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"Ich beziehe klar Position": Wahlkämpferin Martina Bernasconi
Eine Frau gibt Gas: Regierungsrats-Kandidatin Martina Bernasconi
Die Grünliberale geht selbstbewusst – und weiter blickend – in den entscheidenden Wahlgang gegen Favorit Lukas Engelberger (CVP)
Von Peter Knechtli
Die grünliberale Basler Grossrätin Martina Bernasconi geht mit gesteigerter Angriffslust in den zweiten Regierungs-Wahlgang gegen CVP-Favorit Lukas Engelberger. Wie auch immer die Wahl ausgeht: Mit ihr wird auch in Zukunft zu rechnen sein.
Wir sitzen in einem Garten-Café und Martina Bernasconi sprüht vor Energie. Am Tisch (nach aussen!) angelehnt ist ihr Wahlplakat im Weltformat. Sie bringt es nachher einem engen Verwandten im noblen Basler Gellert-Quartier vorbei. Er ist LDP-Mitglied, hat ihr aber angeboten, die Affiche vor's Fenster zu hängen.
Die 49-jährige GLP-Politikerin sieht darin ein Beispiel ihrer überparteilichen Akzeptanz. Von bürgerlichen Parteien und Verbänden sei sie "gut empfangen" und "willkommen geheissen" worden. Zwar habe das Publikum "nach aussen" grossmehrheitlich für Konkurrent Engelberger votiert, doch glaubt Martina Bernasconi, dass einige Redner "dann mich gewählt haben".
Chancen seien "50 zu 50"
Im ersten Wahlgang letztes Wochenende erzielte sie 35 Prozent der Stimmen – weit mehr, als sie offenbar selbst erwartet hatte. Jedenfalls meinte sie beim Verlassen des Rathauses aus einer Mischung von Übermut und Ernst zu OnlineReports: "Ich bin die nächste Basler Gesundheitsdirektorin." Immerhin hatte auch ihr Konkurrent Engelberger das Absolute Mehr nicht erreicht, aber doch beruhigende 41,6 Prozent der Stimmen. "Meine Chancen stehen jetzt 50 zu 50", meint sie optimistisch – offensichtlich immer noch beflügelt von den vielen Stimmen, die sie ausserhalb des beschränkten Kreises ihrer Grünliberalen Partei (GLP) errungen hatte.
Wenn sie den wertkonservativen Christdemokraten aber schlagen will, muss sie massiv mobilisieren können. Denn darauf wird es am 22. Juni ankommen, wenn einzig ein kantonaler Wahlgang und keine zusätzlich belebenden Abstimmungen angesetzt sind.
Aus ihrem Schatten getreten
Ohne Frage ist Martina Bernasconi im Kampf um die Nachfolge von Gesundheitsdirektor Carlo Conti (CVP) aus ihrem eigenen Schatten getreten: unbeschwert, leichtfüssig, meist gut gelaunt und lachend, gesprächig, aber auch aufmerksam zuhörend, modern – und einer Mitte-Partei angehörend, die oft als Zünglein an der Waage zwischen Links- und Rechtsmehrheit entscheidet. Das trägt ihr rechts den Ruf ein, eher links, und links den Ruf, eher rechts zu sein. Dabei vertrete sie, wie in der Finanzpolitik, "sehr viele bürgerliche Positionen", sagt das frühere Mitglied der linken "Frauenliste".
Ihren politischen Gegner Lukas Engelberger sieht Martina Bernasconi da schon ganz anders positioniert: In den verbleibenden Wochen wolle sie ihn entlarven gesellschaftskonservativen Politiker, der bisher "nicht Farbe bekennen wollte" und "fast keine Angriffsflächen bot". Engelberger, so Bernasconi, habe trotz seines fast jugendlichen Alters "eine Einstellung, als sei er in den sechziger Jahren sozialisiert worden".
Die Sezierung des politischen Gegners
Er sei in Wahrheit noch konservativer als bisher allgemein angenommen. So habe er sich explizit "gegen die Homo-Ehe" und gegen die Initiative "Basel erneuerbar" ausgesprochen, nach der ab 2050 sämtliche Energie-Anwendungen auf Kantonsgebiet vollständig mit erneuerbaren Energieträgern betrieben werden sollen. In Widersprüche verwickle er sich auch, wenn er in seinem Wahlprogramm "Forschung und Innovation" mit höchster Priorität gewichte. Wie er Stammzellenforschung und Reproduktionsmedizin, ja gar die Perspektive eines "künstlichen Menschen" mit seinem christlich-konservativen Weltbild vereinbare, sei ihr schleierhaft: "Ich frage mich, wie er diese Diskrepanz aushält."
