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"Wir fordern Mitentscheidung": Basler Stadternährungs-Aktivisten

Stadt-Essen ist auf der Polit-Agenda von Elisabeth Ackermann

Erster Austausch unter Interessenten: Was Guy Morin in Mailand zu Papier brachte, soll tatsächlich aus dem Boden spriessen


Von Monika Jäggi


Seit der frühere Basler Regierungspräsident Guy Morin in Mailand glamurös einen "Pakt für städtische Ernährungspolitik" unterschrieben hatte, blieb es ruhig. Doch jetzt kommt Bewegung in die Sache: Das Präsidialdepartement erkundete in Workshops die Interessen zahlreicher Akteure. Die Ergebnisse sollen die Basis für politisches Handeln werden.


Wie sollen sich die Städte zukünftig mit Lebensmitteln versorgen? Wie sicherstellen, dass dies im Sinne der Nachhaltigkeit geschieht? Dies ist keine Frage der Zukunft, sondern ein Thema, das auch Basel direkt betrifft.

2015 unterzeichnete der damalige Regierungspräsident Guy Morin den "Milan Urban Food Policy" Pact – zu deutsch das "Mailänder Abkommen über städtische Ernährungspolitik". Die Idee hinter dem abstrakten Begriff ist ganz handfest: Die Städte sollen ihre Verantwortung wahrnehmen und ihre Ernährungssysteme nachhaltig gestalten. Sie sollen dafür die Akteure aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Forschung einbinden.

Das Abkommen ist auch eine Wegleitung, die den unterzeichnenden Städten aufzeigt, wie sie ein nachhaltiges Ernährungssystem, von Produktion und Transport zu Verpackung und Lagerung über Konsum und Entsorgung, realisieren können. Konkret werden dazu 37 Massnahmen-Vorschläge, verpackt in sechs thematische Pakete für die Bereiche "Rahmenbedingungen", "nachhaltige soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit", "Lebensmittelproduktion", "Lebensmittelversorgung und -verteilung" sowie "Lebensmittelabfälle", aufgeführt.  

Von der Theorie in die Praxis

Jetzt will das Präsidialdepartement unter der Leitung von Barbara Alder, Chefin der Fachstelle Grundlagen und Strategien, und Projektleiterin Stefanie Kaiser das Abkommen umsetzen. Einen ersten Anlass als Initialzündung besuchten vor einer Woche im Gebäude des Baudepartements an der Dufourstrasse Teilnehmende aus den Bereichen Lebensmittel und Ernährung. Sie reagierten auf eine Online-Umfrage unter mehr als hundert Organisationen aus Gesellschaft, Wirtschaft und Forschung im Bereich Lebensmittel und Ernährung.

Basierend auf dem Mailänder Abkommen wurden die Organisationen gefragt, wo sie ihren Beitrag zu einem nachhaltigen Ernährungssystem Basel sehen und wo Handlungsbedarf bestehe. Die Rücklaufquote betrug knapp 60 Prozent. "Interessant war", so Stefanie Kaiser, "dass alle teilnehmenden Organisationen Handlungsbedarf in allen Bereichen erkannt haben."

Arbeitsgruppen setzten Prioritäten

Ziel der Veranstaltung war es, 15 der 37 Vorschläge aus dem Abkommen – sie wurden vorgängig von einer interdepartementalen Arbeitsgruppe ausgewählt – zu priorisieren. In Arbeitsgruppen gewichteten Teilnehmende vier Thesen: wie die regionale Lebensmittelproduktion sichtbar gemacht werden könnte, die Reduktion der Lebensmittelabfälle, die Förderung des nachhaltigen Konsums und die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure im Bereich Lebensmittel.

"Diese Priorisierung dieser Themen ist für uns eine sehr gute Grundlage, um an den Thesen weiter zu arbeiten", betonte Alder gegenüber OnlineReports. "Wir kennen nun die Erwartungen der Teilnehmenden an die Verwaltung." Auch sei es wichtig, Handlungsbedarf und den Handlungsspielraum des Kantons zu erkennen und seine Rolle im Prozess hin zu einer kantonalen Ernährungspolitik zu definieren.

