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Peter Achten: Brief aus ...

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... Dien Bien Phu: Der General

Laos und Nordvietnam zu bereisen war lange Zeit nicht einfach. Nicht so sehr wegen der noch heute ziemlich einfachen Infrastruktur, sprich schlechten Strassen, sondern wegen bürokratischen Hindernissen. Ein vietnamesisches Visum verlangte einst zwingend als Einreise-Ort entweder die Hauptstadt Hanoi oder die südliche Wirtschafts-Metropole Ho-Chi-Minh-Stadt (früher Saigon). Damit wurden Landreisen von und nach Laos-Vietnam, von wenigen Ausnahmen abgesehen, verunmöglicht. Das hat sich geändert. Dennoch, die meisten Touristen bewegen sich noch immer entlang der üblichen Routen, etwa Hanoi-Sapa-Halong-Hue-Hoi An-Saigon oder in Laos Vientiane-Vang Viang-Louang Prabang. De Luxe und mittlerweile mit Sternen-Komfort.
 
Lohnender, aber anstrengender sind Überland-Reisen durch gebirgiges Gelände. Über zweitausend Kilometer von der vietnamesischen Küste nach der laotischen Provinzstadt Sam Neua, danach über die Ebene der Tonkrüge in die alte Hauptstadt Louang Prabang, und von dort wieder nach Vietnam. Was für ein Erlebnis. Es sind Gebiete, wo während des Vietnamkrieges, den Laoten und Vietnamesen den "Amerikanischen Krieg" nennen, mehr Bomben abgeworfen wurden als im Zweiten Weltkrieg über ganz Europa.

Es ist eine Region, die in langen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts für die Bevölkerung Krieg, Hunger und Unterdrückung brachten. Zuerst die japanische Besetzung während des Zweiten Weltkrieges, danach die Rückkehr der französischen Kolonialisten und ein blutiger Unabhängigkeitskrieg, der auf französischer Seite mehrere Zehntausend Todesopfer forderte und Hunderttausenden von Vietnamesen das Leben kostete. Später der amerikanische Krieg bis 1973, bei dem 58'000 junge Amerikaner fielen und drei Millionen Vietnamesen und Vietnamesinnen zu Tode kamen.

Die Befreiung 1975 mit der sowjetischen Planwirtschaft brachte ein Jahrzehnt des Mangels und des Hungers. Schliesslich 1979 ein Angriff des ehemaligen Verbündeten China, nachdem die Vietnamesen Kambodscha eroberten und dem utopisch-tödlichen Regime Pol Pots ein Ende bereiteten. Die Chinesen, alliiert mit den Roten Khmers, wollten - wie der grosse Reformer und Revolutionär Deng Xiaoping sich ausdrückte - den Vietnamesen "eine Lektion erteilen". 40'000 chinesische und eine unbekannte Zahl vietnamesische Soldaten fielen.
 
Von diesen Schrecken ist seit fast drei Jahrzehnten – seit Reformbeginn Mitte der achtziger Jahre – und besonders heute wenig mehr zu spüren. Vietnam hat sich wirtschaftlich zu einem der erfolgreichsten Länder Asiens gemausert. Auch Laos hat sich, wenn auch mit umfangreicher Hilfe aus dem Ausland, in den letzten Jahren einigermassen von den Kriegsschrecken erholt. Offiziell heisst die Linie: Was vergangen ist, ist vergangen, wir müssen in die Zukunft blicken. Bei näherem und längerem Kontakt mit Laoten und Vietnamesen freilich ist nicht alles so einfach, wie es die Propaganda wahrhaben will. Anders ausgedrückt: Die Vergangenheit ist noch nicht verarbeitet. Die Generation der über 40-jährigen Vietnamesen und Vietnamesinnen aus der Hauptstadt Hanoi hat beispielshalber das Weihnachts-Bombardement von 1972 noch nicht vergessen, als die Amerikaner Vietnam nochmals zu entscheidenden Konzessionen am Pariser Verhandlungstisch bombten. Im Januar 1973 kam die Einigung. Ende 1973 verliess der letzte Amerikaner Vietnam, und am 30. April 1975 war Vietnam wiedervereinigt.
 
Das alles wird gegenwärtig, wenn von Nord-Laos die Grenze zu Vietnam überschritten wird. Noch wenige Kilometer bis zum legendären Dien Bien Phu (Bild, ein französischer Kommandoposten, heute ein viel besuchtes Freiluftmuseum). Dort schlug und verlor 1954 die französische Armee, zum grössten Teil finanziert von den Amerikanern, ihre letzte Kolonial-Schlacht. Die hochmütige französische Generalität wollte den Rebellen ebenfalls "eine Lektion erteilen". Der hochgebildete und weit gereiste Revolutionsführer Ho Chi Minh konnte sich auf seinen Kampfgefährten General Giap verlassen. Ohne dass es die Franzosen merkten, liess er Teilstück für Teilstück schwerer Artillerie auf Karren und Fahrrädern durch die gebirgigen Wälder herantransportieren und auf den Bergen rund um Dien Bien Phu montieren. Der Angriff begann am 13. März und dauerte 56 Tage. Zehntausend Franzosen , darunter einige Dutzend Schweizer Fremdenlegionäre, und Zwanzigtausend Vietnamesen verloren ihr Leben.
 
