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"Das würde mich reizen": Basler Bildungs-Stratege Eymann
Universität-Streit: "Baselland soll Gast-Status im Hochschulrat erhalten"
Der Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann über seine Nationalrats-Ambitionen, den Uni-Streit mit Baselland und ein Leben jenseits der Politik
Von Peter Knechtli
Nachdem das Baselbiet keinen Sitz im Schweizerischen Hochschulrat erhielt, will ihm Bundesrat Johann Schneider-Ammann jetzt einen Gast-Status zugestehen. Dies erklärt der liberale Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann im OnlineReports-Interview. Darin äussert er sich weiter über die schwierige Lage im Baselbiet, über sein Leben als Politiker und seinen Wunsch, als Nationalrat nach Bern zurückzukehren.
OnlineReports: Herr Eymann, welches waren heute Morgen* Ihre Gefühle, als Sie aufstanden und wussten: Die Pflicht ruft?
Christoph Eymann: Positiv. Ich habe am Morgen ein Ritual. Zwischen 6.10 und 6.20 Uhr steige ich auf die Dachterrasse hier im Erziehungsdepartement und mache am selben Ort zwei, drei Beweglichkeits-Übungen mit dem Schultergelenk und mit dem Kopf. Dabei schaue ich über die Stadt – vom Rheinhafen bis zum Wasserturm. Das geht zwei, drei Minuten. Darauf freue ich mich.
OnlineReports: Wie hält es ein Frühaufsteher aus, Tag für Tag Sitzungs-Terminen nachzujagen im Bewusstsein, dass damit selbstbestimmte Lebenszeit daraufgeht?
Eymann: Diese dauernde Fremdbestimmtheit – und dies in einer grossen Dichte – ist vor allem für das Familienleben belastend. Das gibt mit oft ein schlechtes Gewissen.
OnlineReports: Sie sind jetzt 64-jährig und könnten sich auf ein unbeschwertes, finanziell abgesichertes Leben als Pensionär einrichten.
Eymann: Das ist so, aber ich fühle mich gesund. Wenn ich auch weiterhin gesund und skandalfrei bleibe, möchte gern noch etwas unternehmen. Zum Beispiel ein Mandat im Bundesparlament.
OnlineReports: Sind Sie ein Süchtiger – ein Politik-Süchtiger?
Eymann: Nein, so kann man es nicht sagen. Aber ich gebe mir Mühe, meine Arbeit einigermassen unverkrampft zu machen. Was ich hier als Regierungsrat machen darf, das gehört nicht mir, sondern das ist mir anvertraut. Da ist auch eine gewisse Demut vor dem Amt inbegriffen.
OnlineReports: Nun wollen Sie aber Ihrem Regierungs-Amt noch ein Nationalrats-Mandat oben drauf setzen – weshalb?
Eymann: Ich durfte im Kanton eine riesige politische Erfahrung gewinnen. Die jetzt auf Bundesebene in einem ähnlichen Bereich einzubringen, würde mich reizen.
"Auf meinen Vorstoss hin kam die
'Nachhaltigkeit' in die Bundesverfassung."
OnlineReports: Sie waren schon von 1991 bis 2001 Nationalrat. Waren Sie dabei so erfolgreich, dass Sie an die Zeit anknüpfen wollen – oder so erfolglos, dass Sie nun Ihre Berner Zeit zu einem erfolgreichen Ende führen möchten?
Eymann:
Ich könnte jetzt erfolgreicher sein mit meinen gewonnenen Beziehungen im Kanton, in andern Kantonen und in der Eidgenossenschaft. So gesehen hätte ich als Nationalrat heute eine bessere Ausgangsbasis als 1991.
OnlineReports: Hat Ihnen die Wahl zum Präsidenten der Erziehungsdirektoren-Konferenz neue Lust auf die eidgenössische Bühne geweckt?
Eymann:
Das ist durchaus so. Es bedeutet für mich wo etwas wie eine Sauerstoff-Zufuhr, wenn man mit Personen wie Bundesrat Johann Schneider Ammann im direkten Kontakt sein kann.
OnlineReports: Welches war damals Ihr grösster Erfolg im Nationalrat?
