Werbung

© Foto by Zukunft Möhlin
"ich wüsste nicht, welcher Bauer": Plakat-Präsenz der Umzonungsgegner

Zonen-Zoff im Drei-Kirchen-Dorf

In Möhlin sollen 12 Hektaren Ackerland zur Bauzone werden: Aus der Bevölkerung regt sich Widerstand


Von Peter Knechtli


Die Fricktaler Boom-Gemeinde Möhlin hat weiteren Wachstums-Hunger: Jetzt wehrt sich eine Bürger-Initiative gegen Pläne des Gemeinderates, 12 Hektaren neues Bauland einzuzonen. Ende Oktober entscheidet die Gemeindeversammlung über das Expansions-Projekt.


Die kämpferischen Plakate und Planen sind im ganzen Dorf unübersehbar: "Kein weiterer Verlust unseres Kulturlandes!", werben fette Lettern für ein "Nein zu noch mehr Bauland". Am 20. Oktober stimmt Möhlin über einen Plan ab, der das Gesicht der Boom-Gemeinde im unteren Fricktal mittel- bis langfristig deutlich verändern wird. 12 Hektaren Agrarland – davon zehn Hektaren Fruchtfolgeflächen – will der Gemeinderat in Bauland umzonen. Dadurch soll die 10'000-Seelen-Gemeinde allein in den nächsten zehn Jahren 2'000 zusätzliche Einwohner gewinnen.

SVP mit Stimmfreigabe

"Wir wollen ein kontrolliertes Wachstum in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren", begründet Gemeindeammann Fredy Böni das Projekt gegenüber OnlineReports. Die Absicht dahinter: Die Zuzüger sollen helfen, den kommunalen Schuldenberg von 30 Millionen Franken abzubauen. Dies, nachdem sich die Schulden im Jahr 1998 noch auf 60 Millionen Franken belaufen hatten.

Doch das Projekt ist stark umstritten: Im Drei-Kirchen-Dorf ist die Kirche in dieser Frage nicht im Dorf. Auch die SVP, die Partei des Gemeindeammanns, konnte sich nicht, wie sonst häufig üblich, auf die Seite ihres Dorfvaters stellen. Gestern Dienstagabend beschloss die SVP-Sektion Möhlin Stimmfreigabe. Grund: Bei den Bauern stösst die Bauzonen-Erweiterung auf Opposition.

"Zuzüger kosten mehr als sie bringen"

Die Landwirte sind in ihrem Widerstand nicht allein. Ende letzten Jahres entstand die Bürgerinitiative "Zukunft Möhlin", der neben Grünen und Sozialdemokraten auch "Angehörige quer durch alle Bevölkerungsschichten" angehören, wie Sprecher Adrian Baumgartner (Bild) gegenüber OnlineReports erklärte. Recherchen ergaben, dass die Kritik am Siedlungsprojekt bis ins mehrheitlich umzonungsfreundliche Gewerbe reicht.

Die Meinung der Umzonungsgegner, laut Adrian Baumgartner: "Erst sollen die bestehenden Landreserven aufgebraucht werden, bevor konzeptionslos versucht wird, Neuzuzüger anzusiedeln." Die Gegner, die von einem Umzonungstotal von über 20 Hektaren ausgehen (Böni: "Frei aus der Luft gegriffen"), befürchten, dass die 2'000 neuen Bewohner nicht jene mit hohem Steuerpotenzial sein werden und dass sie "unter dem Strich mehr kosten als sie bringen". Eine Expansion, so Baumgartner weiter, soll erst ins Auge gefasst werden, "wenn die nötigen Schulhäuser, Strassen, Kindergärten und Sportanlagen gebaut sind". Schon heute stünden "über hundert Wohnungen zur Vermietung oder zum Verkauf".

Nur eine Rache der SP?

Die Bürgerinitiative, der heute "weiter über hundert Sympathisanten" hat befürchtet denn auch, dass eine Umzonung der an der Peripherie gelegenen Gebiete eher "in die Schuldenfalle statt in die Schuldenfreiheit führt". Es sei "falsch, das gemeindeeigene Tafelsilber zu verscherbeln". Schon heute könne das 3,5 Kilometer lange Strassendorf den Verkehr oft nicht mehr schlucken, sagt Baumgartner. Die Parkhäuser seien "am Samstag jetzt schon voll".

