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© Foto by Ruedi Suter, OnlineReports.ch


Daniel Goldhagen: "Völkermord kann verhindert werden"

Ein Völkermord ist jederzeit wieder möglich. Um Genozide zu verhindern, müsse die internationale Staatengemeinschaft so rasch wie möglich ein gut durchdachtes "Anti-Genozid-System" einrichten, forderte heute der US-Genozidforscher Daniel Goldhagen in Basel.
Basel, 26. Oktober 2011

Ob Millionen unschuldiger Menschen jeden Alters und Geschlechts in Gaskammern vergiftet, durch Kugeln zu Boden geworfen, von Buschmessern zerhackt, bis zum Tod ausgehungert, gefoltert, vergewaltigt oder in Arbeits- und Konzentrationslagern ums Leben gebracht werden – der Völkermord, vielfach von ganz "normalen" Menschen begangen, ist in seiner potenzierten Schrecklichkeit nicht wirklich fassbar.

Daniel Jonah Goldhagen (52) versucht dennoch mit seiner Arbeit als US-amerikanischer Soziologe und Politologe dem Wesen des Genozids auf die Spur zu kommen. Heute war er Gast der Juristischen Fakultät der Universität Basel, um seinen Film und sein Buch vorzustellen: "Schlimmer als Krieg: Wie Völkermord entsteht und wie er zu verhindern ist." Der Harvard-Professor, bekannt geworden durch sein provozierendes Buch "Hitlers willige Vollstrecker", füllte die Aula des Kollegiengebäudes bis auf den letzten Platz.

Blind machender Blutrausch

Goldhagen, Sohn eines jüdischen Historikers, der als Kind den Nazi-Terror in der Ukraine überlebte, hat auf der ganzen Welt Opfer, aber auch Täter von Völkermorden aufgesucht und mit ihnen gesprochen. Ein Mörder in Ruanda erklärte ihm, er könne sich den Blutrausch nicht erklären, in dem er sogar gute Nachbarn mit der Machete in Stücke hieb. Eine schöne Frau habe ihn angefleht, sie doch am Leben zu lassen – doch auch sie habe er kaltblütig zerhackt. Ihm und seinen Kumpanen sei gar nicht in den Sinn gekommen, dass es sich bei den Opfern um menschliche Wesen handeln könnte.

Auf der Führungs- und Befehlsebene, so wurde für Goldhagen klar, werden Völkermorde lange vorbereitet. Das Umbringen von Tausenden, ja Millionen unschuldigen Menschen sei keine spontane Sache. Die grössten Volksvernichter der Geschichte – Chinas Mao, Russlands Stalin, Deutschlands Hitler, Kambodschas Pol Pot, Sudans Al Bashir, Iraks Saddam Hussein, Guatemalas Rios Montt und die Führungscliquen der Türken gegen die Armenier, der Japaner gegen die Nachbarvölker, der Hutu gegen die Tutsi – sie alle hätten den mörderischen Horror geplant.

Prophylaxe besser als Militärintervention

Genozide seien nur möglich, weil die internationale Gemeinschaft sich nicht entschieden dagegen zur Wehr setze und einen Riegel schiebe, gab sich Daniel Goldhagen überzeugt. "Es fehlt am Willen, Genozide aufzuhalten." Für den Völkermordforscher ist es fraglos, dass führende Massenmörder mit entsprechendem Druck durch die Staatengemeinschaft in Schach gehalten werden könnten. Doch dazu fehlten zurzeit die Mittel.

 

Darum schlägt Goldhagen den dringenden Aufbau eines weltweiten, robusten "Anti-Genozid-Systems" vor. Dessen Grundsäulen müssten aus effizienten Gerichten zur Aburteilung der Hauptverantwortlichen, Präventionseinrichtungen und Interventionsmöglichkeiten bestehen. Versagten die diplomatischen Methoden, spricht sich Goldhagen entschieden für eine gute überlegte  militärische Intervention vor. Mit einer solchen hätte auch der Völkermord in Ruanda relativ leicht gestoppt werden können, ist der Forscher überzeugt.

 

Schwierige, aber notwendige Umsetzung

Diese Vorschläge wurden in der anschliessenden Diskussionsrunde von den Professoren Nicolas Michel (Genf), Christian Tomuschat (Berlin) und dem Schweizer Botschafter Jürg Lindenmann von der Völkerrechtsabteilung im Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) grundsätzlich unterstützt. Einer der Hauptgründe: Die existierenden Instrumente, beispielsweise der UNO-Sicherheitsrat, sind offensichtlich nicht in der Lage, Völkermorde zu verhindern oder zu stoppen.

 

Bei der von der Basler Völkerrechtsprofessorin Anne Peters moderierten Diskussion zeigte sich aber auch, dass noch viele Hürden zu nehmen sind, um bei militärischen Interventionen etwa so heikle Fragen wie jene der nationalen Souveränität und territorialen Integrität zu beantworten. Riesenprobleme dürfte es auch bei der Verurteilung von Tätern geben, vor allem wenn es Hunderttausende sind. Umso wichtiger deshalb die frühzeitige Verhinderung von Genoziden.

 

So waren sich die Diskussionsteilnehmenden einig: Je schneller ein von den Staaten getragenes "Anti-Genozid-System" installiert wird, desto erfolgreicher dürfte ein neuer, jederzeit möglicher Völkermord verhindert werden.




Weiterführende Links:
- "Ein neuer nuklearer Genozid ist jederzeit möglich"
- "Wir brauchen Geld – und Sie einen Lebenssinn"
- Menschenjagd in den Bergwäldern von Laos
- Spaniens Brüder und Schwestern kämpfen am Tor zu Europa


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vom 26. März 2024
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