Eymann:
Es war meine Motion, die dazu führte, das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Bundesverfassung zu verankern. Dazu beigetragen hat auch die vom damaligen Ciba Geigy-Präsidenten Alex Krauer angestossene "Vision 2000".
OnlineReports: Was möchten Sie nun – 16 Jahre später – in Bern vordringlich erreichen?
Eymann: Aufgrund meiner jetzigen Tätigkeit halte ich eine Bildungsoffensive für dringend nötig. In einer Zeit der bedauernswerten Deindustrialisierung müsste unser Land zwingend mehr in Wissen und Bildung investieren. Da können wir konkurrenzfähig sein mit Ländern, die enorme Anstrengungen unternehmen, wie Singapur, Schanghai, Korea. Wenn wir uns nicht weiter entwickeln, laufen die uns früher oder später den Rang ab.
"Auch ich habe von Falkenstein
und Cramer auf dem Radar."
OnlineReports: Würden Sie sich der "Parlamentarier-Gruppe Region Basel" um SVP-Nationalrat Sebastian Frehner anschliessen?
Eymann: Ich habe zu politischen Gruppierungen wenig Berührungsängste. Wenn sie gute Themen bearbeitet, würde ich dort selbstverständlich mitmachen.
OnlineReports: Wie kann die Region Basel in Bern mehr Einfluss gewinnen, dessen Mangel seit Jahrzehnten beklagt wird?
Eymann: Ich habe dafür kein Patentrezept. Es ist aber eine Illusion zu glauben, dass die zwölf Nationalrats- und zwei Ständerats-Mitglieder aus den beiden Basel für die Region viel herausholen können. Man sollte hier nicht zu stark in Selbstmitleid machen. Im Steuer-Streit um den EuroAirport oder bei der Hafenfinanzierung wurden wir vom Bund gut unterstützt. Aber es gibt einzelne grosse Themen, die gezielt bearbeitet werden sollten. Ich denke etwa an die Angebote des öffentlichen Verkehrs.
OnlineReports: Angenommen, Sie würden den liberalen Nationalrats-Sitz zurückgewinnen – würden Sie dann als Regierungsrat zurücktreten?
Eymann: Nein, ich würde bleiben. Es wären dann etwa noch 14 Monate Doppelmandat – und das traue ich mir auch zu. Es ist gesetzlich möglich, dass ein Basler Regierungsrat gleichzeitig auch dem Nationalrat angehören darf.
OnlineReports: Das heisst, Sie wollen die laufende Legislaturperiode als Regierungsrat so oder so zu Ende führen?
Eymann: Ich halte mich daran, was ich schon bei meiner Wiederwahl sagte: Dies ist meine letzte Amtszeit als Regierungsrat, die Ende Januar 2017 ausläuft.
OnlineReports: Falls es in der Ständeratswahl überraschend zu einem zweiten Wahlgang kommen sollte – wären Sie bereit, anzutreten?
Eymann: Da erwischen Sie mich jetzt. Das habe ich mir tatsächlich noch nie überlegt. Freihändig skizziert: Es spricht einiges dagegen.
OnlineReports: Sie werden aber grosses Interesse daran haben, dass Ihre Partei, die Liberalen LDP, weiterhin in der Regierung vertreten sind.
Eymann: Das ist so. Das ist mit ein Grund, dass wir jetzt auch in den Nationalratswahlen ein gutes Ergebnis erzielen und dafür sorgen, dass die LDP im Gespräch und auf Augenhöhe mit andern Parteien bleibt – oder sogar an Stärke zulegt.
OnlineReports: Soll eine Frau oder ein Mann Ihre Nachfolge antreten?
Eymann: Da bin ich offen. Wir haben von beiden Geschlechtern valable Kandidaturen.
OnlineReports: Nach unserer Einschätzung kommen nur die derzeitige LDP-Kantonalpräsidentin und Ihre frühere Lebenspartnerin Patricia von Falkenstein und Grossrat Conradin Cramer für eine potenzielle Nachfolge in Frage.
Eymann: Ohne dass ich hier Königinnen- oder Königsmacher sein will: Diese beiden habe ich auch auf meinem Radar.
