![]() Waschmaschinen gegen Gemüse tauschen"Wer hat einen Platz für Réno? Dieses Wildschweinchen, mit der Flasche aufgezogen, ist jetzt ein grosses Haustier, das niemand mehr möchte."
Die "Sharers" sind aber nicht nur an materiellen Dingen interessiert. Kevin beispielsweise studiert Tourismus und sucht – offenbar sehr erfolgreich – nach Leuten, die an seinen Probestadtführungen teilnehmen wollen. Andere haben konkrete Fragen: Wie öffne ich eine Tür, wenn der Schlüssel abgebrochen ist? Wo ist die beste Pilzsammelstelle in der Nähe der Stadt? Ich habe meine Linsen verloren, muss aber arbeiten – wer bringt mir neue? Die Beispiele liessen sich noch lange fortsetzen. Die Beiträge erscheinen im Fünf-Minuten-Takt und werden in der Regel sofort beantwortet. Trotzdem stellt sich die Frage, was von so einer Plattform zu halten ist. Ganz offensichtlich handelt es sich nämlich um einen virtuellen Ersatz von Begegnungen, die früher eher im "richtigen Leben", in der Familie, im Sportverein oder unter Freunden stattfanden. Der ganze soziale Aufwand fällt auf Facebook weg: Es reicht völlig aus, auf dem Sofa liegend eine Frage einzutippen und voilà: Innert Sekunden erscheinen die Reaktionen. Das lässt sich kaum wegdiskutieren – ist aber ein längst bekanntes und ausreichend bejammertes Phänomen. Interessanter scheint mir, auch nach den Vorteilen zu fragen. Da ist zunächst die Tatsache, dass viel getauscht oder verschenkt wird, was sonst im Abfall landen würde. Sofas, Waschmaschinen, Mikrowellen oder Bücherregale erhalten in Studenten-WGs ein zweites Leben. Auffällig ist, dass häufig Dinge gefragt werden, auf die auch Google eine Antwort hätte: Wo isst man die beste Pizza? Gibt es einen Chor, in dem ich singen könnte? Welche Zahnärztin empfehlt ihr? Welche Kinderkrippe? Auf Facebook sind es immer noch Menschen aus der eigenen Stadt, die Auskunft geben und mit denen man Kontakt aufnehmen kann, im "richtigen Leben", wohlgemerkt. Das führt offenbar dazu, dass immer mehr Menschen grösseres Vertrauen in solche Gemeinschaften haben als in die nach undurchsichtigen Regeln generierten Antworten von Suchmaschinen. Durch die Grösse der Gruppe und ihrem virtuellen Charakter entsteht zwar eine gewisse Anonymität, andererseit wird eindeutig mehr Wissen und Erfahrung versammelt als an einem Familientisch. Schliesslich werden gerne Sachen ausgeliehen, die beim besten Willen nicht in jedem Keller liegen müssen, auch wenn uns das die Do-It-Yourself-Werbung gerne vorgaukelt. Bohrer, Hochdruckreiniger, Rasenmäher, Laubsauger, Akku-Flachdübel-Fräse. Hin und wieder braucht man diese Geräte aber eben doch, dann kann man sie gegen eine Flasche Wein für ein paar Tage ausleihen. Sind lokal verankerte Online-Foren also das neue Tor zu Austausch, Wissen und nachhaltigem Konsum? Das Wildschwein Réno hat leider noch kein Zuhause gefunden – vielleicht stösst da selbst die grösste Stadt-Community an ihre Grenzen. 9. Oktober 2017
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