Werbung

© Foto by OnlineReports.ch
"Fussball zum Monster gemacht": Begeisterung im Basler St. Jakobs-Park

Harte Kritik an Kosten-Explosion der Euro 08

Trotzdem stimmte der Baselbieter Landrat dem Projektierungskredit von knapp 360'000 Franken zu


Von Peter Knechtli


Mit ausgesprochener Lustlosigkeit stimmte der Baselbieter Landrat heute Donnerstagmorgen dem Projektierungskredit von 358'000 Franken für die Durchführung der Fussball-Europameisterschaft 2008 in Basel zu. Doch die Privatisierung der Gewinne und die Verstaatlichung der Verluste stiess über alle Parteigrenzen auf massive Kritik.


Es war keineswegs eine schwärmerische Debatte über die drittgrösste Fussballveranstaltung der Welt, die in gut zwei Jahren auch in der Region Basel Gastrecht geniesst. Über weitere Strecken bekannte sich der Landrat als hilf- und einflussloser Debattierclub. Zur Diskussion stand ein Projektierungskredit von 358'000 Franken, wie er in gleicher Höhe auch schon vom Basler Grossen Rat gutgeheissen wurde.

Kostenverteilung "grenzt an Erpressung"

Das Baselbieter Kantonsparlament nahm den Kreditantrag zum Anlass, seine Freude über den bevorstehenden Grossanlass und seine touristischen Perspektiven auszudrücken. Deutlicher als die Freude allerdings war über die Parteigrenzen hinweg die Frustration über die aus dem Ruder gelaufenen Kosten und die völlig unverbindlichen Finanzkalkulationen spürbar, die scheinbar "mit einem vorsintflutlichen Rechenschieber" (so SP-Sprecherin Bea Fuchs) angestellt worden seien. Wie Karl Willimann (SVP), Präsident der vorberatenden Kommission, bekannt gab, hatten SVP und Grüne wegen ungenügender Information gar Nichteintreten beantragt, was die Kommission jedoch ablehnte. Laut Willimann zieht Basel-Stadt als Austragungsort aus der Veranstaltung "qualitativ viel grössere Vorteile", was sich auch in der bikantonalen Kostenverteilung niederschlagen müsse. Der Sprecher zeigte sich auch davon überzeugt, dass "Tausende Fans ohne Ticket anreisen werden".

Wie ein roter Faden zog sich die Sorge, sich in ein finanzielles Abenteuer mit unabsehbaren Folgen einzulassen, durch die Debatte. "Die Uefa hat Einnahmen von über einer Milliarde Franken - den Dreck, den Lärm und das Verkehrs-Chaos müssen wir tragen", kritisierte die Sozialdemokratin Bea Fuchs und stellte zuhanden der bevorstehenden Verhandlungen mit Bund und Veranstaltern den Antrag, dass die dem Kanton überwälzten Nettokosten zehn Millionen Franken nicht übersteigen dürften. "Fairplay", so die Sprecherin, "gilt auch bei der Verteilung der Kosten". Die Art, wie die Kantone zu Geldzahlungen verpflichtet werden, "grenzt schon fast an Erpressung", rief SD-Landrat Rudolf Keller aus.

Künftig "präventive Opposition"

Umstritten war aber erwartungsgemäss auch schon jener Teil des Projektierungskredites, der für regionales Standortmarketing und Tourismuswerbung vorgesehen ist. Ernst Wüthrich (SVP) verlangte, den Anteil von 241'000 Franken zu streichen (mit 42 zu 29 Stimmen bei drei Enthaltungen abgelehnt) oder allenfalls Basel-Stadt zwei Drittel der Projektierungskosten übernehmen zu lassen, was mit 56 zu 21 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt wurde.

SP-Fraktionschef Ruedi Brassel sprach von der Paradoxie der "Freizeit- und Erlebnisgesellschaft", der nun am Beispiel der Euro 08 die Kosten und Folgen der Grossanlässe aufgebürdet werden sollen. In ähnlichen Fällen werde er sich künftig auf "präventive Opposition" einstellen, um sich ähnlichen Finanzierungszwängen zu widersetzen. Sein Fraktionskollege Robert Ziegler, der die SVP-Haltung unterstützte, bezeichnete das Standort-Marketing als "Phantom", das "völlig überschätzt" werde. Ihm wurde aus der eigenen Partei entgegnet: "Wir haben doch als Fernseh-Konsumenten den Fussball zum Monster gemacht." Die Grüne Madeleine Goeschke warnte, dass in Basel "viel mehr Hooligans erwartet werden müssen als bei der WM in Portugal". Zudem könne die regionale Bevölkerung kaum auf Eintrittskarten zählen; vielmehr müsse sie sich mit Grossleinwänden begnügen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die öffentliche finanzielle Beteiligung in einzelnen Kantonen noch zu Volksabstimmungen führe, hiess es weiter.

