einer Einöde, leben Haus an Haus, über-, unter- und nebeneinander. Und hören einander, ob wir wollen oder nicht. Mal sitzen wir im Garten, haben es gerade feuchtfröhlich lustig und lachen uns halb tot über den spiessigen Nachbarn, der um Mitternacht "psssst!" zischt. Dann wieder liegen wir im Bett, müssen früh aus den Federn, und nerven uns über die penetrante Stimme des Nachbarn, der wenige Meter neben unserm Schlafzimmer Reden schwingt.
Bis 22 Uhr, so das Gesetz, darf in den Gärten in Zimmerlautstärke parliert werden, danach ist Ruhe. In unserer Häuserzeile haben wir uns einst darauf geeinigt, dass es am Wochenende auch später werden darf, aber unter der Woche 22 Uhr schon nett wäre. Und dass keiner die Polizei ruft, sondern anruft oder vorbei geht, wenn es stört. Das hat sich bis heute bewährt.
Und nun soll für Basler Beizen in Innenhöfen um 20 Uhr Schluss sein. Was also im Nachbarrecht sonst gilt, gilt nicht für sie. Und das soll Bundesrecht sein, wie die Regierung sagt, die hier nur die Vollzugsbehörde sein will. Eine Standesinitiative müsse her, und die würde die Regierung sogar unterstützen. Hier zieht jemand ganz elegant den Kopf aus der Schlinge, mit Verlaub.
Wäre diese 20 Uhr-Regelung tatsächlich Bundesrecht, dann müsste sich die ganze Schweiz daran halten. Beispielsweise auch das Tessin, mit seinen vielen Grotti in Innenhöfen. Wo die Bevölkerung regelmässig erst um 20 Uhr essen geht. Basel sei die einzige Stadt, die diese Regelung durchsetzt, schreibt die Tagespresse. Sind also alle andern Städte Rechtsbrecher? Wohl kaum.
Es gibt Bundesgesetze, die sich zu Lärmbelästigungen äussern, das ja. Ich möchte aber das Bundesgesetz sehen, welches der Basler Regierung wirklich vorschreibt, sie müsse eine Nachtruhe ab 20 Uhr für Gastrobetriebe in bewohnten Innenhöfen durchsetzen – also ein Bundesgesetz, in dem exakt diese Uhrzeit genannt wird, nicht eine allgemeine Delegationsnorm, die möchte ich sehen.
Lärmbelästigungen sind nicht zu unterschätzen. Dass sich die Regierung hier aber so vehement für eine Uhrzeit einsetzt, zu der in aller Regel gespiesen wird, erstaunt. Zudem betrifft diese Geräuschkulisse nur die Sommerzeit, wenn es nicht regnet und warm genug ist. Wie viele Tage pro Jahr sind das hierzulande?
Reden wir miteinander, handeln wir Bedingungen aus, und lassen wir eine Regierung, die doch nur behauptet, reine Vollzugsbehörde zu sein, aussen vor. Denn das stimmt vermutlich nicht. Dass unter der Woche nicht bis in alle Nacht Rambazamba sein kann, wenn Anwohner morgens aus den Federn müssen, ist ja klar. Aber dass es am Freitag- oder Samstagabend auch einmal später werden darf, ist doch ebenso klar. Konflikte lassen sich lösen, wenn ein Wille dazu vorhanden ist.
Am Samstag lief es bei uns im Viereck rund: Strassenfest, lange sassen die Leute danach noch in den Gärten. Ein lustiges Geplauder, ich schlief problemlos ein. Bis um 03:30 ein Flieger übers Haus donnerte, Nachtflugverbot hin oder her. Da gibt es offenbar kein Bundesgesetz, wie's scheint. Die gleiche Regierung, das gleiche Departement, foutiert sich um die Nachtruhe der Anwohner der Flugschneisen nämlich völlig. Egal, ob im Sommer, im Winter, bei Regen oder klarer Nacht. Da geht irgendetwas entschieden nicht auf.