Die weitere Folge der Überbauung von 12 Hektaren – so gross wie 15 Fussballfelder – sei, dass Möhlin insgesamt einen weiteren Bauern verliere. "Das stimmt nicht", kontert Gemeindeammann Böni, "ich wüsste nicht, welcher Bauer betroffen ist". Die Bauern seien vor allem deshalb gegen die Umzonung, weil sie "günstiges Pachtland von der Einwohnergemeinde" bewirtschaften könnten. Die Gegner ortet Böni vor allem um die SP, die in den letzten Kommunalwahlen "aus dem Gemeinderat geschickt" wurden". Grossräte seien bereits "unter Druck gesetzt" worden.

Hohe Bauqualität angestrebt

Dass die Umzonung aus einem "Flickenteppich" besteht, weist der höchste Möhlemer zurück: "Das ist absolut nicht der Fall. Wir haben ein räumliches Gesamtkonzept." Ebenso widerspricht er vehement der Meinung, neue Überbauungen zögen vor allem mittlere bis schwache Steuerzahler an. In allen vier Gebieten – "Breiti", "Eselacher", "Leigrube" und Bata-Areal – würden "Bauten mit sehr hoher Qualität angestrebt, das können wir steuern". Vielmehr könne bei einer Verknappung des Wohnangebots "die Gefahr von gewaltigen Verteuerungen" entstehen.

Kritiker werfen dem Gemeinderat vor, er ignoriere mit seinen Plänen die Ergebnisse der von 150 Teilnehmenden besuchten "Zukunftskonferenz" von 2007: Die überwiegende Mehrheit habe "Schluss mit dem ungebremsten Wachstum" gefordert. Gemeindeammann Böni sieht keinen Widerspruch: "Das geplante moderate Wachstum steht im Einklang mit der 'Zukunftskonferenz'." Selbst wenn die Einzonung gutgeheissen werde, könne die Gemeindeversammlung bei künftigen Bauprojekten mitreden, da sie gestaltungsplanpflichtig seien.

Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zur Abstimmung über die Einzonung kommen kann, ist der Entscheid des Aargauer Grossen Rates vom kommenden Dienstag, der die Reduktion der Fruchtfolgeflächen bewilligen muss. Dem Vernehmen nach hat die vorberatende Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV) die Einzonung des 4,5 Hektar grossen Gebietes "Eselacher" abgelehnt.

"Zukunft Möhlin" hat ihre Kritik schon im abgeänderten Dorfwappen grafisch umgesetzt: in einer hälftig amputierten Korngarbe.

15. September 2010

Weiterführende Links:


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)

Was Sie auch noch interessieren könnte

Kitas in Baselland: Personal und Eltern wandern in die Stadt ab

26. März 2024

Eine Kita-Allianz will verhindern, dass die Situation noch prekärer wird.


Reaktionen

Mustafa Atici und Luca Urgese
im grossen Streitgespräch

24. März 2024

Wie wollen die Regierungskandidaten
die Uni-Finanzierung sicherstellen?


Reaktionen

Regierung kontert den
Herr-im-Haus-Standpunkt

22. März 2024

Peter Knechtli zur Unterschutz-Stellung
der verwüsteten Sissacher Tschudy-Villa.


SP wirft Lauber missbräuchliche Budgetierung vor

20. März 2024

Minus von 94 Millionen: Baselbieter Regierung plant "Entlastungsmassnahmen".


Reaktionen

Was bedeutet der SVP-Streit
für die Büza?

12. März 2024

FDP und Mitte schätzen die Zusammenarbeit mit SVP-Chef Dominik Straumann.
 


Tschudy-Villa steht jetzt
unter Denkmalschutz

12. März 2024

Der Eigentümer muss das teils abgerissene Gebäude in Sissach wieder aufbauen.


Roger Blum wirft bz
Besprechungs-Boykott vor

8. März 2024

Relevante Ereignisse bleiben in Basler
Leitmedien immer häufiger unbeachtet.


Reaktionen

Zerwürfnis in
der Baselbieter SVP

7. März 2024

Präsident Dominik Straumann soll im April abgesetzt werden.


Bruderholz-Quartier blockiert Neubau der Tramstrecke

6. März 2024

Trotz Plangenehmigung kann das Projekt
nicht realisiert werden.


Reaktionen

Gemeindewahlen Baselland:
Niederlagen für den Freisinn

3. März 2024

In Waldenburg verpasst Gemeindepräsidentin Andrea Kaufmann die Wiederwahl. 


www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).