Werbung

Peter Achten: Brief aus ...

<< [ 1 | (...) | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 | 30 | (...) | 59 ] >>

... Bandung: Moralfreie Geschichte

Die Fahrt von der indonesischen Hauptstadt Jakarta nach Bandung ist heute weniger mühsam als noch vor zehn Jahren. Eine Autobahn in die Hochebene der Parahayangan-Berge zur Provinzhauptstadt von Java Barat (Westjava) ist schon fast fertig gestellt. Mit dem Zuge reist der Kluge natürlich noch bequemer und schneller nach Bandung,

Bandung hat einen klangvollen Namen: Stadt der Blumen. Zur Zeit der holländischen Kolonialherren wurde die Stadt im milden Bergklima 1920 Hauptquartier der Streitkräfte. Offenbar hielten die niederländischen Militärs das feucht-heisse Tropenklima in Batavia (heute Jakarta), der damaligen Hauptstadt von Niederländisch-Indien, nicht mehr aus. Bandung entwickelte sich schnell und machte sich unter den Ausländern wegen des europäischen Ambiente mit dem Boulevard Jalan Brage bald einen Namen als "Paris des Ostens". Viele der damals entstandenen prächtigen Kolonialbauten im Art-Déco-Stil sind noch heute zu bewundern. Wirtschaftlich freilich spielte Bandung in der Vulkan-Region schon im 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle, vor allem als Zentrum prosperierender Kaffee-, Tee- und Chinarinden-Plantagen.

Heute ist Bandung eine moderne Grossstadt mit einer Elite-Hochschule für Technologie. Deshalb haben sich in Bandung neben der Textil- und Lederwarenindustrie auch die Maschinenindustrie und Produktionsstätte für Flugzeugbau etabliert. Wie viele Einwohner Bandung genau zählt, ist wie in andern indonesischen und südostasiatischen Staaten schwer auszumachen. Offiziell erscheint Bandung nach der Hauptstadt Jakarta auf der Insel Java und Medan auf Sumatra mit 2,7 Millionen Einwohnern als drittgrösste Stadt Indonesiens in der Statistik. "Vermutlich sind es weit über drei Millionen", sagen übereinstimmend zwei befragte Taxichauffeure und der Beamte in der Stadtverwaltung, Abteilung Statistik.

Bandung hatte in meinen Ohren schon immer einen ganz besondern Klang. Die Bandung-Konferenz von 1955 nämlich mit den legendären Politikern Nehru, Tschou En-lai, Sukarno und Nkrumah versuchte mit einer "Bewegung der Blockfreien" mitten im Kalten Krieg eine neue Ordnung zu etablieren zwischen dem von der Sowjetunion bestimmten kommunistischen Osten und dem von den USA angeführten demokratischen Westen. An dieser Konferenz wurde erstmals der noch heute gebräuchliche Begriff "Dritte Welt" als Abgrenzung zur Ersten Welt (der industrialisierte Westen) und der Zweiten Welt (Ostblock) in die Politik und Medien eingeführt.

Die Absichten der Staatsführer aus Asien und Afrika, die mehr als die Hälfte der Menschheit vertraten, waren gewiss ehrenwert, denn sie forderten eine neutrale Haltung zwischen Ost und West, Unabhängigkeit für unterdrückte Völker, Durchsetzung der Menschenrechte, Abrüstung und Atomwaffen-Verbot sowie Entwicklungshilfe. Doch die in Bandung feierlich beschworene Solidarität hielt in der Schwarz-Weiss-Welt des Kalten Krieges nicht lange. Kein Jahrzehnt später inszenierte Sukarnos Nachfolger, General Suharto, ein Pogrom gegen die in Indonesien zum Teil seit Generationen ansässigen Chinesen. Hunderttausende starben. Offizieller Vorwand: Kampf gegen den Kommunismus. Die Bewegung der Blockfreien war tot.

Mit Staunen und - obwohl als Journalist ziemlich abgebrüht - auch mit ein wenig Ehrfurcht stehe ich im Konferenzsaal und versuche mich an jener Jahre des Aufbruchs der Dritten Welt zu erinnern. Die nüchterne Erkenntnis: Hehre Ideale sind gut für Sonntags-, Parteitags- und andere assortierte Reden und öffentliche Bekenntnisse. Wenns drauf ankommt, gelten meist nur noch die Staatsinteressen. Moralfrei.

Doch Geschichte sollte man nicht allzu eng sehen. Im Geologischen Museum von Bandung sind Artefakte des berühmten Java-Menschen zu sehen. Zur Erinnerung: Vor rund sieben Millionen Jahren trennten sich in Afrika die Homoniden von der Tierwelt (beispielsweise Menschenaffen wie Schimpansen und Gorillas, am besten im Basler Zolli zu besichtigen ...). Der erste Urmensch ausserhalb Afrikas war unter anderem der Homo Erectus, und der lebte vor ein bis zwei Millionen Jahren - wenn nicht präzis in Bandung so doch auf der Insel Java. Daher auch die gebräuchliche Bezeichnung "Java-Mensch". Bis zum Homo Sapiens und dem Homo Sapiens Sapiens - also Sie, liebe Leserinnen und Leser - dauerte es dann nochmals bis etwa 100'000 vor Christus. Bandung im Jahr 1955 ist unter dieser Perspektive vielleicht doch nicht so deprimierend.

Aber dieses Zentrum ist wie ach so viele südostasiatische Grossstädte ein oft undurchdringlicher Verkehrsdschungel. Die Fahrt zum Bahnhof vom Art-Déco-Hotel "Preanger" dauerte gut zwei Stunden. Allerdings wendete der freundliche Taxichauffeur - "just call me Tim" - den Touristen-Trick aller Taxifahrer dieser Welt an: Umwege, Umwege, Umwege. Ich habs bemerkt, schliesslich war ich in Studentenzeiten auch mal Taxifahrer und bereits zum dritten Mal in der Stadt. Trotzdem blieb am Schluss noch Zeit für ein gemeinsames Mittagessen: Ein gutes Gespräch, Nasigoreng, Tee und zum Dessert Nelken-Zigaretten.

14. September 2009
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
Peter Achten, geboren 1939 in Basel, lebt und arbeitet in Peking (Beijing). Er ist seit 1967 journalistisch tätig. Seine Karriere begann er bei "National-Zeitung" und "Basler Nachrichten" als Lokalredaktor, arbeitete später als Radio-Korrespondent aus Madrid. 1974 wechselte er zum Schweizer Fernsehen, wo er Produzent / Moderator der "Tagesschau" und Mitglied der Chefredaktion wurde. Mit Sitz in Beijing, Hanoi und Hongkong arbeitete Achten ab 1986 als Fernost-Korrespondent für Schweizer Radio DRS sowie verschiedene Schweizer Tageszeitungen. Zwischen 1990 und 1994 war er in Washington USA-Korrespondent für SF DRS. Von 1997 bis 1999 war er Chief Representative für Ringier in Vietnam. Von 1999 bis 2008 war Peter Achten Asienkorrespondent für Schweizer Radio DRS sowie für Ringier-Titel und Chefredaktor des Wirtschaftsmagazins "China International Business". Spektakulär waren seine Radio-Reportagen über den blutig niedergeschlagenen Volksaufstand im Frühjahr 1989 auf dem Tiananmen-Platz in Beijing, den Tsunami in Banda Acah 2004 und den Zyklon in Burma 2008. Heute arbeitet PA als freier Asien-Korrespondent mit Sitz in Peking. © Foto by OnlineReports.ch

mailto:peter.achten@usa.net

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)

www.onlinereports.ch
© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigenen Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

 

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).