Bürgerpartei will Kopftuchverbots-Initiative lancieren
Basel, 16. November 2004
Die Schweizerische Bürgerpartei (SBP) - eine Abspaltung der Basler SVP - will im Kanton Basel-Stadt eine Initiative zum Verbot des Kopftuchs für öffentliche Mandatstärgerinnen lancieren. Eine entsprechende Motion von SBP-Grossrat Abdul R. Furrer wurde heute im Grossen Rat abgelehnt. Der Parlamentarier hatte in seinem Vorstoss verlangt, dass in den Räumen des Grossen Rates, seiner Kommissionen und Sitzungszimmern das Tragen jeglicher religiöser Symbole und Kopfbedeckungen verboten werden soll. Dies, so Furrer, "im Hinblick auf die zu erwartende - und durch die Wahlen inzwischen bestätigte - Invasion türkisch-stämmiger Neu-Schweizer in den Grossen Rat". Die unformulierte Volksinitiative, die gleich im Anschluss an die Abstimmungsniederlage bei der Staatskanzlei zur Prüfung eingereicht wurde, geht noch weiter: Sie verlangt, "dass allen Angestellten im öffentlichen Dienst, sowie den Mandatsträgern öffentlicher Ämter das Tragen islamischer Kopfbedeckungen verboten wird". Wortlaut:
"Gestützt auf § 28 der Kantonsverfassung des Kantons Basel-Stadt, verlangen die unterzeichnenden, im Kanto Basel-Stadt wohnhaften Stimmberechtigten, es sei ein Gesetz zu schaffen, welches allen Angestellten des öffentlichen Dienstes, sowie den Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern öffentlicher Ämter, das Tragen islamischer Kopfbedeckungen während der Ausübung ihres Dienstes oder ihres Mandats generell verbietet. Dieses Verbot soll insbesondere Lehrpersonen, Angestellte im Schalterdienst, Angehörige des Grossen Rates, des Regierungsrates, des Bürgergemeinderates, des Bürgerrates und des Verfassungsrates, sowie der Gemeinderäte und Einwohnerräte der Landgemeinden betreffen."
"Auch islamische Welt ist sich über Verhüllung uneinig"
Auch in der islamischen Welt gibt es keine Einigkeit, in welcher Form sich Frauen in der Öffentlichkeit verhüllen müssen. Der Wortlaut des Koran ist hier nicht eindeutig. Aus Sure 24:31 geht nicht hervor, dass auch der Kopf bzw. die Haare bedeckt sein sollen ("sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham bewahren, ihren Schmuck [wird häufig auch übersetzt als "Reize"] nicht offen zeigen, mit Ausnahme dessen, was sonst sichtbar ist. Sie sollen ihren Schleier auf den Kleiderausschnitt schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen"). Auch Sure 33:59 schafft keine Klarheit ("O Prophet, sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen etwas von ihrem Überwurf [djilbab] über sich herunter ziehen"). In Anbetracht dessen ist es sicherlich gerechtfertigt zu hinterfragen, in wie fern Kopfbedeckungen zur freien Ausübung der islamischen Religion notwendig sind und ob es sich dabei nicht eher um eine gesellschaftliche Ausprägung handelt. Auch ist nicht zu vernachlässigen, dass beispielsweise die Türkei das Kopftuch, welches ein Symbol der Fundamentalisten sei, in öffentlichen Einrichtungen untersagt.
Tommy Frey, Basel
"Nicht verfassungswidrig"
Sie irren, Herr Heuberger. Die Initiative wäre nur dann verfassungswidrig, bzw. würde Bundesrecht tangieren, wenn sie ein "flächendeckendes" Verbot, beispielsweise unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern analog zu Frankreich, fordern würde. Genau aus diesem Grund beschränken wir uns auf das Machbare, nämlich auf Staatsangestellte und Mandatsträger. Der Staat hat, wie jeder andere Arbeitgeber auch, das Recht und - in diesem Fall als Beitrag zum inneren Frieden - die Pflicht, Bekleidungsvorschriften zu erlassen.
Die SBP und ihre Exponenten politisieren im übrigen stets sachbezogen. Das war gestern so, ist heute so und wird auch in Zukunft so sein. Mit "Profilierungssucht" hat diese Initiative nun überhaupt nichts zu tun. Das könnten Sie uns allenfalls vorwerfen, wenn wir damit im Sommer 2008 vor den nächsten Wahlen in Erscheinung getreten wären.
Abdul R. Furrer, Noch-Grossrat SBP, Basel
"Initiative ist verfassungswidrig"
Ist sich Abdul R. Furrer und die so genannte "Bürgerpartei" bewusst, dass ihre Kopftuchverbots-Initiative verfassungswidrig ist, da es in der Schweiz immer noch eine Religionsfreiheit gibt? Oder zeugt dies von Profilierungsgehabe auf Kosten anderer, um eine Daseinsberechtigung zu beweisen? Oder sogar von Minderwertigkeitskomplex einzelner Exponenten dieser Partei. Man kann auch ein "Problem" herbeireden!
Bruno Heuberger, Oberwil