Die Typologie einer Weihnachtsfeier
An jeder Weihnachtsfeier mit Arbeitskollegen gibt es ein paar unverwechselbare Typen. Hier der Versuch einer Einordnung:
Sagen wir, es ist später Nachmittag und weil das Geld für ein Abendessen gespart werden sollte, wurden in der Teeküche und im Gang einfach ein paar Kerzen aufgestellt, dazwischen liegen haufenweise Mandarinli und gekaufte "Läckerli".
Es gibt ein Schrott-Wichteln, das heisst, jeder musste etwas einpacken, was er nicht mehr will und erhält dann im Gegenzug per Losverfahren zum Beispiel den alten Kerzenständer einer Kollegin aus der Chefetage. Oder eine Uhr mit Zebramuster, ein Kochbuch mit 500 Ideen für Kartoffelaufläufe und einen Kalender mit Wasserfall-Motiven aus dem Jahr 2002. Ein CD-Player plärrt "Leise rieselt der Schnee" und die Mitarbeiter treffen ein:
Der Kreative: Er hat sich schon seit Wochen überlegt, was er wichteln soll und schmuggelt sein riesiges, sorgfältig in buntes Papier gewickeltes Geschenk als erster rein, stellt es auf den Gabentisch und positioniert sich schon richtig, damit er gute Fotos vom Auspacken schiessen kann. Später am Abend baut er Mandarinli-Pyramiden.
Die Nervösen: Sie haben ihr Outfit extra für diesen Nachmittag gekauft und erscheinen beide im hellblau-roten Sternenwinterpulli. Sie versuchen sich zu meiden, bis jemand das Malheur doch entdeckt und sie für ein Erinnerungsfoto vor dem Buffet posieren müssen.
Der Coole: Er hat schon am Abend vorher heimlich Nachrichten an alle weiblichen Kolleginnen verschickt, in denen er betont, wie doof er solche Feiern findet. Sein Geschenk: Eine Vinyl-Platte.
Die Streber: Sie positionieren sich in Hörweite des Chefs und reden dann andauernd ganz laut von der Arbeit. Im besten Fall bauen sie ab und zu Witze ein: "Mein neues Projekt ist ein Geschenk vom Himmel, passend zu Weihnachten, weisch, hahaha."
Die Neue: Sie hat erst vor kurzem angefangen und deshalb für alle ein kleines Geschenk mitgebracht. Nach ein paar Gläsern Glühwein steigt sie auf einen Stuhl und sagt, sie sei ganz, ganz froh, jetzt auch hier zu sein.
Der Stimmungsmacher: Er hat Liederblätter kopiert und seine Ukulele mitgebracht.
Der am Buffet: Er redet viel und laut, stopft aber gleichzeitig mit einer beneidenswerten Geschwindigkeit Blätterteigtäschli in sich rein. Er hat eine Schachtel Mon Chéries aus dem Vorjahr als Geschenk mitgebracht, die er am Schluss des Abends aber wieder findet und doch selber isst.
Die heimlich Verliebten: Sie suchen den ganzen Abend Blickkontakt. Sie trinkt viel Glühwein und er hat extra das T-Shirt mit dem Rentier-Motiv angezogen, ein bisschen wie bei Bridget Jones. Am Schluss füttern sie sich Mandarinlischnitzli.
19. Dezember 2016
