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Claude Bühler – Premiere am Theater Basel

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Theater Basel, Kleine Bühne
Uraufführung

"Das war ich nicht"

Autor des Romas: Kristof Magnusson
Bühnenfassung und Regie: Ronny Jakubaschk
Bühne und Kostüme: Matthias Koch
 
Mit Inga Eickemeier, Andrea Bettini, Bastian Heidenreich


Der Kindergarten der einsamen Kinder

Heute hat die SP Basel-Stadt eine Motion eingereicht, mit der sie das Schreien der Kinder (als Geräusch) gesetzlich schützen will, und ebenfalls heute war dramatische Uraufführung des dieses Jahr erschienenen Erfolgsromans "Das war ich nicht" auf der Kleinen Bühne.

Im tosenden Applaus, der gar nicht mehr enden wollte, verneigte sich der isländisch-deutsche Romanautor Kristof Magnusson (1976), der eigens zur Premiere angereist war, sichtlich stolz und gerührt vor dem Basler Publikum. Der Romantitel des 34-Jährigen legt es nahe, dass es um schuldbewusste Kinder geht, die etwas angestellt haben, das grösser und vor allem schlimmer ausging, als sie es sich zu Beginn gedacht hatten. Was hat der SP-Vorstoss mit der Premiere zu tun?
 
Im Roman lässt Magnusson den jungen Börsenhändler Jasper Lüdemann (Heidenreich) eine weltweite Bankenkrise auslösen (das Buch habe Magnusson "davor" geschrieben). Er schlittert da so rein. Zuerst sind es ein paar falsch eingebuchte Tausender, deren Eingang er mit Spekulationen "korrigieren" will. Bankinterne Sicherheitsschranken lassen sich überschummeln. Die Chef-Etage guckt heimlich zu, gibt ihm Boni. Am Ende sind es Milliarden Schulden. Der Rest ist das Domino der Börsenwelt: Seine Bank fällt, die anderen fallen auch. Der Macherwahn im Kindskopf.

Sein Handy-Klingelton ist die hymnische Titelmelodie von "Star Wars". Sein Lebensentwurf: "Bestimmt gibt es auch eine Zeit für das Privatleben. Frau. Kind. Später. Ich war erst 31. Zwischen dreissig und vierzig muss man brennen." Brennen naturgemäss für Geld, Hierarchie und Börsen-Feuerwerk. Wie seine Lage dagegen seelisch ist, zeigt sich, als er sich zufälligerweise im Schneetreiben auf dem Balkon aussperrt. Im 38. Stockwerk. Bei Null Grad. Barfuss. Im T-Shirt. Ohne Blackberry. Keine Chance, dass ihn da jemand entdecken könnte. Retten sowieso nicht, denn Jasper ist hundeallein.
 
Hundeallein und genauso ruhmgetrieben ist die Roman-Übersetzerin Meike Urbansky (Eickemeier), die eigens nach Chicago jettet, um den berühmten Belletristiker Henry LaMarck zu treffen. Auch sie will den fetten Fisch: Den "ersten Jahrhundertroman" des Pulitzerpreisträgers über den "11. September" will sie übersetzen – und sich damit ewig machen.

Aber Henry LaMarck (Bettini) hat gar kein Interesse an der jungen Göre, die ihm schon beim letzten Roman zu viele Fragen stellte. Er will den jungen Jasper. Dessen Jugend soll den 60-Jährigen nochmals zum schriftstellerischen Kraftakt antreiben, über die 9/11-Katastrophe mit dem starken Sinnbild für den Zusammenbruch der westlichen Zivilisation zu schreiben: "Von innen her" mit dem Bild des "Business-Boy" vor den (verliebten) Augen. Von innen her ist auch LaMarck ein verlorener Junge, der die monumentale Roman-Idee, nur um sich wichtig zu machen aus tiefsten Mindergefühlen, in einer Radio-Talkshow mit Elton John fallen liess. Und auf diesen Furz hatte Übersetzerin Meike ihr Leben eingestellt.
 