Dien Bien Phu verfolgte ich damals am französischen Radio. Tag für Tag. Es war – im Rückblick – die Zeit meiner Politisierung und wohl auch der Grund meiner Berufswahl. Über vierzig Jahre später holte mich die Geschichte ein. In Hanoi, wo ich arbeitete, begegnet mir Ly Van Sau, gebildet, in mehreren Sprachen und deren Literatur zu Hause. Er war der Sprecher des Vietcong während der Pariser Friedensgespräche und später in leitender Stellung beim vietnamesischen Rundfunk und der offiziellen vietnamesischen Nachrichtenagentur tätig. Was mich als Radio-Journalist an ihm am meisten beeindruckte, war die Geschichte, wie er Radio-Journalist geworden ist. Während des Unabhängigkeitkrieges gegen die Franzosen befehligte er in Südvietnam, seiner Heimat, eine kleine, hochmobile Radio-Einheit. Vom Rücken eines Elefanten aus wurde gesendet, dann schnell zusammengepackt und ab in den Dschungel. Das französische Bombardement konnte die mobilen Radio-Dschungel-Journalisten dann aus sicherer Entfernung verfolgen.
 
General Giap besiegte nach den Japanern und Franzosen auch die Amerikaner. Für mich eine historische, legendäre Figur. Und tatsächlich, eines Abends bei Ly Van Sau in Hanoi - der General. Alt, aber ungebeugt. Was und wie spricht man mit einer weltberühmten Legende? Der General hat es mir leicht gemacht. Ganz einfach ein interessantes Gespräch über Dien Bien Phu und darüber hinaus. Das war vor etwas mehr als zehn Jahren. General Giap lebt noch heute. 99 Jahre alt.

28. Dezember 2009
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Peter Achten, geboren 1939 in Basel, lebt und arbeitet in Peking (Beijing). Er ist seit 1967 journalistisch tätig. Seine Karriere begann er bei "National-Zeitung" und "Basler Nachrichten" als Lokalredaktor, arbeitete später als Radio-Korrespondent aus Madrid. 1974 wechselte er zum Schweizer Fernsehen, wo er Produzent / Moderator der "Tagesschau" und Mitglied der Chefredaktion wurde. Mit Sitz in Beijing, Hanoi und Hongkong arbeitete Achten ab 1986 als Fernost-Korrespondent für Schweizer Radio DRS sowie verschiedene Schweizer Tageszeitungen. Zwischen 1990 und 1994 war er in Washington USA-Korrespondent für SF DRS. Von 1997 bis 1999 war er Chief Representative für Ringier in Vietnam. Von 1999 bis 2008 war Peter Achten Asienkorrespondent für Schweizer Radio DRS sowie für Ringier-Titel und Chefredaktor des Wirtschaftsmagazins "China International Business". Spektakulär waren seine Radio-Reportagen über den blutig niedergeschlagenen Volksaufstand im Frühjahr 1989 auf dem Tiananmen-Platz in Beijing, den Tsunami in Banda Acah 2004 und den Zyklon in Burma 2008. Heute arbeitet PA als freier Asien-Korrespondent mit Sitz in Peking. © Foto by OnlineReports.ch

mailto:peter.achten@usa.net

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)
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"Ausserordentliche Geschichtslektion"

Danke, Peter Achten, für die ausserordentliche Geschichtslektion. Genau darauf sind wir im Westen so dringend angewiesen. Woher sollten wir so zentrale Details sonst erfahren können?


Haben Sie noch ein paar derartige Müsterchen, die Ihr Blick auf die Welt verändert haben im journalistisch-persönlichen Köcher, die ins Zentrale treffen? Die Informationen in unseren Medien beschäftigen sich seitenweise mit Superstars aus Sport und Unterhaltungsfilmen etc. Wer berichtet eigentlich von wirklichen Grössen?


Viktor Krummenacher, Bottmingen


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"Bais steht vor Gewissens-Entscheid"

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Im Titel des Newsletter-Textes vom 18. April 2024 über die SVP-Basis.
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Auch Nomen sind Glückssache.

RückSpiegel

 

Das Regionaljournal Basel veweistin einem Beitrag über die Probleme der Kitas im Baselbiet auf OnlineReports.

Der Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.
 

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).