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Fall Ammann: "Er plante das Gespräch, nicht die Schüsse"

Im Prozess um den früheren Baselbieter SD-Politiker Franz Ammann beantragte dessen Verteidiger eine Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren. Sexuelle Verfehlungen an der Tochter des Angeklagten bestritt er kategorisch.
Liestal, 21. Oktober 2010

In seinem ebenfalls zweistündigen Plädoyer zerzauste Franz Ammanns Verteidiger Alain Joset die Anklage der Staatsanwaltschaft, was sich allein schon im Antrag auf eine Freiheitsstrafe von 3,5 Jahre äusserte. Die Staatsanwältin hatte gestern Mittwochnachmittag 15 Jahre sowie die anschliessende Verwahrung des 52-jährigen Angeklagten gefordert.

Kein versuchter Mord

Hauptgrund für die unterschiedliche Einschätzung der Strafzumessung: Der Verteidiger beantragte Freispruch vom Vorwurf des versuchten Mordes und der sexuellen Handlungen mit Kindern sowie der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung. Statt dessen anerkannte er den Tatbestand des versuchten Totschlags in einem Notwehr-Exzess sowie einfache Körperverletzung durch eine Ohrfeige und Schläge in den Rücken der Tochter.

"Man wollte Herrn Ammann das Schlimmstmögliche anhängen. Aber so wird man ihm nicht gerecht", sagte der Verteidiger und wies auf "riesige Diskrepanzen" und "erhebliche unauflösliche Widersprüche" in den Aussagen der betroffenen Tochter gegenüber jenen ihres Bruders und ihrer Freundinnen hin. So erwähnte der Bruder keine väterlichen Schläge mit dem Teppichklopfer. Vielmehr sei von einem "guten Vater" und – durch Freundinnen und Bekannte – von einem "liebevollen Verhältnis" im Hause Ammann die Rede gewesen. Ausserdem habe die Tochter, die nach eigenen Angaben häufig und bis zur Vergewaltigung sexuell missbraucht worden sei, ein auffälliges Merkmal des Angeklagten im Intimbereich, das der Gefängnisarzt noch am Dienstagabend bescheinigte, auf die Frage des Verteidigers hin nicht genannt.

Sexuellen Missbrauch "erfunden"

Vielmehr habe die Tochter den sexuellen Missbrauch erfunden, indem sie gewisse Passagen aus dem einschlägigen Buch "Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter" auf sich übertragen und als eigenes Erlebnis geschildert habe. Aus häuslichen Besprechungen eines Falles aus der Region habe die Tochter zudem mitbekommen müssen, "wie einfach eine Frau einen Mann fertig machen" könne. Dass sie noch Monate nach dem überstürzten Auszug aus der elterlichen Wohnung geheult habe, als sie einer Untersuchungsbeamtin ihre sexuelle Ausbeutung eröffnete, sei der Ausdruck von Emotionen gewesen, aus denen sich "keine Aussagen über den Wahrheitsgehalt der Schilderung" machen liessen. Auch bei ersten Kontakten mit Statthalteramt und Bezirksgericht Arlesheim habe das Opfer "keine Angaben über Grenzüberschreitungen" deponiert.

Die Handlungsweise von Vater Ammann bis hin zu jenem "schwarzen Sonntag" vom 25. April 2004, als er der jungen Frau vor der Türe zu ihrem Wohnhaus in Muttenz in den Rücken schoss, begründete der Verteidiger mit verzweifelten Versuchen, "die Tochter nicht einfach so an die Familie des heutigen Schwiegersohns zu verlieren". Der Angeklagte und dessen Ehefrau seien überzeugt gewesen, dass die Tochter dem "jungen frechen Freund" und dessen Familie hörig gewesen sei. Als sie Ammann erst noch wegen Vergewaltigung anzeigte und er unter den Augen seiner Mitarbeiter am Arbeitsplatz verhaftet und in Handschellen abgeführt worden sei, habe er seine für ihn wichtige traditionelle Rolle als Ernährer der Familie und auch sein Landratsmandat vollends verloren.

Verwahrung "nicht verantwortbar"

So sei es gekommen, dass er trotz einer Fernhalteverfügung am Abend jenes Sonntag "als Kurzschluss und aus Verzweiflung" den Schuss in den Rücken seiner Tochter abgegeben habe. Ammann habe bei dieser Konfrontation aber "das Gespräch geplant, nicht die Schussabgabe". Diese sei trotzdem erfolgt, weil es nicht zum Gespräch gekommen sei. "Da ist ihm der Faden gerissen." Den zweiten Schuss, diesmal bloss in die Eingangstüre, habe er "aus Wut und Enttäuschung über die eigene Dummheit" abgegeben, ohne auf einen Menschen zu zielen.

Dass der Angeklagte am Lauf der Pistole einen Laserpointer als Zielvorrichtung montiert hatte, bestritt der Verteidiger vehement. Die Waffe habe er mitgenommen, weil er vor dem kräftigen Schwiegersohn, ehemaliger Jungschütze, "Angst gehabt" habe. Heute sei der Angeklagte "ein gebrochener Mann und nur noch ein Schatten seiner selbst". Zudem sei Ammann durch OnlineReports und TeleBasel wegen der vollen Namensnennung "vorverurteilt" worden.

Eine Verwahrung, so der Rechtsvertreter an die Adresse des Gerichts, sei "nicht verantwortbar", weil dazu einerseits zwei unabhängige forensische Gutachten über einen längeren Zeitraum nötig wären. Ausserdem habe der "Vorzeige-Häftling", der sich im Gefängnis vorbildlich verhalte, "heute keine Rachegedanken mehr". Sein "sehnlichster Wunsch" sei es, zu seiner Frau und seinem Sohn die Beziehung wieder aufzunehmen und ein einigermassen normales Leben zu führen".

Das Schlusswort des Angeklagten

Ähnlich äusserte sich Franz Ammann, der ein graues Shirt mit der Aufschrift "Gran Canaria" trug, in seinem Schlusswort, das er schriftlich vorbereitet hatte. Er bedauere alles und möchte die Geschehnisse in jenem Zeitpunkt "gern ungeschehen machen". Sexuellen Missbrauch seiner Tochter – so betonte er – habe es aber "nicht gegeben". Hingegen sei er bei den Schussabgaben "durch bei Rot" gewesen. Aber: "Ich hatte nie den Gedanken, jemanden zu ermorden oder zu töten." Er habe seither "keine Minute an Rache gedacht". Seit letzter Satz vor der Urteilseröffnung, die am 12. November erfolgt: "Ich entschuldige mich bei allen Geschädigten und hoffe, dass sie mir alle nicht mehr böse sind."




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