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"Kreditkarte wird wichtiger": Euro-Projektleiter Thomas de Courten
"Mit Kreditkarten werden sich die Währungsprobleme von selbst lösen"
Euro-Projektleiter Thomas de Courten über das Euro-Zeitalter und die Konsequenzen in der Region Basel
Von Peter Knechtli
Mit der Einführung des Euro als Bargeld per 1. Januar 2001 vollzieht sich der grösste Währungsumtausch der Geschichte. Obwohl die Schweiz nicht EU-Mitglied ist, wird der Euro schon bald ein Thema werden - vor allem in den Grenzregionen. Thomas de Courten, Euro-Projektleiter der Wirtschaftskammer Baselland, erklärt im Interview mit OnlineReports, wo der Euro unser Leben verändern wird und wo nicht. Die kleinen und mittelgrossen Betriebe, so ist er der Überzeugung, "haben ihre Hausaufgaben gemacht".
OnlineReports: Jenseits der Landesgrenze in der Region Basel gilt ab 1. Januar 2002 eine neue Währung. Inwiefern ist die Region Basel vom Euro betroffen?
Thomas De Courten: Die Region Basel ist mit dem ausländischen Nachbarschaft stark verflochten. Darum ist auch bei uns der Euro bereits seit einiger Zeit ein Thema. Wir halfen unseren Betrieben schon 1998, als der Euro als Bankengeld eingeführt wurde, sich auf die neue Währung einzustellen: Mit Fachartikeln, Info-Veranstaltungen, einer Euro-Checklist und der telefonischen Hotline.
"Das Interesse der Unternehmer am
Problem Euro tendiert gegen Null. Sie scheinen
ihre Hausaufgaben gemacht zu haben."
OnlineReports: Spüren Sie - fünf Monate vor der Euro-Einführung - verstärkten Betrieb auf der Hotline?
De Courten: Im Gegenteil: Das Interesse am Problem Euro tendiert derzeit gegen Null. Die Unternehmen scheinen ihre Hausaufgaben gemacht zu haben.
OnlineReports: Planen Sie noch spezielle Euro-Anlässe?
De Courten: Wir halten unser Informationsangebot aufrecht, planen aber keine gross angelegten Veranstaltungen. Falls sich aber ein Bedürfnis ergäbe, wären wir in der Lage, die benötigten Informationen kurzfristig anzubieten.
OnlineReports: Inwiefern wird das Gewerbe der Region durch die Einführung des Euro tangiert?
De Courten: Tangiert sind einerseits die Detaillisten und die Wirte, anderseits das produzierende und dienstleistende Gewerbe. Bei den Detaillisten wird zunehmend die Frage auftauchen, ob sie Euro als Bargeld entgegennehmen, und ob sie ihre Preise auch in Euro anschreiben sollen. Die produzierenden Gewerbetreibenden haben sich bereits weitgehend auf die Einführung des Euro eingestellt, indem sie mit ihren Kunden und Lieferanten schon heute mit Euro handeln und damit über ein Euro-Konto verfügen. Hier bringt die Einführung des Euro sogar eine Vereinfachung, weil nicht mehr mehrere Währungskonti gleichzeitig geführt werden müssen, sondern nur noch ein Euro-Konto.
OnlineReports: Werden die Preise von Artikeln und Dienstleistungen in der Region Basel ab 1. Januar 2002 zusätzlich auch in Euro angeschrieben sein - in Einkaufsläden, auf Menükarten oder in Autowaschanlagen?
De Courten: In der Regel wird dies nicht so sein - vor allem nicht bei Gütern des täglichen Bedarfs. Auch Grossdetaillisten werden kaum ihre Preise zusätzlich in Euro anschreiben. Ausnahmen werden jene Betriebe bilden, die traditionell mit einer ausländischen Kundschaft verkehren.
OnlineReports: Welche Gewerbezweige spüren die Einführung des Euro stärker als andere?
De Courten: Detailhandel, Gastronomie und exportorientiertes Gewerbe werden den Euro stärker spüren.
"Wer sich nicht auf der Durchreise befindet,
wird Mühe haben, mit Euro
zur Schokolade zu kommen."
OnlineReports: Werden Gäste aus EU-Staaten in der Region Basel generell mit Euro zahlen können?
De Courten: Generell wird dies nicht möglich sein, sondern nur dort, wo die Unternehmen in einem starken Kontakt mit ausländischer Kundschaft stehen - sei es in Stadtnähe, im grenznahen Detailhandel oder entlang der Hautpverkehrsachsen. Es sind jene Orte, wo heute schon D-Mark oder französische Francs als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Bei allen andern Firmen entscheidet der Unternehmer selbst, ob er Euro als Bargeld akzeptiert oder ob er die Kasse weiterhin ausschliesslich in Schweizer Franken führt.
OnlineReports: Angenommen, ein deutscher Tourist will sich in der Region mit Schokolade eindecken und er hat nur Euro dabei. Erhält er die Schokolade?
De Courten: Wer auf der Durchreise ist, wird sie bekommen, weil er sich auf den entsprechenden Verkehrsachsen bewegt. Wer sich aber längere Zeit anderswo in der Region aufhält, wird mit Schweizer Franken konfrontiert werden. Er wird Mühe haben, mit Euro zur Schokolade zu kommen.
OnlineReports: Zahlreiche Grenzgänger aus dem EU-Raum arbeiten in der Region Basel. Wird ihnen der Lohn künftig in Franken, in Euro oder in ihrer jeweiligen Landeswährung ausbezahlt?
