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"Wie ein Karabinerhaken": Staatliche Kulturpolitiker Marti, Ullrich, Wüthrich

Gemeinden werden stärker in die Kultur-Pflicht genommen

Der Baselbieter Regierungsrat Urs Wüthrich legt kurz vor den Sommerferien das kantonale Kulturleitbild vor


Von Peter Knechtli


Die Baselbieter Gemeinden sollen sich für Kultur stärker engagieren und vernetzen. Dies ist die konkreteste Botschaft des Kulturleitbildes, das heute die Bildungs-, Kultur und Sportdirektion vorlegte. In Vorbereitung ist auch ein kantonales Kulturfördergesetz.


Zunächst hatte der Versuch, eine eigenständige Baselbieter Kulturpolitik auf gesetzlicher Grundlage zu formulieren, Schiffbruch erlitten: Die bürgerliche Mehrheit des Landrates wies im November 2009 nach einer emotionalen und teils volkstümlichen Debatte einen Gesetzesentwurf der Regierung zurück. In die Debatte mischte sich ein teils antibaslerischer und lokalchauvinistischer Reflex: die Angst, dass Baselbieter Millionenbeträge nach Basel-Stadt flössen, während die traditionelle ländliche Dorf- und Volkskultur im Landkanton darunter darben müsse.

Gleichtags aber reichten die Fraktionen von FDP, SVP und CVP eine Motion ein, die ein "Kulturleitbild Baselland" verlangte, um zu erkennen, in welche Richtung die staatliche Kulturpolitik und Kulturförderung künftig gehen wird. Der Vorstoss enthielt auch die Feststellung, dass sich eine Gesellschaft über Kultur definiere und dass Kultur die "Quelle von Identität und Kreativität" sei.

Konzept "zu früh angekündigt"

Den staatlichen Kulturmanagern kann nicht der Vorwurf gemacht werden, sie hätten den parlamentarischen Auftrag nicht ernst genommen. Vor zwei Jahren veranstalteten sie in Liestal an verschiedenen Schauplätzen eine "Tagsatzung", an der amtlichen Konzepter und Subventionsverteiler alles an Wünschen, Sachverhalten, Vorschlägen und Jammer aus dem kulturellen Leben des Kantons aufnahmen, was es vorzutragen galt.

Nur: Mit dem immer wieder angekündigten Kulturleitbild als Basis und Denkanstoss für ein Kulturgesetz wollte es nicht vorwärts gehen – aus welchen Gründen auch immer. "Wir haben nicht zu lange gearbeitet, höchstens zu früh angekündigt", gab sich Kulturdirektor Urs Wüthrich an einer Medienkonferenz heute Mittwoch zurückhaltend selbstkritisch. Dem Vernehmen nach soll der Leitbild-Entwurf nämlich längst vorgelegen haben.

Leitbild von dem Sommerschlaf

Dass die staatlichen Kultur-Verantwortlichen das 54 Seiten-Dokument nun einige Tage vor Beginn des politischen Sommerschlafs vorgelegt haben, kann kaum mit dem Bestreben erklärt werden, darüber nun eine lebhafte Nachtagsatzungs-Debatte loszutreten. Viel eher scheint es das Bedürfnis gewesen zu sein, dem parlamentarischen Auftrag gewissenhaft und umfassend nachzukommen. Jedenfalls müssen die personellen Ressourcen beträchtlich sein, die in die Erarbeitung dieses Leitbildes investiert wurden.

Wer sich in den umfangreichen Text vertieft, stellt allerdings fest, dass das Papier keine starken visionären Züge und Forderungen enthält, sondern über weite Strecken unkritisch den Bestand an reichhaltigen urbanen bis mikrokommunalen Kultur-Angeboten erfasst und dokumentiert, Vergleiche mit andern, ähnlich gelagerten Kantonen anstellt und daneben eine unübersehbare Portion Selbstdarstellung und etwas Selbstlob enthält. Ob es Aufgabe des Veranstalters ist, seine "Tagsatzung" in einem Leitbild als "einmalig" zu rühmen, ist ebenso fraglich wie der Glaube, mit der Auflistung der Kulturpreisträger einen Erfolgsnachweis erbringen zu müssen.