Martina Bernasconi attestiert Engelberger, ein "guter Sachpolitiker" zu sein. Doch anders als er beziehe sie "klare Postion": Ja zum Claraturm, Ja zu Quoten in verwaltungsnahen Verwaltungsräten, Ja zur Homo-Ehe, Ja zu privatwirtschaftlich betriebenen interdisziplinär arbeitenden Quartier-Gesundheitszentren, Nein zum Gripen.
Wie wählen die Linke und die SVP?
Den Stimmen-Rückstand will die Grünliberale – als Tochter einer Fricktaler Apothekerin und eines Tessiners "ganz konservativ sozialisiert" – wettmachen, indem sie in Riehen, einem Stimmen-Schwachpunkt, starke Präsenz markieren, die "leeren" Stimmen für sich gewinnen und vor allem ihre bisherigen Wählerinnen und Wähler erneut an die Urne bewegen will. Überdies will sie versuchen, bisherige Engelberger-Wähler "abzuwerben".
Die grosse Frage ist, ob es unter den Wählenden von Rot-Grün und SVP zu inoffiziellen Absprachen kommt. Die SP hat zwar der Anspruch der CVP auf einen Regierungssitz ausdrücklich anerkannt. Ob aber die Genossen auch stramm wertkonservativ wählen, ist ebenso unbekannt wie die Frage, wie sich das SVP-Elektorat verhält: Die Partei tritt zum zweiten Wahlgang nicht mehr als und gibt – eine deutliche Spitze gegen die CVP – keine Wahlempfehlung ab, nachdem ihr erfolgloser Kandidat Eduard Rutschmann im ersten Wahlgang offensichtlich fast nur eigene Parteistimmen abbuchen konnte. Setzt die SVP mit einer taktischen Wahl Bernasconis die CVP unter Druck, bei den Gesamterneuerungs-Wahlen ohne Wenn und Aber mit ihr zusammen zu spannen?
Hirnschub auf dem Tret-Gerät
Anzumerken ist Martina Bernasconi der vergangene Wahlkampf kaum: "Ich bin ein Energie-Mensch, deshalb mache ich so viel Sport." Wenn sie zu hartem Sound in die Pedalen tritt, verhilft ihr das zu einem "Hirnschub", wie sie sagt. "Wenn mein Puls auf 180 ist, kann ich am besten denken." Ganze Briefe und Tagesplanungen seien das geistige Ergebnis ihrer Tret-Session. Kein Wunder fährt sie konsequent Elektro-Velo im Umkreis von 15 Kilometer um Basel. Tram und Bus mag sie wegen der Druggedde nicht. Mit ihrem "Hybrid Honda Insight" spuhlt sie jährlich nicht mehr als fünftausend Kilometer ab.
Ob ihr die Sensation gelingt, Favorit Engelberger zu schlagen, ist für Bernasconi nicht zukunftsentscheidend. Ihr Fokus geht weiter, wie sie ungeschminkt einräumt: Ihr nächstes Ziel wäre der Nationalrat, wobei sie in ersten Linie den Sitz von Markus Lehmann angreifen würde. 2011 belegte sie hinter David Wüest-Rudin den zweiten Platz. Schliesslich mag sie nicht ausschliessen, dass sie dank wachsendem Bekanntheits-Bonus zu den Gesamterneuerungs-Wahlen 2016 erneut für den Regierungsrat antreten wird, das Plazet der Partei vorausgesetzt.
Geplant: "ein Hammer"
Vorerst aber will sie noch einige als Wahlkämpferin "Gas geben". Während Lukas Engelberger mit neuem Plakat antritt, aber weiterhin "Burger für Bürger" brät, wollen sich die Grünliberalen beim bisherigen Plakat bleiben, sich aber mit einer Aktion in Szene setzen, die Martina Bernasconi noch nicht verraten will. Nur soviel: "Wir planen einen Hammer."
Sagt's – und macht sich mit ihrem Wahlplakat davon.
21. Mai 2014
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