De Courten: Der Lohn wird ihnen traditionell in Schweizer Franken ausbezahlt. Grenzgänger haben auch ein Bankkonto in der Schweiz angelegt. Darum wird durch die Einführung des Euro als Hartgeld nichts Grundsätzliches ändern.
"Der Lohn der Grenzgänger
wird weiterhin in Franken ausbezahlt."
OnlineReports: Gibt es grundsätzliche Euro-Unterschiede zwischen den Baselbieter und den baselstädtischen KMUs?
De Courten: Ja, vor allem im Detailhandel. Die Stadt ist viel stärker mit ausländischen Geschäftskunden und Touristen frequentiert als das Baselbiet. Dasselbe gilt auch für die Gastronomie. Darum sind Themen wie doppelte Preisanschreibung und Euro-Bargeld in der Stadt sicher ein viel stärker diskutiertes Thema.
OnlineReports: Wann wird selbstverständlich ist, dass wir Konsumierende in der Region Basel in unserem Portemonnaie eine Mischung von Franken und Euro herum tragen?
De Courten: Das wird noch sehr lange dauern. Ich glaube nicht, dass es so weit kommt, bevor sich die Schweiz als Ganzes der Währungsunion angeschlossen haben wird.
OnlineReports: Bedeutet die Einführung des Euro für die Gewerbetreibenden in der Region Basel eher eine Erleichterung oder eher eine zusätzliche Belastung?
De Courten: Es ist eher eine Erleichterung. Der Umgang mit Fremdwährung in Buchgeld wird vereinfacht, weil bisher parallel ein DM, Lire-, Pfund-, Gulden- oder Franc-Konto gleichzeitig geführt werden musste. Hier bringt die europäische Gesamtwährung Vereinfachung.
OnlineReports: Werden die Preise und die Lebenshaltungskosten steigen?
De Courten: Ich gehe nicht davon aus. Ich erhoffe mir eher eine Senkung der Lebenshaltungskosten.
OnlineReports: Wer nimmt heute schon ausländisches Bargeld entgegen?
De Courten: Es sind grösstenteils Grossdetaillisten in unmittelbarer Nähe zur Landesgrenze, dazu kommen Tankstellenshops und Raststätten entlang der Autobahn.
OnlineReports: Wie werden die Wirte im Allschwiler "Rössli", im Liestaler "Engel" oder in der Gelterkinden "Baselbieter Stube" ihre Angebote künftig anschreiben und welches Geld werden sie akzeptieren?
De Courten: Alle werden ihre Preise in Schweizer Franken anschreiben. Je näher man aber zur Landesgrenze kommt, desto grösser wird die Wahrscheinlichkeit, dass der Euro auch als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Ein guter Gastgeber wird dadurch einen zusätzlichen Dienst am Kunden leisten können, ohne dass ihm dabei unzumutbare administrative Belastungen oder Währungsrisiken entstehen. Gerade in Restaurants wird aber verstärkt der Fall eintreten, dass die Rechnungen mit Kreditkarten beglichen werden und sich damit die Probleme von selbst lösen.
"Im Detailhandel werden
keine doppelten Bargeldkassen geführt."
OnlineReports: Wie bezahlen Gewerbetreibende ihre Bestellungen bei Lieferanten in EU-Staaten?
De Courten: In der Regel werden Lieferantenrechnungen in Euro auch in Euro bezahlt. Je nachdem, wie intensiv der Warenaustausch über die Grenze ist, werden auch in Franken ausgestellte Rechnungen in Euro beglichen werden.
OnlineReports: Werden in KMUs doppelte Kassen geführt werden?
De Courten: In Detailhandelsbetrieben werden keine doppelten Bargeldkassen geführt. Es ist aber denkbar, dass Buchhaltungen von Betrieben mit starkem Austausch mit dem Euro-Land ihre Buchhaltung auf beide Währungssysteme auslegen.
OnlineReports: Welches sind die wichtigsten Punkte, die Ihre KMUs auf der Euro-Checklist überprüfen mussten?
De Courten: Es gibt Fragen, wie sinnvoll eine doppelte Preisanschreibung ist und wie sich der Wettbewerb bezüglich Profilierungschancen verändert. Im Bereich Finanzen müssen die Bankverbindungen generell auf den Euro hin überprüft werden. Auch muss geklärt werden, ob ein Eurokonto vorhanden ist und ob mit zusätzlichen Währungsrisiken zu rechnen ist. Die Unternehmen müssen sich fragen, ob die Softwaresysteme währungsrelvante Daten enthalten und ob die Buchhaltung in Euro und Franken gleichzeitig geführt werden soll. Schliesslich muss überprüft werden, ob die bestehenden Verträge eurokompatibel sind.
OnlineReports: Wird die Kreditkarte nach der Euro-Einführung an Bedeutung gewinnen?
De Courten: Der Trend zu vermehrtem bargeldlosem Zahlungsverkehr wird durch die Einführung des Euro als Bargeld sicher verstärkt.
OnlineReports: Wie wird in zehn Jahren in der Region Basel bezahlt?
De Courten: Ich glaube, dass sich dannzumal der Euro in jenen Betrieben als zusätzliches Zahlungsmittel etabliert hat, in denen dies die Kunden konkret verlangen. Der Schweizer Franken wird aber nach wie vor das dominierende und allgemeine Zahlungsmittel sein.
17. August 2001