Werbung


Wenn Kalbsbratwürste auch "Schweinereien" enthalten

Mit minderwertigem Fleisch durchsetzt: Nordwestschweizer Kantonschemiker beanstanden mehr als jede dritte Probe


Von Peter Knechtli


Wenn die gegrillte Kalbsbratwurst am letzten Sommerfest nicht so sehr gemundet hat, ist das kein Zufall: 37 Prozent aller Proben, die Nordwestschweizer Lebensmittelchemiker kontrollierten, mussten beanstandet werden.


Eine Kalbsbratwurst, so verlangt es das Gesetz, darf nur als "Kalbsbratwurst" angeboten und verkauft werden, wenn mindestens 50 Prozent ihres Gewichts tatsächlich aus dem hochwertigen Kalbfleisch bestehen. Doch gewisse Produzenten und Verkäufer nehmen es diesbezüglich nicht so genau.

Seit 2003 führte der Kanton Aargau bereits jährliche Kalbstwurst-Kontrollen durch. Dieses Jahr wurde die Untersuchung auf die vier Nordwestschweizer Kantone ausgeweitet, deren Lebensmittelkontrolleure es genau wissen wollten: In den Kantonen Aargau (21), Baselland (12), Basel-Stadt (5) und Solothurn (13) erhoben sie in den Monaten Juni und Juli dieses Jahres bei Metzgereien und Grossverteilern insgesamt 51 Proben, nämlich 46 Kalbsbratwürste, 3 Cipollata, eine Kalbsgrillschnecke und eine Kalbfleischwurst. Das niederschmetternde Ergebnis: 19 Proben oder 37 Prozent der kontrollierten Würste mussten beanstandet werden.

Unterschiedliche Ausreden

Insgesamt wurden 16 Proben - 14 Kalbsbratwürste, eine Kalbs-Cipollata, eine Kalbsgrillschnecke - beanstandet, weil sie weniger als die gesetzlich verlangte Menge Kalbfleisch enthielten. Drei weitere Proben wurden wegen Deklarationsmängeln beanstandet. Bei weiteren acht Proben "Kalbsbratwürsten" (16 Prozent) mit einem zu tiefen Kalbfleischgehalt kamen die Anbieter mit einem blauen Auge davon: Nur wegen der "analytischen Messunsicherheit" kam es zu keiner Beanstandung. Die Probeninhaber und Produzenten seien jedoch "mit einem Hinweis auf den vorliegenden Sachverhalt aufmerksam gemacht" worden, wie es in einem Bericht der vier Kantone heisst.

Wenig berufsethisches Bewusstsein der Wurstverkäufer spricht aus ihren Erklärungen, weshalb nicht genügend Kalb drin ist, wo "Kalb" drauf steht. Einige führten offen "ökonomische Gründe" in Feld oder die Ausrede, dass "zum Zeitpunkt der Produktion der Wurstwaren nicht in genügender Menge Kalbfleisch vorhanden war". Die Rede war ferner von "unerklärlich" bis hin zu "irrtümlichen Verwechslungen" von Wurstwaren oder Schildern in der Verkaufsauslage. Selbst mit einer "falschen Rezeptur" in "Unkenntnis der gesetzlichen Mindestanforderungen" räsonnierten die Etikettenschwindler des Wursthandels. Ein weiteres Argument: Der zu hohe Schweineanteil sei auf das zugekaufte Fleisch zurückzuführen.

Kaninchen- und Schaffleisch in der Kalbswurst

In einer "Kalbsbratwurst"-Probe befanden sich 6 Prozent Kaninchenfleisch, die auf der Packung nicht deklariert waren. Die getestete "Kalbfleischwurst" enthielt neben Kalbfleisch noch etwa 10 Prozent nicht deklariertes Schaffleisch.

Als Konsequenz aus dem bedenklichen Kontrollergebnis entschieden sich die wenigsten Anbieter, ihre Kalbfleisch-Qualität auf das gesetzliche Minimum anzuheben: Als häufigste Massnahme hätten sich viele der betroffenen Produktverantwortlichen dafür entschieden, ihr Produkt in Zukunft ohne Nennung des Zusatzes "Kalb" zu verkaufen und ihr Fleisch statt dessen als "Bratwurst" oder "Grillwurst" anzubieten. Der amtliche Wurst-Report hält fest: "Offenbar wurde die von der Konsumentenschaft als Hinweis auf eine qualitativ hochwertige Wurstware eingestufte Auslobung 'Kalb-/Kalbfleisch' von vielen Betroffenen in erster Linie als umsatzförderndes Verkaufsargument verwendet."

Geduldige Lebensmittelprüfer

Am Kontrollbericht der Lebensmittelprüfer fällt die geduldige Schilderung auf. Obschon der Kanton Aargau das Kalbswurst-Segment seit sechs Jahren regelmässig prüft, liegt die Beanstandungsquote immer über 30 Prozent. Ebenso ging es "im Wesentlichen" um "die gleichen Mängel". Aus Konsumenten-Optik heisst dies: Die amtlichen Kontrollen entfalten kaum Wirkung auf die Branche.