OnlineReports: Cramer wie von Falkenstein teilen Ihr liberales Kredo, Ihr ökologischer Fussabdruck scheint uns aber etwas stärker zu sein.
Eymann: In den neunziger Jahren wurde ich sehr geprägt durch den Basler Tropenwaldschützer Bruno Manser und durch die Erkenntnis, dass sich die Wirtschaft nicht davon dispensieren kann, ihren Beitrag zur Erhaltung der Mitwelt zu leisten. Patricia von Falkenstein könnte auf der andern Seite in Familienfragen und Conradin Cramer für rechtliche Fragestellungen mehr Strom abgeben als ich.
"Das Ziel, dass wir gemeinsame
Schulen haben, ist nun gefährdet."
OnlineReports: Sensibel sind Sie mit Sicherheit für Bildungsfragen, in denen Basel-Stadt eng mit Baselland zusammenarbeitet. Wie beurteilen Sie die aktuelle bildungspolitische Debatte im Baselbiet?
Eymann: Ich bin dankbar, dass wir in Basel-Stadt keine Tendenzen haben, Bildung zum Spielball der Politik zu machen. Die Unterstützung von der SVP über die SP bis zum Grünen Bündnis für unsere Schulreformen sind für mich ein Geschenk. Unsere Lehrerschaft arbeitet auch kritisch mit, aber wir haben miteinander einen ganz andern, konstruktiven Ton. Es gibt, anders als im Baselbiet, keinen Zulauf zu Komitees, mit denen dann vor den Wahlen Zufälligkeiten entstehen, wer jetzt mit wem für und gegen was ist ...
OnlineReports: ... aber wo liegt das Problem im und mit dem Baselbiet?
Eymann: Ich bin hier bewusst zurückhaltend, will es aber dennoch sagen. Wir hatten vereinbart, dass wir dieselben Schulen haben werden. Dieses Ziel ist nun gefährdet, wenn sich die Fächer-Zusammensetzung in der Stundentafel verändern sollte. Da wünsche ich mir, dass das auch im Baselbiet vorhandene Sach- und Fachwissen nicht zurückgedrängt wird.
OnlineReports: Wie geht Basel-Stadt mit Sammelfächern um?
Eymann: Wir lösen es in Basel-Stadt so, dass wir die Fächergruppen befürworten, den Lehrerinnen und Lehrern ohne die entsprechende Ausbildung aber die Freiheit geben, Fächer pro Schulhaus getrennt zu unterrichten. So können wir ganz viel Aufregung vermeiden. Das wünsche ich mir für die Schule, denn sie braucht Ruhe, um sich entwickeln zu können.
OnlineReports: Ist diese Ruhe im Baselbiet gestört?
Eymann: Ja. Da bleibt kein Stein auf dem andern. Ich stelle auf schweizerischer Ebene Bedauern mit dem früheren Baselbieter Bildungsdirektor Urs Wüthrich fest, weil in den langwierigen Debatten gar nie klar wurde, was er anders hätte machen müssen. Darunter leidet am Ende des Tages die Schule.
OnlineReports:
Wie erleben Sie denn jetzt ihre neue Baselbieter Amtskollegin Monica Gschwind, die doch deutlich konservativere Schwerpunkte setzt als ihr Vorgänger und eine zurückhaltende Position einnimmt?
Eymann: Die Zurückhaltung kann ich nachvollziehen, da Frau Gschwind erst seit Juli im Amt ist. Das Problem ist aber, dass sie sich im Wahlkampf sehr prononciert zu Themen geäussert hat, zu denen sie jetzt eine Lösung bringen muss. Das wird jetzt – je nach Standpunkt – mit Interesse oder mit Häme beobachtet.
OnlineReports: Letzten Donnerstag beschloss die bürgerliche Mehrheit des Landrates, dem Bildungsrat die Kompetenz zu entziehen, über den "Lehrplan 21" abschliessend zu entscheiden und Sammelfächer einzuführen. Ist das klug?