Gute Voraussetzungen für Basel

Am Anlass wurde deutlich, dass in Basel ein grosses Potenzial schlummert. Immerhin gibt es im Kanton acht Bauernhöfe mit einer Landfläche von zusammen 500 Fussballfeldern und rund 5'700 Familiengärten. Auch eine andere Zahl lässt aufhorchen: Rund 13'000 Personen oder sieben Prozent der Bevölkerung sind in Basel-Stadt im Lebensmittelbereich tätig. Dazu kommen unzählige private Einzelinitiativen und Projekte in allen Bereichen von Ernährung und der Lebensmittelproduktion.

Auch wenn die lokale Ernährungspolitik im noch kein grosses Thema ist, sind laut Kaiser einige Vorschläge des Abkommens in Basel bereits umgesetzt. So schlägt das Abkommen vor, Städte sollen den Landzugang und -besitz für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion in urbanen und stadtnahen Gebieten sichern. Dazu gehören auch Land für Gemeinschaftsgärten und deren Integration in Nutzungs- und Stadtentwicklungspläne.

"Dies ist mit der Annahme des Gegenvorschlags zur Familiengarteninitiative bereits geschehen", so die Projektleiterin". 80 Prozent der bestehenden Gärten seien dadurch ebenso geschützt wie laut kantonalem Richtplan das Landwirtschaftsgebiet, das rund zehn Prozent des Kantonsgebiets umfasst. Weiterer Handlungsbedarf bestehe diesbezüglich somit nicht.

Warnung vor zu hohen Erwartungen

In einem nächsten Schritt wird das Präsidialdepartement prüfen welche der am Netzwerk-Event bevorzugten Vorschläge von der Verwaltung realistischerweise umgesetzt werden können. "Alle Massnahmen können wir nicht realiseren," dämpft Alder zu hohe Erwartungen. Nachhaltigkeit liege auch in der Verantwortung jedes Einzelnen. Wichtig sei, dass die Beteiligten über die Sparten hinweg ins Gespräch gekommen seien, erklärt die Fachstellenleiterin.

Alder zieht ein positives Fazit der Veranstaltung: "Mit der guten Dynamik, die sich während der Veranstaltung entwickelt hat, werden wir das Abkommen voranbringen", ist sie überzeugt. "Wir werden auf den bestehenden Initiativen aufbauen können." Dass sich so viele Leute an einem Abend aufgemacht haben, um über Ernährung zu diskutieren, zeige, dass das Thema viele betreffe und dass es ein Anliegen sei.

Staat sollte Initiativen fördern

Isidor Wallimann, der Präsident des Vereins "Urban Agriculture Basel", begrüsste die Veranstaltung. Allerdings hegt er die Befürchtung, dass die Verwaltung zu fest vom Abkommen selber ausgehe. "Meiner Meinung nach hat sich die Verwaltung zu wenig mit Ernährungspolitik und Ernährungsstrategien befasst, wie sie beispielsweise in Städten wie Seattle oder Vancouver bereits umgesetzt werden."

Auch genügt ihm die reine Befragung von Akteuren nicht: "Wir fordern Mitbestimmung, Mitgestaltung und Mitentscheidung." Ein unabhängiger Ernährungsrat, der sich aus den verschiedensten Stakeholders zusammensetze und die Verwaltung und den Grossen Rat berate, könnte diese Funktion einnehmen.

Esther Schreier, Vertreterin von "Bioterra Basel", lobt den Anlass. Er zeige, dass junge Initiativen wie "Food Sharing", "Basel unverpackt", "Basel vegan" oder "Frisch & Regional" bereits einige wichtige Vorschläge des Mailänder Pakts umsetzten und damit gesellschaftliche Verantwortung übernähmen. Deshalb sollte ihre Arbeit "vom Präsidialdepartement unterstützt und gefördert werden".

Dieser Beitrag war dank des OnlineReports-Recherchierfonds möglich.

31. Oktober 2017

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Veranstaltungs-Hinweis

 

Ein zärtlicher Irrsinn

Nach achtjähriger Abwesenheit kehrt Avery Sutton mit seiner Verlobten Gillian zu seiner Familie zurück. Was von da an passiert, muss man gesehen haben.

Mit "37 Ansichtskarten" von Michael McKeever winkt den Zuschauerinnen und Zuschauern eine zauberhaft schwarze Komödie mit berührenden Momenten und angenehmer Unterhaltung. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Vorverkauf hier:
www.theater-rampenlicht.ch

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

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ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

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Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

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Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

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