Magnussons Roman zeigt den heutigen Kindergarten der vereinzelten Kinder, die Generation "Elternlos und Nie-Erwachsen". Klappt etwas nicht, dann heult Meike und Jasper ruft Mami an. Denn emanzipiert, lebenstüchtig, eigenständig, nicht so "bürgerlich"/langweilig wie die anderen sind sie nur im Eigenbild, das sie vor sich her und vor die Augen der Welt tragen. Anstelle von Inhalten geht es nur um grosse Namen: Henry LaMarck, die UBS, Elton John.

Die Selbstverwirklichung ist affektierte Show: Drei übermenschengrosse Spiegel auf Rollen hat Matthias Koch auf die Kleine Bühne gestellt, und die drei Helden drehen sich mit ihnen um die eigene Achse – im Kreis. "Trust" (Vertrauen) hängt in dicken Lettern über der Bühne, aber gemeint ist damit der "Wirtschafts"-Trust: "Zusammenschluss mehrerer Unternehmer unter Aufgabe ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Selbständigkeit" (Wikipedia). So stehen die drei Menschen auch am Ende zu einander: Sie fliehen vor der Polizei in Meikes Abbruch-Hütte nach Deutschland. Ein (wohl unrealistisches) Reduit. Die Periferie als (geträumter) Paradiesgarten. Ein Märchenschluss? Oder weil zu einem anderen Ende die technische Fertigkeit fehlte?
 
Zum Thema "Egotrip der Vereinzelung" stimmt es, dass die Dramaturgie der Roman-Erzählform treu blieb und Heike, Jasper und Henry auf der Bühne immer von "ich" erzählen. Zwar unterschlagen sie dabei kritische Einschätzungen nicht, aber gemeinsam ist allen, dass sie dazu keine Gefühle zeigen: Es gibt keine Bewertung. Heidenreich (Jasper) hechelt mit hängender Zunge auf der Bühne herum, wenn er all die Börsen-Schummeleien wieder korrigieren will: kein grinsender Abzocker, eher ein Sklave des Systems. Eickemeier (Heike) begeistert sich über jeden ihrer Schritte so heftig, dass sie vorzeitig zur Schrulle altert. Und Bettini (Henry), der mit seinem Verlag Verstecken spielt und vom zweiten Pulitzerpreis träumt, erörtert nur mehr zynisch sein Alter und seine Unfähigkeit, weiter zu schreiben. Wichtig ist allen drei nur: Es muss immer was laufen.
 
Überspitzt könnte man also sagen, drei Kinder, die schreien, die aber in der eigenen Isolation keiner hört. Ob diese eine technokratisch-behördliche Lizenz zum Schreien, wie sie die SP forderte, zu lindern vermag? Und ob die Schrei-Lizenz das Gefühl für Verantwortung gegenüber anderen stärkt? Sicher ist soviel: Magnussons Roman in der aktuellen Inszenierung lädt zum Nachdenken ein.

17. Dezember 2010
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Claude Bühler, ist Journalist und Schauspieler in Basel. Er arbeitete erst als Freier Journalist bei Printmedien sowie als Medienverantwortlicher von act entertainment. Lange Jahre war er Redaktor und Produzent bei Telebasel. Heute arbeitet er als Redaktor bei "Prime News". Als Schauspieler war er in verschiedenen Regie-Arbeiten der Basler Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Brun sehen, beispielsweise als Jean in "Fräulein Julie" (A. Strindberg), aber auch als Professor Siebegscheit im Märli "Froschkönig" des Theater Fauteuil oder als Lucky in "Warten auf Godot" (S. Beckett) des Theater Marat Sade. © Foto by OnlineReports.ch

Claude.Buehler@gmx.net

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"Wegen tiefer Pünktlichkeit der Eurocity-Züge von Mailand nach Bern und Basel werden ihre Fahrzeiten verlängert."

bz und CH-Media-Zeitungen
am 9. April 2024
in einem Untertitel
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wegen hoher Augenbrauen kommt dieser Satz jetzt im "Gelesen & gedacht".

RückSpiegel


Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).