Doch Albert Eugster, Leiter der Genanalytik des Aargauer Amtes für Verbraucherschutz, das in dieser Testreihe federführend war, widerspricht: "Dort, wo wir Kontrollen gemacht haben, tritt in den allermeisten Fällen eine Besserung ein. Deshalb untersuchen wir jedes Jahr andere Betriebe." Daraus kann geschlossen werden, dass die schwarzen Schafe der Branche offenbar nur dann lernfähig sind, wenn amtliche Kontrollen angesagt sind. Eugster dementiert nicht, dass sich die Lebensmittelprüfer in einem eigentlichen Hamsterrad befänden: "Es sieht so aus, dass wir die ganze Branche systematisch durchforsten müssen." Immerhin hätten die Grossverteiler die Vorschriften "besser im Griff als die Metzgereien".

8. September 2008


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/echo.gif

"Auf die Dauer hilft nur Power"

Noch immer werden Schweinigeleien im Lebensmittel- und Gastrobereich als eine Art "Kavaliersdelikt" betrachtet – völlig zu Unrecht, denn es geht um die Gesundheit von uns allen. Deshalb muss jetzt Druck auf die Politiker gemacht werden. Sie sind ja immer auf der Suche nach Themen. Also liebe Volksvertreter und -vertreterinnen: Nicht aus Angst vor den heissen Kartoffeln und heissen Würsten weiter wegschauen. Es muss in dieser Angelegenheit etwas geschehen, und zwar subito! Auf die Dauer hilft nur Power!


Pius Helfenberger, Münchenstein




"Scharze Schafe auch im Gastgewerbe"

Was Alexandra Nogawa anprangert, gilt auch für ein paar schwarze Schafe aus das Gastgewerbe, bei denen behördlicherseits unhygienische Zustände (um nicht einen bösen Ausdruck zu brauchen) festgestellt wurden. Diese "Gastronomen" verstecken sich hinter dem Schweigen der Behörden. Komisch nur, dass zum Beispiel KMUs oder andere als Umweltsünder frisch-fröhlich namentlich in den Medien herum gereicht werden. Wird da mit zweierlei Ellen gemessen? Und warum?


Bruno Heuberger, Oberwil




"Warum werden die Namen der Betrüger nicht genannt?"

So lange die Namen der Betriebe nicht veröffentlicht werden, die betrügen, so lange wird sich nichts ändern und die Kontrollen bleiben wirkungslos. Würden die Namen veröffentlicht, würden die Betrügereien blitzartig zurückgehen.

 

Man hat den Eindruck, dass von höchster Stelle Betrüger geschützt werden. Früher waren nämlich die Resultate öffentlich zugänglich, heute nicht mehr.


Alexandra Nogawa, Basel



Was Sie auch noch interessieren könnte

Ein Schweizer Vorzeige-Projekt:
20 Jahre "Obstgarten Farnsberg"

16. April 2024

Mit Birdlife-Projektleiter Jonas Schälle
unterwegs in einem Bijou der Biodiversität.


SVP BL vor Scherbenhaufen:
Wie konnte es so weit kommen?

12. April 2024

Alessandra Paone über die Gründe, die zu
den Zerwürfnissen in der Partei geführt haben.


Reaktionen

Eskalation bei der SVP: Fraktionschef Riebli abgesetzt

11. April 2024

Ab sofort leitet Reto Tschudin
die SVP-Fraktion im Baselbieter Landrat.


Reaktionen

Kantonsgericht Baselland:
Mitte droht leer auszugehen

9. April 2024

Freisinn kann sich bei der Ersatzwahl dank
Taktik und Zufall einen Vorteil erhoffen.


Reaktionen

Regierungsrat Mustafa Atici muss die Kritik ernst nehmen

7. April 2024

Kommentar von Jan Amsler und Alessandra Paone zur Regierungswahl in Basel-Stadt.


Mustafa Atici in die
Basler Regierung gewählt

7. April 2024

Der SP-Kandidat ist der erste Kurde in einer Kantonsregierung – Cramer wird Präsident.


Reizfigur Sarah Regez:
Gefahr eines Absturzes

6. April 2024

Peter Knechtli über die Kontakte
der SVP-Politikerin zu Rechtsextremen.


Reaktionen

Dominik Straumann tritt als SVP-Präsident zurück

2. April 2024

Vize Johannes Sutter soll übernehmen
und den Richtungsstreit beenden.


Kitas in Baselland: Personal und Eltern wandern in die Stadt ab

26. März 2024

Eine Kita-Allianz will verhindern, dass die Situation noch prekärer wird.


Reaktionen

Mustafa Atici und Luca Urgese
im grossen Streitgespräch

24. März 2024

Wie wollen die Regierungskandidaten
die Uni-Finanzierung sicherstellen?


Reaktionen

www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Wegen tiefer Pünktlichkeit der Eurocity-Züge von Mailand nach Bern und Basel werden ihre Fahrzeiten verlängert."

bz und CH-Media-Zeitungen
am 9. April 2024
in einem Untertitel
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wegen hoher Augenbrauen kommt dieser Satz jetzt im "Gelesen & gedacht".

RückSpiegel


Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung







In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).