... Peking: Atemmaske
Der Sommer verabschiedet sich leise. Tagsüber ist es anfangs Oktober angenehm warm, nachts herrlich kühl. Nach dem üblichen Pekinger Hitzesommer eine willkommene Abwechslung. Was sich freilich nicht geändert hat, ist die Luftverschmutzung. Beim Joggen trägt man am besten eine weisse Baumwoll-Gesichtsmaske, um wenigstens den Fein- und Grobstaub von der Sportler-Lunge fernzuhalten. Ein Pekinger Lungenarzt sagte beim Interview, lässig an einer Zigarette ziehend: "Die Luft in Peking ist ungefähr so, wie wenn Sie ein bis zwei Päckchen Zigaretten pro Tag rauchen. Ohne Filter, wohlverstanden."
Damit sind wir beim Thema. Die Olympischen Spiele 2008 stehen sozusagen vor der Tür. Und plötzlich entdeckt die internationale Öffentlichkeit Pekings schmutzige Luft. Ganz plötzlich! Herrje!! Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Jacques Rogge, meldet jetzt Bedenken an und denkt öffentlich lauthals und tief besorgt darüber nach, ob einige Ausdauersportarten woanders hin verlegt werden müssten. Dabei war doch Rogge jahrelang ein unkritischer China-Enthusiast und glaubte stets, wenn immer die Chinesen ihm und der olympischen Bewegung das Grüne vom Himmel versprachen. Und auch der Chefarzt des Schweizer Olympiateams, Beat Villiger, zog plötzlich in Interviews die Alarmglocke. Wenn es nach medizinischen Kriterien gegangen wäre, so der Herr Doktor, hätte Peking niemals die Spiele zugesprochen bekommen sollen.
So, so! Nicht möglich!! Da kann man eigentlich nur noch fragen, wo denn das Schweizerische Olympische Komitee vor einem, zwei oder drei Jahren war. Ein Anruf bei der Schweizer Botschaft oder bei einem Korrespondenten hätte genügt, um herauszufinden, was Sache ist: Dicke Luft in Peking nämlich.
Es war tatsächlich nie ein Geheimnis, dass es in Peking im August - also zum Zeitpunkt der Olympischen Spiele - immer extrem warm ist, das heisst konstant zwischen 30 und 40 Grad Celsius. Ebenso wenig geheim ist auch die Tatsache, dass unter den 20 weltweit am stärksten verschmutzten Städten 16 chinesische Städte figurieren. Die Hauptstadt Peking schafft es sogar in die Top Ten.
Auch bei der Eröffnung der Olympischen Spiele am 8. 8. 2008 wird der Jogger 8en (geb. 9. 9. 1939) mit einer Baumwollmaske frühmorgens der Dong San Huan Lu-Strasse entlang rennen. Die Luft wird dann wenn nicht grün so doch, wie von den Pekinger Stadtvätern versprochen, ziemlich sauber sein. Koste, was es wolle, Fabrikschliessungen en masse sowie Beruhigung des Autoverkehrs durch Fahrverbote eingeschlossen. Und die Schweizer werden mit Hilfe des etwas besorgten Olympia-Doktors viele, viele Medaillen holen.
Für diejenigen, die das alles jetzt nicht glauben wollen, nur so viel: Die Zahl 8 und die Zahl 9 (siehe oben) sind in China Glückszahlen und werden es schon richten.
30. September 2007
