Juso provoziert: SVP reagiert mit Strafanzeige
Basel, 16. Oktober 2012
Die Basler Jungsozialisten haben gestern Montag und am Wochenende ihre Schluss-Wahloffensive gezündet – sichtbar auch in schlecht lesbarer Farbe auf Strassen und Haltestellen. Ein gestern Montag präsentiertes Plakatsujet ist der SVP besonders in die Nase gestochen: Es zeigt einen glatzköpfigen Mann in Bomberjacke, der auf seinem Oberarm das SVP-"Sünneli" trägt. Mit der Darstellung eines Nationalsozialisten in Kombination mit dem SVP-Logo sei "eine Grenze überschritten worden", die "nicht tolerabel" sei, schreibt der ex-Grossrat und Bürgergemeinderat Joël Thüring. Er habe sich aus diesem Grunde entschlossen, gegen Juso-Präsidentin Sarah Wyss und gegen den gesamten Vorstand der Jungpartei Strafanzeige einzureichen.
Die SVP ist selbst nicht unerfahren in polemisierender Werbung. Doch, so Thüring: "Weder meine Person, noch andere der SVP nahe stehenden und mir in Basel-Stadt bekannte Personen sind Sympathisanten des Nationalsozialismus. Wir lehnen rechtsextremes Gedankengut ab und verurteilen den Massenmord an jüdischen Mitmenschen im zweiten Weltkrieg."
"Nicht diffamierend"
In der SP hat es sicher nach wie vor vernünftige Zeitgenossen. Aber dass offensichtlich der Hinweis auf schlechten Stil auf einen wunden Punkt deutet, wird ja aus der Reaktion auf meinen ersten Beitrag auch deutlich.
Im übrigen: Ich ziele nicht auf Personen, sondern ausdrücklich auf die Sache, nämlich die seltsame Abwesenheit guten Geschmacks und sachpolitischer Argumente zum Ende des Wahlkampfs und den Einsatz populistischer (Werbe-)Mittel. Jemandem einen Denkfehler nachzuweisen, ist nach gängiger Lesart wohl nicht diffamierend. Sollte dies aber so empfunden werden, so entschuldige ich mich dafür in aller Form und erachte diese Diskussion für meinen Teil als abgeschlossen.
Martin Hug, Basel
"Besserer Stil ist mir lieber"
Danke, Herr Hug, dass Sie mir aufzeigen, was guter Stil ist: Statt auf die Sache auf die Person zu zielen und möglichst mit persönlichen Diffamierungen arbeiten ... Das kann ich auch - aber besserer Stil ist mir lieber.
Michael Martig, Basel
"Beides bedient die gleichen Vorurteile"
Logik scheint nicht Herrn Martigs Stärke zu sein – Stil noch weniger. Sowenig ich Messerstecher-, Vergewaltiger-, Schwarze-Schafe- und ähnliche Plakate goutiere, sowenig finde ich die "Provokation" der Jungsozialisten lustig. Beides bedient die gleichen Vorurteile, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. Allerdings ist mir der Aufschrei der Sozialisten zu den geschmack- und stillosen SVP-Plakaten noch in den Ohren.
Herr Martig nimmt jetzt die plakatierten Übergriffe der SVP als Rechtfertigung für die gleiche Münze seiner jungen Genossen. Die SVP lege "ganz unterschiedliche Ellen" an. Just hier ist der Denkfehler. Die SVP legt genau die gleichen Ellen an. Allerdings: Wenn ein Schelm einen anderen Schelm einen Schelm nennt, ist dies zwar nichts Neues, weiterführen tut’s aber auch nicht. Politischer Stil scheint an beiden Enden des Spektrums nicht kurante Münze zu sein, oder: Les extrèmes se touchent.
Martin Hug, Basel
"Ganz unterschiedliche Ellen"
Wir erinnern uns alle an verschiedene Plakatkampagnen der SVP mit aggressiven Botschaften, so sind z.B. Migranten/-innen gewalttätig oder schwarze Schafe. Nun machen die JUSO aufgrund der bisher niedrigen Stimmbeteiligung darauf aufmerksam, dass die Nichtwählenden den Wahlausgang ganz wesentlich beeinflussen. Bewusst überzeichnet und in humorvoller Weise zeigen sie Typen, die dankbar wären, wenn linke Wahlberechtigte den Wahltermin verschlafen würden. Und ausgerechnet die im Austeilen von Verunglimpfungen so forsche SVP zeigt sich nun plötzlich als Mimöschen... Dieses Messen mit ganz unterschiedlichen Ellen wirkt geradezu lächerlich.
Dann noch eine inhaltliche Anmerkung: In der SVP hat es sicher nach wie vor wertkonservative Zeitgenossen - trotz Parteiausschlüssen. Aber dass offensichtlich der Hinweis auf die immer wieder zum Vorschein kommende Nähe der SVP zu rechtsextremen Gedanken auf einen wunden Punkt deutet, wird ja aus der Überreaktion der SVP auch deutlich.
Michael Martig, Basel