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Handelskammer verstärkt Schwerpunkt Aussenwirtschaft
Die Handelskammer beider Basel verstärkt den Bereich Aussenwirtschaft inhaltlich und auch personell: Gabriel Schweizer, früher Asien-Manager bei "BaselArea.swiss", besetzt als Mann mit China-Kompetenz eine neugeschaffene Stelle. Neu geschaffen wird ausserdem ein ICT-Cluster.
Basel, 11. Juni 2019
Globale Handelskriege, ungesicherte Beziehungen zur EU und ein drohender Brexit: Für die Handelskammer beider Basel und seine 2'100 Mitglieder gewinnt die Beschäftigung mit der Aussenwirtschaft klar an Bedeutung. Präsidentin Elisabeth Schneider-Schneiter (Bild rechts) bezeichnete sie an einem Mediengespräch heute Dienstagmorgen in Basel als ein "brennendes Thema".
"Die globalen Verwerfungen werden Spuren hinterlassen", sagte die Baselbieter CVP-Nationalrätin und Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission. Aber auch innenpolitische Auseinandersetzungen im Verhältnis zur Europäischen Union oder für die Wirtschaft kritische Volksbegehren wie die Konzernverantwortungs-Initiative oder die von SVP und Auns angestrebte Kündigung der Personenfreizügigkeit hemmten die Unternehmen in ihrer Innovation.
Um ihnen aber einen "diskriminierungsfreien Zugang" zum EU-Raum zu schaffen, sei der Abschluss des Rahmenabkommens unabdingbar.
Parteien-Netzwerk gegen Überraschungen
Handelskammer-Direktor Martin Dätwyler (Bild links) diagnostizierte in der Region Basel einen "Unmut gegen grosse Konzerne", wie er beispielsweise durch den "March against Syngenta" wiederkehrend zum Ausdruck kommt.
Dass in Basel-Stadt kürzlich die kantonale "Topverdiener-Initiative" der Juso, die höhere Steuern für Gutverdienende verlangt, überraschend klar und ohne wirkungsvolle Gegnerschaft eine Volksmehrheit erzielte, findet er "höchst unerfreulich". Das Begehren sei allgemein "unterschätzt" worden, sagte Dätwyler und kritisierte die Kantonsregierung: "Sie hat sich nicht viel überlegt dabei, so viele Abstimmungsvorlagen gleichzeitig an die Urne zu bringen."
Darum will die Handelskammer künftig neben ihrem jährlich fünf Mal tagenden "Parlamentarier-Netzwerk" neu auch ein "Parteien-Netzwerk" und ein Monitoring schaffen, um für Wirtschafts-Interessen gefährliche Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen. So soll verhindert werden, dass die kantonale Umsetzung der "Steuervorlage 17" im Baselbiet in der bevorstehenden Volksabstimmung scheitert und damit in der Gewinnbesteuerung ein "Graben zu Basel-Stadt entstehe. Gegen die vom Volk angenommene Masseneinwanderungs-Initiative, so die Verbandsverantwortlichen selbstkritisch, sei "zu wenig gemacht" worden.
Neuer ICT-Custer geplant
Dass allerdings auch Konzernchefs hinter vorgehaltener Hand die Demokratie als Behinderung der unternehmerischen Freiheit bezeichnen und damit nicht zu einer kooperativen Stimmung beitragen, verhehlte die Handelskammer-Spitze auf eine OnlineReports-Frage hin nicht: "Wir müssen ihnen immer wieder erklären, dass der demokratische Prozess einer gewissen Trägheit unterliegt, dafür aber auch grosse Stabilität in unserem Land sichert."
Um zu verhindern, dass branchenfremde Akteure die traditionellen Märkte erobern, will der Wirtschaftsverband nach den Sommerferien neben der bisherigen Dienstleistung "Are you digital?" einen Cluster für Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) ins Leben rufen. Die Plattform soll regionale Anbieter "sichtbar machen" und sie "mit den Anwendern zusammenbringen". Der Verein "ICT-Scouts" bietet in Volksschulen Workshops an, in denen CEOs und HR-Verantwortliche junge Talente identifiziert werden sollen.
De-Industrialsierung untersucht
Im Rahmen der "Werkstatt Digitalisierung" nimmt im Auftrag der Handelskammer eine Studie der Universität Basel unter der Leitung von Professor Rolf Weder die De-Industrialisierung der Schweiz unter die Lupe. Erste Ergebnisse zeigen, wie der Anteil der Beschäftigten im Industriesektor seit 1960 kontinuierlich abnimmt, während er im Dienstleistungssektor im selben Verhältnis zunimmt. Allerdings ist in den letzten zehn Jahren im Vergleich zu ausländischen Industrienationen eine Stabilisierung auf relativ hohem Niveau feststellbar.
Die Bedeutung der Hightech-Industrie lässt sich im Anteil ihrer Exporte am gesamten Industrieexport erkennen. Und da steht die Schweiz als Musterknabe da: Seit 1990 stieg dieser Anteil ohne Unterbruch, während Nationen wie Grossbritannien, Deutschland, Frankreich oder die USA eine mehr oder weniger stagnierende Tendenz aufweisen.
Gefragt: Intelligente und vernetzte Industrieprodukte
Weder weist in einem Bericht allerdings darauf hin, dass die vorzügliche internationale Positionierung des Schweizer Industriesektors "immer wieder neu erarbeitet" werden muss. Die Frage sei deshalb, ob es insbesondere den Schweizer KUMs gelinge, "auch im neuen Umfeld qualitativ hochwertige und innovative Produkte anbieten zu können". Innovationen im Bereich "intelligenter und vernetzter Industrieprodukte" könnten sich dabei als sehr wichtig erweisen. Falls dies gelinge, könne eine De-Industrialisierung der Schweiz "auch zukünftig vermieden werden".
Grund genug für die Handelskammer beider Basel also, den Empfehlungen der Wissenschaft Taten in der Wirtschaft folgen zu lassen. Im Sektor "Knochenarbeit" soll zur Infrastruktur des SBB-"Herzstücks" eine "schlagkräftige Organisation auf die Beine gestellt werden" (Dätwyler).
Weiterführende Links:
- Bundesrat zum "Herzstück": Nicht nur Glück für Basel
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