Unkritische Freisinnige

Keine kritischen Töne waren aus der FDP-Fraktion zu hören. Ihre Sprecherin Eva Gutzwiller begründete die Zustimmung zum Kredit mit dem Argument, das Baselbiet könne nur als gleichwertiger Partner von Basel-Stadt "mit dem nötigen Gewicht mitreden". Jacqueline Simonet als Sprecherin der CVP/EVP-Fraktion gab ebenfalls Zustimmung zur Vorlage bekannt, forderte aber, dass der Verteilschlüssel der Sicherheitskosten neu ausgehandelt werde. Auch der Grüne Jürg Wiedemann verlangte, dass auch die Uefa einen "angemessenen Teil" der schweizweit mit 182 Millionen Franken bezifferten Kosten übernehmen müsse. EVP-Vertreter Thomi Jourdan warnte davor, zu glauben, die "Marke Basel" bleibe dem internationalen Publikum haften. "Was in Erinnerung bleibt, ist die Marke Schweiz." Das derzeitige Finanzgerangel bezeichnete Jourdan "schlicht als Katastrophe".

Sportdirektor Urs Wüthrich (SP) versuchte, die Depression aus dem Landrat zu vertreiben. Die sportliche "Riesen-Party mit Langzeit-Wirkung" werde ein "sicheres, fröhliches und umweltverträgliches" Ereignis werden. Die Projektorganisation sei "auf Kurs". Eine möglichst klare Zustimmung zum Projektierungskredit, so der Regierungsrat, "stärkt uns den Rücken für Verhandlungen mit Bund und Verbänden". So deutlich, wie sich Wüthrich wünschte, war die Meinung des Landrates aber nicht. Der Antrag der SP, die Nettokosten dürften zehn Millionen nicht übersteigen, scheiterte mit 43 zu 30 Stimmen. Höchstens lauwarme Begeisterung und Frustration über finanzielle Sachzwänge drückte sich mit 45 Ja zu 27 Nein bei 6 Enthaltungen auch in der Schlussabstimmung aus.

Sie fand um drei vor zwölf statt.

26. Januar 2006


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)

Was Sie auch noch interessieren könnte

Kitas in Baselland: Personal und Eltern wandern in die Stadt ab

26. März 2024

Eine Kita-Allianz will verhindern, dass die Situation noch prekärer wird.


Reaktionen

Mustafa Atici und Luca Urgese
im grossen Streitgespräch

24. März 2024

Wie wollen die Regierungskandidaten
die Uni-Finanzierung sicherstellen?


Reaktionen

Regierung kontert den
Herr-im-Haus-Standpunkt

22. März 2024

Peter Knechtli zur Unterschutz-Stellung
der verwüsteten Sissacher Tschudy-Villa.


SP wirft Lauber missbräuchliche Budgetierung vor

20. März 2024

Minus von 94 Millionen: Baselbieter Regierung plant "Entlastungsmassnahmen".


Reaktionen

Was bedeutet der SVP-Streit
für die Büza?

12. März 2024

FDP und Mitte schätzen die Zusammenarbeit mit SVP-Chef Dominik Straumann.
 


Tschudy-Villa steht jetzt
unter Denkmalschutz

12. März 2024

Der Eigentümer muss das teils abgerissene Gebäude in Sissach wieder aufbauen.


Roger Blum wirft bz
Besprechungs-Boykott vor

8. März 2024

Relevante Ereignisse bleiben in Basler
Leitmedien immer häufiger unbeachtet.


Reaktionen

Zerwürfnis in
der Baselbieter SVP

7. März 2024

Präsident Dominik Straumann soll im April abgesetzt werden.


Bruderholz-Quartier blockiert Neubau der Tramstrecke

6. März 2024

Trotz Plangenehmigung kann das Projekt
nicht realisiert werden.


Reaktionen

Gemeindewahlen Baselland:
Niederlagen für den Freisinn

3. März 2024

In Waldenburg verpasst Gemeindepräsidentin Andrea Kaufmann die Wiederwahl. 


www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).