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"Parlament ist ökologischer geworden": Baselbieter Totalsanierungsgegner*

Die Mobilmachung gegen gefürchtete grüne Deponie-Initiativen

Komitee warnt vor jahrelangen Rechtsverfahren und wirbst für den Gegenvorschlag des Landrates


Von Peter Knechtli


Die beiden Initiativen der Baselbieter Grünen zur Totalsanierung und Überwachung der Chemie-Deponien in Muttenz haben zu einer gewaltigen gegenerischen Mobilmachung geführt: Das Nein-Komitee warnt vor jahrelangen Rechtsstreitigkeiten und möglichen massiven Konsequenzen für die Steuerzahler.


Es ist überhaupt keine Frage: Die von den Baselbieter Grünen lancierten Volksinitiativen zur Totalsanierung der drei Muttenzer Deponien "Feldreben", "Margelacker" und "Rothausstrasse" und zur Trinkwasserüberwachung auf Kosten der pharmazeutischen Firmen der Region Basel hat in politischen wie in Kreisen der Unternehmen beträchtliche Aufregung verursacht. "Wenn wir jetzt unsere Nein-Botschaft nicht ständig wiederholen und ans Stimmvolk herüber bringen, dann könnten beide Initiativen angenommen werden", meinte ein Gegner heute Mittwochmorgen am Rande einer Medienkonferenz in Liestal. Denn: "Wer will schon nicht sauberes Trinkwasser?"

Totalsanierung: Maximal 1,5 Milliarden Franken

Sauberes Trinkwasser will auch das Nein-Komitee, das die beiden Initiativen bekämpft, aber dem Gegenvorschlag des Landrates zum Durchbruch verhelfen will. "Wir haben das gleiche Ziel, wollen aber einen andern Weg dazu", sagte SP-Landrat Hannes Schweizer, Vizepräsident der landrätlichen Umwelt- und Energiekommission. Nach Meinung des Nein-Komitees bietet der Gegenvorschlag einen fairen Lösungsansatz: Über einen Runden Tisch sollen Pharmaindustrie, Bund, Kanton, und die Gemeinde sowie allfällig weitere Beteiligte eine "einvernehmliche Lösung" finden, die alle angemessen verpflichtet. Schon heute sei die Chemie "bereit, in einem Mass in einen Fonds einzuzahlen, das weit mehr ist als die gesetzliche Anforderung", sagte Schweizer weiter. Ausserdem sei das korrekte Vorgehen in der Altlasten-Verordnung verankert.

Die nichtformulierte Gesetzesinitiative dagegen verlangt dagegen, dass die Chemiefirmen die Kosten der Totalsanierung allein übernehmen. Dieser Lösungsansatz sei nicht nur "Etikettenschwindel" (so Komitee-Geschäftsführer und FDP-Landrat Christoph Buser), er sei den Pharmafirmen auch nicht zuzumuten. Denn beide Begehren, die der Landrat nur knapp als "rechtsgültig" eingeschätzt hatte, seien "bundesrechtswidrig", meinte der Jurist, Landrat und FDP-Fraktionspräsident Daniele Ceccarelli. Würde die Initiative angenommen, wäre das zu formulierende Gesetz aus diesem Grund "nicht anwendbar". Es treffe nicht zu, wie die Initiativen unterstellen, dass die Chemiefirmen die alleinigen Urheber der Verunreinigungen seien – im Gegenteil: Laut Abstimmungsvorlage stammten nur ein bis drei Prozent der Abfälle von der Chemie, der Rest sei Aushub, Bauschutt und Siedlungsabfälle. Es gehe deshalb nicht an, die Unternehmen vollständig in die Kostenpflicht – maximal 1,5 Milliarden Franken – zu nehmen.

De Courtens scharfe Attacke

Würde die Sanierungs-initiative vom Volk angenommen, käme es laut Ceccarelli zu einem Zeitverlust von "mindestens fünf Jahren", weil Rechtsverfahren der Unternehmen, aber auch der von Enteignung bedrohten Grundeigentümer bis vor Bundesgericht zu erwarten wären.

Eine scharfe Attacke gegen die Totalsanierungs-Befürworter ritt Landrat und SVP-Fraktionspräsident Thomas de Courten. "Polemik und Populismus", "Argumentationsnotstand" und "Horrorszenarien" warf er ihnen vor. Es sei unseriös, Chemiedeponien wie "Le Letten" (im nahen Elsass) oder jene von Kölliken in einem Atemzug mit den Muttenzer Deponien zu vermischen. Selbst Bruno Oberle, der Direktor des Bundesamtes für Umwelt, habe zwei von drei Deponien – "Margelacker" und "Rothausstrasse" – als "nicht sanierungsbedürftig" erklärt. De Courten kritisierte weiter "die pauschale Stigmatisierung der regionalen Life Sciences-Industrie".

"Gegenvorschlag ist starkes Signal"

CVP-Fraktionspräsidentin Elisabeth Schneider-Schneiter verwies auf die "Unvorstellbarkeit", wie durch eine Totalsanierung der Deponien 2,5 Millionen Kubikmeter Erdmaterial abtransportiert, gereinigt und wieder rückgeführt werden müssten. 250'000 Lastwagen würden während Jahren die Muttenzer Strassen verstopfen, meinte sie. So einfach, wie von den Grünen verlangt, sei ein Materialtransport über die Schiene nicht: "Ich zumindest kann mir dieses angebliche Förderband und diese Schienenschneise durch Muttenz nicht vorstellen."

Christoph Buser warb für ein Ja zum Gegenvorschlag, der eine "einvernehmliche und damit auch rasche Lösung" ermögliche. Kernpunkte einer darin geforderten Vereinbarung: Klares Bekenntnis zu wirkungsvollem Trinkwasser-Schutz und substanzielle Mitfinanzierung durch die Unternehmen sowie Bereitstellung eines Härtefallfonds für betroffene KMU, Haus- und Grundeigentümer. Die Initiativen schössen "weit über das Ziel hinaus", sagte Buser, "der Gegenvorschlag dagegen ist eine sehr starkes Signal an die Unternehmen".

Unterschiedliche Bewertungs-Schattierungen

Auffällig bei der Präsentation der Nein-Kampagne waren die deutlichen Nuancen in der Beurteilung der grünen Initiativen durch die bürgerlichen Parteien. Während etwa der Freisinnige Christoph Buser von einem "Kampf gegen Miss-Information" sprach ("Initiative ist sehr geschickt formuliert, gaukelt aber vor, was nicht ist"), zeigte sich die CVP-Politikerin und künftige Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter auffällig moderater: "Die Initiativen sind gut, um die Diskussion in Gang zu bringen. Ohne Gegenvorschlag wären wir ein grosses Risiko eingegangen. Insofern müssen wir den Grünen dankbar sein." Der Gegenvorschlag belege, "dass das Parlament grüner geworden" sei, glaubt Schneider.

Noch grosse Unklarheit herrscht über die Initiative "für eine unverzügliche und nachhaltige Lösung des Altlastenproblems", die ein bürgerliches Komitee um FDP-Nationalrat Hans Rudolf Gysin vergangene Woche eingereicht hatte und die im Wesentlichen dem Wortlaut des Gegenvorschlags entspricht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie sich im Gesetzgebungsverfahren nach einem allfälligen Volks-Ja zur Totalsanierung nochmals als Gegen-Waffe erweisen könnte.

 

* von links: Elisabeth Schneider-Schneiter, Thomas de Courten, Christoph Buser, Daniele Ceccarelli, Hannes Schweizer

5. Mai 2010


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