Mal links, mal rechts: Die Masche mit der Masche
D Striggede bringt es auf den Punkt: Ynestäche ummeschloo, duurezieh und abeloo. Ohne das geht gar nichts, entsteht nichts, Faden bleibt Faden, es wird kein Pullover, kein Schal, nichts. Gestrickt ist aber nicht gestrickt: Man kann nämlich von hinten in die Masche stechen, oder von vorne, alles glatt rechts stricken oder alles krumm links, oder einmal rechts, einmal links und alle weiteren Variationen. Heben Sie dazu zwischendurch noch ab, ohne den Faden umzuschlagen, entsteht ein Patentmuster.
Nun wird es Ihnen zu kompliziert, denn Sie können gar nicht stricken? Nichts da, beissen Sie sich durch, denn stricken heisst philosophieren. Nicht nur, weil beim Stricken die Gedanken schweifen – das tun sie auch beim Joggen. Hier entsteht jedoch ein Werk, und Sie fügen Teilchen an Teilchen, bis es steht. Zudem stricken wir alle, mit oder ohne Nadeln. Entscheidend ist jedoch, dass wir, wie es d Striggede vorsingt, überhaupt in die Masche stechen, und wichtig zudem, wie wir dies tun. Von hinten oder von vorne, linke Masche oder rechte.
Egal, wie Sie Ihre Strickarbeit halten, Sie sehen immer nur die eine Seite Ihres Werkes, und nie die Kehrseite. Die rechte Masche ist von hinten besehen jedoch links, und umgekehrt. Ein richtiges Teufelswerk, so eine Strickarbeit. Auch wenn Sie sich richtig Mühe geben, so dass die eine Seite perfekt rechts gestrickt ist, V an V, denn die rechten Maschen bilden ein schönes V – die andere Seite ist ebenso perfekt links gewickelt, U an U, wellenförmig. Sie kriegen es nicht anders hin, es nichts zu machen, Ihr Werk hat zwei Gesichter.
Nun ist die rechte Masche einfacher zu stricken, wir stechen von vorne hinein und müssen die Finger nicht verrenken, also stricken wir mal rechts drauf los, wie die Primarschüler, hin und her, Reihe um Reihe. Und siehe da, nach einigen Zentimetern stellen wir aufatmend fest, dass die Rückseite in der Tat wie die Vorderseite aussieht. Allerdings nicht glatt rechts. Und nicht rein links.
Daraus lernen wir: Auch wer also immer stur auf rechts schaltet, kommt irgendwann an den Rand und muss umkehren. Was genauso für den gilt, der die linke Masche lieber strickt und letztlich vor der Tatsache steht, dass seine mit viel Mühe und verrenkten Fingern rein links gestrickte Arbeit genau gleich aussieht, wie die Arbeit des sturen Rechtsstrickers.
Schön ist dieses Muster nicht. Eine ganze Reihe U kommt nach einer ganzen Reihe V und so weiter und so fort, immer mit der gleichen Masche gestrickt, links oder rechts, immer lauter U über lauter V, das ist einfach nicht ansprechend, die Striggede ist starr und undehnbar. Und die Arbeit todlangweilig.
Stellen wir aber die Maschen nebeneinander, eine linke neben eine rechte, dann entsteht eine ästhetische Sache, die Rückseite ist gleich wie die Vorderseite. Und flexibel dazu, denn nur wenn links neben rechts steht und V über V neben U über U, wird die Strickarbeit elastisch. Können Sie sich das vorstellen? Wenn nicht, dann schauen Sie jetzt auf Ihr Handgelenk und betrachten Sie den Strickbund am Ärmelabschluss des Pullis. Der darf nicht lotzen, der muss sitzen. Voilà.
Wem das Links-rechts-Schema zu langweilig ist, darf noch mit dem Faden operieren, abheben oder durchziehen, und die Strickarbeit gewinnt an Tiefe, wird noch elastischer. Sie stricken so zwar jede Reihe doppelt, aber es lohnt sich. Wenn Sie je einen dieser unglaublich angenehmen, warmen, handgestrickten Schals erhielten, dann war der höchst wahrscheinlich mit dem Patentmuster gestrickt. Einen glatt gestrickten Schal hingegen können Sie nicht gebrauchen, zwei rechts zwei links muss mindestens sein, damit das Ding auch wärmt. Mit rein links oder rein rechts gelingt rein gar nichts.
Moritz Suter, wenn Sie bis hieher gelesen haben, dann wissen Sie jetzt, wie Sie unsere Zeitung stricken sollen. Nämlich am liebsten im Patentmuster, mit Tiefe und Flexibilität, ansprechend und sorgfältig gemacht. Denn stricken Sie nur glatt rechts, haben Sie die Linke im Rücken, und passen Sie bei einem Kurswechsel nicht auf und stricken stur im gleichen Schema weiter, wird die Arbeit starr und hässlich. Und nun hoffen wir noch, dass Sie wirklich die Nadeln in den Händen und nicht nur die Wolle herangeschafft haben. Oder noch schlimmer: weder noch.
14. Februar 2011
"Suter strickt mit Stroh"
Liebe Andrea, dass Du stricken kannst, kann man Deinem Text entnehmen. Ein kleiner Fehler ist Dir allerdings unterlaufen. Moritz Suter strickt mit Stroh.
Toni Fricker, Zwingen
"Herrlich verpackt in Worte"
Eine ausgewogene "Strickete", herrlich verpackt in Worte. Bestimmt freuen sich Herr Moritz Suter und sein Team. Lassen wir uns überraschen.
Yvonne Rueff-Bloch, Basel
"Moritz Suters Patentmuster"
Bravo, gut gestrickt, Andrea Strahm! Hoffentlich gibts in Moritz Suters Patentmuster nicht zu viele Fallmaschen ...
Corina Christen, Publizistin, Basel