Eymann: Nein, ich finde das nicht klug. Hier wird mit dem Bildungsrat eine Fach-Instanz ausgehebelt, die über die Inhalte befinden muss. Es gab im Baselbiet auch schon den erfolglosen Versuch, dass der Landrat über die Lehrmittel entscheiden soll. Wenn das Parlament so direkt in die Umsetzung der Bildungspolitik eingreift, schafft dies immer politische Lager, die ein Interesse daran haben, dass ein Vorschlag scheitert. Das ist eine Verpolitisierung von wesentlichen Teilen des Bildungssystems. In den Bildungs- oder Erziehungsräten hingegen sind die Partei-Grenzen nicht spürbar. Es ist jammerschade, dass dieses Gremium im Baselbiet entmachtet wird.
"Die Bildungspartei FDP und die CVP
laufen der SVP hinterher."
OnlineReports: In der Baselbieter Bildungspolitik hat offensichtlich die SVP die Führungsrolle übernommen.
Eymann: Am deutlichsten und sehr befremdend kam dies für mich zum Ausdruck, als beim SVP-Vorstoss zur Kündigung des Universitäts-Vertrags die klassische Bildungspartei FDP – von zwei Ausnahmen abgesehen – und die CVP der SVP hinterher liefen. Dass diese beiden Parteien bezüglich Bildungsförderung ihre Eigenständigkeit aufgaben, war für mich sehr überraschend.
OnlineReports: Sind "Harmos" und "Lehrplan 21" in ihrer landesweiten Durchdringung auf Dauer zu verhindern?
Eymann: Nein. Ob man nun, wie im Baselbiet, aus dem "Harmos"- Konkordat austreten will, ist gar nicht so entscheidend. Der im Jahr 2006 angenommene Bundesverfassungs-Artikel gibt vor, wo harmonisiert werden muss. Das muss erfüllt werden und gilt auch für den "Lehrplan 21". Wer, wie das Baselbiet, den "Lehrplan 21" aufheben will, kann das tun – muss sich aber bewusst sein, dass dann eigene Lehrmittel geschaffen werden müssen. Und ein Lehrmittel kostet heute mehr als eine Million.
OnlineReports: Die Landrats-Mehrheit beschloss am 10. September, den Universitäts-Vertrag mit Basel-Stadt zu kündigen und die Trägerschaft neu zu verhandeln. Die Regierung beschloss schon zuvor, 25 Millionen Franken einzusparen. Wie kam dieser Entscheid bei Ihnen an?
Eymann: Ganz schlecht. Durch die vom Baselbiet vor Unterzeichnung des Universitäts-Vertrags stark betonte partnerschaftliche und paritätische Trägerschaft müsste Basel-Stadt den Betrag ebenfalls um 25 Millionen Franken reduzieren. Zusammen mit ausbleibenden Drittmitteln fehlten am Schluss 60 bis 70 Millionen Franken. Das sind zehn Prozent des Budgets, was nicht verkraftbar ist.
OnlineReports: Was war es konkret, das Ihnen sauer aufstiess?
Eymann: Dass die Zahl von 25 Millionen Franken kommuniziert wurde. Diese Zahl setzt beide Basler Regierungen unter Druck. Sie löste zudem bei der Universität Verunsicherung aus, was nicht zu unterschätzen ist. Denn die Uni ist laufend damit beschäftigt Top-Personal auszuschreiben, und da spricht sich schnell herum, wie stabil eine Trägerschaft ist.
"Höre ich in die Basler Parteien hinein,
mahnt man uns zur Härte."
OnlineReports: Wenn auf einen Schlag 70 Millionen Franken fehlten – was bedeutete dies für die Universität?
Eymann: Es müssten relativ aufwendige Einheiten geschlossen werden, die diese Spar-Dimension erreichen lassen. Man darf die 555-jährige Universität nicht so behandeln, wie dies die Baselbieter SVP-Landräte Weibel und Kämpfer derzeit tun.
OnlineReports: Diese Politiker vertreten die Auffassung, den grossen Profit aus der "Universität Basel" ziehe Basel-Stadt. Baselland sei nicht einmal Hochschulkanton. Die Parität in der Trägerschaft drücke sich nur im Bezahlen aus.