Bekenntnis zu "Vielfalt und Partnerschaft"

Das Leitbild – das fünfte innerhalb der letzten 25 Jahre – ist so angelegt, dass Veranstalter und potenzielle Gesuchsteller aus vielen Worten möglichst wenig Ansätze zur Rechtfertigung von Partikularinteressen ableiten können. Ebenso verzichtet es, um sich nicht später darauf behalten lassen zu müssen, auf eine Prioritätenordnung. Vielmehr ist es ein "Bekenntnis zu Vielfalt und Partnerschaft", das nicht zwischen urbaner und ländlicher Kultur unterscheidet, weil diese Unterscheidung so gar nicht vorgenommen werden kann.

Hingegen geht es darum, die staatliche Kulturpolitik als eine Strategie der Regierung "wie mit einem Karabinerhaken" (so Wüthrich zu OnlineReports) abzusichern: "Trotz Kostendruck konnte in den letzten Jahren ein gewisses Wachstum erzielt werden." Die sieben Leitlinien – Pflege und Bewahrung, Förderung, Unabhängigkeit, Vermittlung und öffentlichen Stellenwert, Austausch und Partnerschaft, Gemeinschaft, Standort und Ökonomie – und Prinzipien weichen nicht massgeblich von der bisherigen Politik an.

Mehr kommunales Engagement gefordert

Doch in einem Punkt hat das Leitbild konkreten politischen Biss: Das kulturelle Engagement der Gemeinden halte sich "materiell sowohl gegen innen als auch gegen aussen in Grenzen. Dabei wäre Kulturpolitik eine klar definierte kommunale Aufgabe – auch über die eigenen Grenzen (...) hinaus". Niggi Ullrich, Leiter von Kulturelles.bl und massgeblich an der Erarbeitung des Leitbildes beteiligt: "Dieser Mechanik müssen wir das Wort reden." Nach der verlorenen Volksabstimmung über eine Erhöhung der Baselbieter Subvention an das Theater Basel – so steht es im Leitbild – "wurde die längst fällige Diskussion über die Verantwortlichkeit der Gemeinden im Umfeld der Stadt Basel neu lanciert, aber nicht zu Ende geführt". So klare, in die Zukunft gerichtete Worte haben im Leitbild Seltenheitswert.

Dafür formuliert es Leitlinien und Prinzipien, Kriterien und Konditionen; ebenso nennt es Prioritäten und Programme für einen Zeithorizont von fünf Jahren.

Gesetz noch dieses Jahr ins Parlament

Eine grosse Debatte dürfte dieses Leitbild nicht auslösen. Vielmehr soll es nun mit dem Kulturförderungsgesetz vorwärts gehen. Im Spätsommer soll der Entwurf in die Vernehmlassung gehen, die Beratungen im Landrat sind auf Spätherbst terminiert. Darin sollen, wie im Leitbild deutlich wird, auch die Gemeinden in die Pflicht genommen werden. Darüber, so viel steht heute schon fest, wird hingegen noch intensiv diskutiert werden.

19. Juni 2013

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"Bereits ein Comic-Strip"

Das 5. Leitbild in 25 Jahren? Technisch gesehen ist das bereits ein Comic-Strip.


Urs Eberhardt, Antibes F




"Kunst will nicht geleitet werden"

"Kultur kennt keine Grenzen – schon gar keine Kantonsgrenzen". Kulturschaffende und Zuschauer kommen von hüben und drüben. Allein das Wort "Leitbild" ist falsch. Kunst will nicht geleitet oder gegängelt werden, sondern sich frei entfalten und grenzenlos arbeiten können. Das einzige was es braucht, ist ein "Subventionskonzept".


Peter P. Bauer, Basel



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Veranstaltungs-Hinweis

 

Ein zärtlicher Irrsinn

Nach achtjähriger Abwesenheit kehrt Avery Sutton mit seiner Verlobten Gillian zu seiner Familie zurück. Was von da an passiert, muss man gesehen haben.

Mit "37 Ansichtskarten" von Michael McKeever winkt den Zuschauerinnen und Zuschauern eine zauberhaft schwarze Komödie mit berührenden Momenten und angenehmer Unterhaltung. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Vorverkauf hier:
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"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).