Frühlingsrolle: Kaiserlich in Hué
Als kulinarisches Paradies auf Erden wurde an dieser Stelle schon verschiedentlich China deklariert. Mit einigen Wenn und Aber. De Gustibus, nicht wahr, non est disputandum.
Zu den Wenn und Aber für meinen mit Mehlsuppe und Zwiebelwähe verwöhnten Basler Gaumen gehören nicht zuletzt Indien, Thailand, Italien und natürlich Frankreich. Das ultimative Wenn und Aber jedoch ist Vietnam. Kein Wunder, teilt doch das südliche Nachbarland Kultur und eine nicht immer glückliche Geschichte mit dem Reich der Mitte. Noch heute beklagen sich Vietnamesinnen und Vietnamesen über die "tausendjährige Besetzung" durch den grossen Nachbarn. Allerdings ist das schon über tausend Jahre her.
In der Tat. Von 111 vor unserer Zeit bis Anno Domini 938 war der Norden des heutigen Vietnam integraler Bestandteil des chinesischen Kaiserreiches. Der Widerstand der Viets und der unbändige Freiheitswille jedoch durchzieht die vietnamesische Geschichte wie ein roter Faden bis auf den heutigen Tag. Die Chinesen versuchten es immer wieder, zuletzt 1979 mit einem "Straf-Feldzug", nachdem die Vietnamesen in Kambodscha die mörderischen Roten Khmers durch eine Invasion vertrieben hatten.
Ähnlich wie den Chinesen ging es im 20. Jahrhundert nacheinander den Japanern, den französischen Colons und schliesslich den Amerikanern während des Vietnamkrieges, den die Vietnamesen den "amerikanischen Krieg" nennen. Kurzum, die Vietnamesen und Vietnamesinnen sind stolz, patriotisch doch – im Unterschied zu den Chinesinnen und Chinesen – nie chauvinistisch.
Mit der Kultur freilich, der Schrift zunächst mit eingeschlossen, hat Vietnam auch das Kulinarische vom Nachbarn übernommen. Und, ähnlich wie in kulturellen Belangen, verändert, verfeinert, mit einem Wort: vietnamisiert. Die besten Nudeln auf der Welt – Italien und China eingeschlossen – gibt es in Hanoi. Finde ich. Das gleich lässt sich von der unübertrefflichen Nudelsuppe Pho sagen. Pho fast so gut wie in Hanoi habe ich nicht etwa in Saigon oder Danang sondern in New York und, jawoll, in Estaveyer-le-Lac (beim Chinesen, der mit einer Vietnamesin verheiratet ist) gekostet.
Hier aber soll von einem kaiserlichen Gericht geschwärmt werden. Nachdem die vietnamesichen Könige im Laufe der Jahrhunderte auch den Süden bis ins Mekong-Delta erobert hatten, wurde nach einer Zeit der Teilung das Land 1804 unter der Nguyen-Dynastie wiedervereinigt. Der Titel in westlichen Sprachen hiess nicht mehr König sondern Kaiser, weil die Nguyens von Anfang an mit den Franzosen, damals dem Kaiser Napoleon I, nahe standen.
Im Zeitalter des Kolonialismus und Imperialismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kolonisierte die damals auftstrebende Industriemacht Frankreich, angetrieben von Kaiser Napoleon II, Vietnam. Von Hanoi aus regierte ab 1887 ein Gouverneur französisch Indochina, bestehend aus Cochinchine, Annam, Tonking (das heutige Vietnam) sowie Kambodscha und Laos.
Die vietnamesischen Kaiser regierten von ihrer neuen Hauptstadt Hué
aus, bauten nach dem Muster Pekings einen eigenen Kaiserpalast. 1884 wird Vietnam Protektorat, drei Jahre später wird Indochina endgültig zur Kolonie. Der vietnamesische Kaiser war nurmehr Galionsfigur. Der letzte Kaiser Bao Dai – ohnehin meist in Frankreich an der Côte d'Azur – dankte am Ende des II. Weltkrieges 1945 ab. Der Revolutionär und Nationalkommunist Ho-Chi-Minh ruft die Unabhängigkeit aus, die er in einem grausamen Unabhängigkeitskrieg verteidigte. Dien Bien Phu 1954 wurde zum Fanal. Die Franzosen mussten an der Genfer Indochina-Konferenz die Niederlage eingestehen.
In Hué entfaltete sich der kaiserliche Hof seit Beginn des 19. Jahrunderts in aller Pracht. Küche inklusive. Kaiserliche Küche in Perfektion wird heute im "Ancient Hué" nahe dem Parfum-Fluss zelebriert. Chefkoch Nguyen Van Long (Bild), gefragt nach seinem Lieblingsgericht, zögert nicht lange. Es ist die Hué-Frühlingsrolle.
Hier das Rezept von Meister Nguyen – e Guete!
Hué-Frühlingsrolle
Zutaten (für 4 Personen):
• 12 Scheiben Reispapier (erhältlich in Asiatica Geschäften in der Schweiz)
• 120 Gramm Gehacktes vom Schwein
• 12 Shrimps (geschält, aber mit Schwanz)
• 10 Gramm gehackter Knoblauch
• 15 Gramm gehackte Schalotten
• 5 Gramm Hühner-Pulver
• Etwas Salz, Zucker, Pfeffer, Muskatnuss
• Fein gehackter Ingwer
• 1 Eigelb
• Elephantenohren-Pilze
Zubereitung:
Elephantenohren-Pilze 15 Minuten in heisses Wasser legen. Danach in Streifen schneiden. Shrimps Schälen, aber Schwanz dran lassen.
Gehackets Schweinefleisch mischen mit Pilzen, Salz, Pfeffer, Zucker, Muskatnuss, Knoblauch, Hühner-Pulver, Ingwer und Schalotten. 10 Minuten ruhen lassen. Auf rundes Reispapierblatt die Füllung legen, Shrimp mit Schwanz nach aussen drauflegen, falten. Danach an den Enden mit Eigelb bepinseln.
Öl im Wok oder der Bratpfanne erhitzen. Frühlingsrollen drei bis fünf Minuten bei 150 Grad im Oel braten bis sie goldbraun sind. Servieren am besten mit vietnameischer Fischsauce (in der Schweiz erhältlich in Asienmärkten) oder Soyasauce.
21. November 2011
"Seichte Berichterstattung"
Peter Achten soll doch lieber ueber China berichten als so oberflaechliches Zeug ueber Vietnam zusammenschustern Dieser Bericht entbehrt jedwelchiem journalistischen Qualitaetsverstaendnis. Ich kenne Hue und die Gastronomie-Szene und ich bin enttaeuscht von dieser seichten Berichterstattung.
Alfred Wilhelm Meier, Phnom Penh