13. August 2012
"Donnernder Flieger war Rettungshelikopter"
Andrea Strahm nutzt einmal mehr ein anderes Thema, um zuletzt ihr Liebling-Hass-Thema Fluglärm einzubringen. Ohne Kenntnis der Sachlage wettert sie, dass "um 03:30 ein Flieger übers Haus donnerte" und nutzt die Gelegenheit gleich zu einem Rundumschlag gegen Regierung, Departement und implizit gegen den gehassten Flughafen. Eine Rückfrage beim Flughafen hätte Klarheit verschafft. Nach den aus Kreisen der Flughafengegner organisierten Kampagnen mit Fluglärm-Reklamationen ist auch diesmal die Blamage perfekt: Wie der EuroAirport bestätigt hat, handelte es sich beim "Flieger" um einen Helikopter der Rettungsflugwacht, der um 03:29 auf der REGA-Basis am EuroAirport gestartet ist. Auf dem Weg zu einem Rettungseinsatz im Mittelland wählte er im Steigflug die direkteste und schnellste Route, denn in solchen Notsituationen zählt jede Minute. Hören die grundlos Angegriffenen diesmal eine Entschuldigung von Frau Strahm?
Rolf Keller, Basel
"Innenhoflärmlein"
Für wen gelten eigentlich solche Bundesgesetze? Eine Behörde die Lärmschutzverordnungen bearbeitet sowie erteilt und sich selbst nicht daran hält! Siehe Fluglärm von Kampfflugzeugen in Meiringen. Knallerei und Ballerei in Schiessständen und im freien Gelände ohne jegliche Lärmschutzmassnahmen. Notabene auch während der schönsten Tourismuszeit. Tolle Visitenkarte für den arg gebeutelten Tourismus!
Da geht wirklich etwas nicht auf. Dagegen sind solche Diskussionen um Innenhoflärmlein eine Kleinigkeit.
Roberto Lanz, Bottmingen
"Schwer verständlicher Behörden-Perfektionismus"
Es gibt in Basel einen schwer verständlichen Perfektionismus der Behörden, wenn es um kulturbedingte Schall-Emissionen geht. Der Ermessensspielraum wird konsequent und vorauseilend zugunsten von Ruhe und Ordnung eingesetzt. Allerdings: Manche, die sich heute beklagen, haben mitgespielt, als es 2004 um die Verschärfung des Gastgewerbegesetzes ging – das war (mindestens symbolisch) der Auftakt zur herrschenden Verbotsmanie. Wir engagieren uns für einen Mentalitätswechsel in Verwaltung, Regierung und Parlament.
Patrik Aellig, Kulturstadt Jetzt, Basel
"Gartenbeizen-Schluss um 20 Uhr ist absurd"
Niemand verlangt einen Freipass für Gastronomielärm – schon gar nicht in Wohngebieten und nach 22 Uhr. Es ist aber wirklich absurd, Gartenwirtschaften um 20 Uhr zu schliessen!
Emissionen von Gastbetrieben unterscheiden sich von anderem Gewerbelärm: Jeder versteht, dass ein Sägewerk abends nicht laufen darf, doch Gastronomie spielt sich nun einmal naturgemäss auch am Abend ab.
Die Baurekurskommission berief sich beim Restaurant Stänzler auf höhere Rechtsprechung. Und die Verwaltung stützt sich seither bei der Beurteilung von Innenhöfen auf diesen rechtskräftigen Entscheid.
Doch der Entscheid war falsch: Das Bundesgericht hat nämlich im sogenannten Fall Eierbrecht nur die Verfahren des Zürcher Verwaltungsgerichtes gestützt, aber keinen inhaltlichen Entscheid gefällt. Es ging lediglich darum, ob der Ohrenschein richtig gemacht wurde und nicht, ob man Restaurants in Innenhöfen abends schliessen muss.
Vom Bundesgerichtsurteil kann man zwar ableiten, dass die Behörden um 20 Uhr schliessen lassen können. Doch es gibt keinen Hinweis darauf, dass man dies tun soll oder muss. Das Problem liegt in den Beamtenköpfen respektive in der falschen Interpretation eines Bundesgerichtsurteils.
Maurus Ebneter, Wirteverband Basel-Stadt, Basel