Der Auftrag: 3'000 Zeichen blanko
Peter Knechtli hat mich kurzerhand in ein Restaurant auf dem Münsterhügel bestellt. Nun hat er gerade zwei Deziliter Blöterliwasser geordert und sich zuvor beim Kellner erkundigt, ob man das auch offen haben könne. Mein Gehirn rattert. Zwei Möglichkeiten. Entweder, Knechtli ist ansonsten nie hier, oder er trinkt immer Bier.
Einen Tag zuvor hatte er mir eine Mail geschrieben und mich angefragt, ob ich für OnlineReports künftig Kolumnen schreiben möchte. Die junge Sicht vertreten, ein bisschen Neue Medien und so. Erzählen, was meine Generation bewegt. Man nenne das ja "Generation Y" – wusste ich gar nicht. Auf jeden Fall die mit Facebook, Twitter und der neuen Gesellschaft im Wertewandel.
"Haben Sie schon mal daran gedacht, ihren Facebook-Account zu löschen? Schreiben Sie doch darüber!", meint er. Inspiriert davon habe ich tatsächlich einen Tag lang auf Natel und Facebook verzichtet. 24 Stunden. Ständiges Phantomgreifen nach dem Mobiltelefon, wie ein Süchtiger. Am nächsten Tag: 184 Kurznachrichten, ein paar Messages auf Facebook, einige Erwähnungen auf Twitter, 4 Anrufe, 1 Combox-Nachricht. Besorgte Freunde, ich fühle mich gemocht. Aber aussteigen für immer? Nichts für mich. Ich glaube, ich bin wirklich süchtig. Nach informiert sein, vernetzt sein, erreicht werden.
"Ich wundere mich etwas
über Knechtlis Selektionskriterien."
Nun sitzt mir also dieser braungebrannte rasende Reporter gegenüber und grinst mich an: "Ich habe übrigens keine Ahnung, ob Sie gut schreiben können." Ich wundere mich etwas über Knechtlis Selektionskriterien.
Nun gut, mir soll's recht sein, das ist eine tolle Gelegenheit. Ich schreibe ja gerne. Jetzt stehen 3'000 Zeichen zu meiner freien Verfügung. Zunächst frage ich mich ernsthaft, worüber ich schreiben soll. Über Social Media? "Die" Jugend? Wenn ich ehrlich bin, so erschliesst sich mir der Sinn des Formates der Kolumne noch nicht ganz. Eine Banalität soll ich aufgreifen, eine Alltäglichkeit zum zentralen Thema eines Textes formen, kurz und knackig schreiben und beschreiben, aber zu kurz darf es dann doch nicht sein.
Eigentlich eine verdächtige Art von Journalismus: Banalitäten aufplustern und gut verkaufen. Das habe ich auch schon in den grossen Printmedien entdeckt, aber die Artikel waren seltsamerweise nie mit "Kolumne" überschrieben. Allerdings sind sie manchmal auf der Titelseite. Ich könnte auch über "guten" Journalismus schreiben. Aber das ist heikel, vor allem wenn sich politisch engagierte Menschen dazu äussern. Werde ich also in Zukunft versuchen, zu umschiffen.
Ich habe nun also die Aufgabe, meinen Alltag genauer unter die Lupe zu nehmen. Das ist doch auch eine Chance. Meine Generation hat, wie jede vor uns, ein eigenes Lebensgefühl. Das versuche ich mit dem Kolumnentitel "#grenzenlos" zu beschreiben. Andere Werte werden wichtig, die Gestaltung des Alltags verändert sich, auch die Lebensumstände. Die meisten jungen Menschen heute sind immer erreichbar, viele davon im Netz präsent. Dafür steht der Hashtag # (zu Deutsch: Raute), der auf sozialen Netzwerken verwendet wird, um Stichwörter zu markieren und die Suche danach zu erleichtern.
Ich glaube auch beobachten zu können, dass unsere Generation allgemein, im Gegensatz zu jener unserer Eltern und Grosseltern, nicht mehr in den gleichen Grenzen denkt – mindestens geographisch. Wir leben fast schon grenzenlos.
Der Dialog zwischen den Generationen ist eine spannende Sache, vielleicht kann ich mit dieser Kolumne etwas dazu beitragen. Die Themen gehen mir wohl nicht aus. Ich freue mich!
27. Januar 2014
"Tolle Idee"
Eine tolle Idee, Peter Knechtli. Vor allem, wenn Adil Koller "grenzenlos" über die mögliche Fusion unserer Halbkantone berichtet. Als Baselbieter Vertreter der "next Generation". Ganz im Sinne von "Grenzen überwinden". Nicht nur geografisch, sondern auch im Kopf.
Peter P. Bauer, Basel