Eymann: Es ist fast alles falsch, was die Herren behaupten. Wir haben die Bezeichnung "Universität beider Basel" in den Verhandlungen mit Baselland gemeinsam geprüft und dabei festgestellt, dass "Universität Basel" eine Marke ist, die in allen Publikationen steht. Wir kamen zum Schluss, dass es ein Schaden für die Universität wäre, wenn nun plötzlich "Universität beider Basel" verwendet würde. Dann müssten wir wieder bei Null beginnen.
OnlineReports:
Das Baselbiet bleibt, wie letzten Februar beschlossen, aus dem Hochschulrat ausgeschlossen.
Eymann: Dennoch hat Universitäts-Präsident Ueli Vischer bei Bundesrat Johann Schneider-Ammann nochmals einen Vorstoss unternommen, um dem Baselbiet wenigstens schon einen Gast-Status zu geben. Vor wenigen Tagen haben wir nun erfreulicherweise erfahren, dass Schneider-Ammann als Präsident des Hochschulrats dem dreiköpfigen Präsidium die Gewährung des Gast-Status für das Baselbiet beantragen will.
OnlineReports: Den Baselbietern fehlt derzeit immer noch ein Uni-Standort.
Eymann: Man muss die Gründe erkennen, weshalb. Im Jahr 2007 wurden im Baselbiet fünf Standorte evaluiert, wobei der Standort Muttenz in den Vordergrund rückte. Der wurde dann aber still beerdigt. Wir hörten nicht einmal mehr davon. Es gab auch einen Standort-Vorschlag für das Institut für Sport und Sportwissenschaften im Raum "Schänzli". Den lehnte die Gemeinde ab.
OnlineReports: Wenn aus dem Baselbiet Millionen für die Universität und Kulturinstitutionen versiegen: Würde dann Basel-Stadt einspringen für die fehlenden Beträge?
Eymann: Höre ich in die Basler Parteien hinein, mahnt man uns eher zur Härte, jetzt nicht einfach für das Baselbiet in die Lücke zu springen. Die Universität geriet somit in eine Art Geiselhaft.
"Die Wirtschafts-Offensive riskiert,
das Naheliegende zu vernachlässigen."
OnlineReports: Immerhin sind die Kosten der Uni in der letzten Jahren sehr stark angewachsen.
Eymann: Quantitativ und qualitativ, das stimmt. Aber jetzt ist sie mit 13'000 Studierenden an einer Grösse angelangt, die so bleiben dürfte. Ausserdem befinden wir uns mit dem "Life Sciences Campus" dort, wo die Universität Zürich in 17 Jahren sein wird. Hier entsteht ein Cluster von gigantischem Wert, der auch in den Innovationspark in Allschwil ausstrahlen wird. Wenn man dort jetzt sparen will, dann weiss ich schlicht nicht, wo das Baselbiet hin will. Man macht eine Wirtschafts-Offensive und riskiert, das Naheliegende zu vernachlässigen.
OnlineReports: Die beiden Regierungen haben sich vor ein paar Tagen zu einer ersten Aussprache getroffen. Wie war die Stimmung?
Eymann: Die Stimmung war sehr sachlich. Wir mögen uns ja als Kantone, die eine so enge Beziehung zueinander haben wie keine andern in der Schweiz. Auf beiden Seiten besteht der Wille, das Beste aus der Situation zu machen.
OnlineReports:
Herr Eymann, können Sie sich auch ein Leben jenseits der Politik vorstellen?
Eymann: Das wird mich irgendwann einholen. Mich reizt, die Schweiz noch etwas näher zu erleben. Dann werde ich mir ein General-Abonnement kaufen, um 5 Uhr statt auf die Dachterrasse in den Zug steigen und um 9 Uhr auf der Piazza in Ascona einen Kaffee trinken. Zudem werde ich mir sicherlich die Mitgliedschaft in der Allgemeinen Lesegesellschaft erwerben, in jenen wunderbaren Räumlichkeiten die Zeitungen lesen und dann im "Schiesser" einen Kaffee trinken.
* Das Interview fand am 25. September am Sitz des Basler Erziehungsdepartementes statt.
27. September 2015
Weiterführende Links:
"Derart klare und konstruktive Worte"
Selten erhalte ich als Leser von einem Politiker derart klare und konstruktive Worte zu lesen. Es ist ungemein beruhigend, wenn sich politische Grössen wie Christoph Eymann für die Bildung in diesem Masse einsetzen. Egal, welcher politischer Couleur die Gesprächspartner aufweisen, scheint es Herrn Eymann um die Sache an sich zu gehen. So sollen Politiker gestrickt und nicht verstrickt sein. Herzlichen Glückwunsch für diese klaren und hoffungsvollen Worte zugunsten eines effizienten und enorm wichtigen Bildungsauftrages. Wer bei der Bildung sparen will, kann sich auch eine bessere Zukunft sparen.
Christian Wehrli, Basel
"Danke für ausserordentliches Engagement"
Was für ein ausgezeichnetes Gespräch können wir hier lesen. Offen, klar, die Sache benennend und fair. Schon bald nach Beginn seiner Zeit als Regierungsrat war mir klar: So einen Erziehungsdepartements-Vorsteher braucht die Basler Schule. Es war mir gegönnt in den rund 35 Jahren einige Persönlichkeiten an diesem Posten zu erleben.
Einen der Sätze aus diesem Interview möchte ich hervorheben. "Die Schule braucht Ruhe, um sich entwickeln zu können." Dem ist dank der sehr aufwendigen Schulreform jedoch schon länger nicht mehr so. Wann war's eigentlich das letzte Mal ruhig um die Schule? Ich bin zwar seit 5 Jahren pensioniert. Meine Nachfragen bei noch aktiven Kolleginnen und Kollegen stimmen mich sehr fragend, wie es der Schule heute denn so gehe.
Sehr geehrter Herr Eymann, Sie haben kurz nach Amtsantritt veranlasst die Befindlichkeit der BS-LehrerInnen zu ergründen. Auf Grund dieser Befindlichkeitsstudie, durchgeführt von der Universität Zürich, wurden zwei zentrale Organe eingerichtet: Die LehrerInnen-Beratungsstelle und die Krieseninterventions-Stelle. Das hat die Qualität der Basler Schulen mit einem Mal in nicht leicht erreichbarem Mass gestärkt.
Ob das die sehr aufwendige Schulreform auch leisten wird, ist recht unsicher. Ich bin kein Gegner von Schulreformen, die von den Lehrkräften getragen werden, ganz im Gegenteil. Wir haben längst vor dem Beginn der Integration in den öffentlichen Schulen, schulleistungsschwächere und körperlich behinderte SchülerInnen in der durch Eltern und LehrerInnen gegründeten "Freien Volksschule Basel-Stadt" in die Regelklasse aufgenommen.
Doch da liegt heute eines der grossen Probleme in der Schul-Landschaft. Es gibt keine gelingende Integration in einem selektiven Schulsystem. Das ist ein unauflösbarer und leicht verstehbarer, pädagogischer Widerspruch.
Es scheint mir Zeit, zum Abschluss Ihrer so geschätzten Tätigkeit als Regierungsrat, wieder eine derartige Befindlichkeits-Studie durchzuführen. So haben nicht nur Sie einen Nachweis, wo die Basler Schule heute steht, sondern gleich auch Ihre Nachfolgerin, Ihr Nachfolger Klarheit, was die Schule braucht.
Ich möchte mich bereits jetzt bei Ihnen herzlich für Ihr ausserordentliches Engagement bedanken und Ihnen für Ihr letztes Amtsjahr viel Erfolg wünschen. Es ist mir klar, dass die Schulreform ein schweizweites Unternehmen ist und dadurch träge, nicht leicht veränderbar. Doch gerade das braucht die Schule, bewegliche Strukturen, die von den LehrerInnen, ihren pädagogischen Intentionen entsprechend, angepasst werden können. Denn Bildung ist im Grunde ein sehr privates Geschehen. Die Schule ist genau so gut wie ihre Lehrer. Die Strukturen können sie dabei etwas behindern oder eben unterstützen, doch das Zentrale liegt in der Befindlichkeit der LehrerInnen!
Viktor Krummenacher, Bottmingen
"So besonnen"
Wenn nur mehr Politiker so besonnen denken und handeln würden!
Christoph Schwegler, Arlesheim