Werbung

© Fotos by phayul, OnlineReports.ch


Das Feuer der Selbstverbrennungen lodert bis nach Basel

12 tibetische Mönche und Nonnen haben sich seit März aus Protest gegen Chinas Unterdrückungspolitik in Flammen aufgehen lassen. Die schweizerisch-tibetische Gemeinschaft in der Region Basel kämpft mit Gebeten gegen ihre Ohnmacht.
Basel, 10. Dezember 2011

Sie hiess Palden Choetso. Sie war 35 Jahre alt. Am 3. November um 13.30 Uhr nahm sie einen Behälter Kerosin, stemmte ihn über ihren Kopf und schüttete sich die Flüssigkeit über ihren Körper. Dann zündete sie sich an. Die Flammen frassen sich rasch durch ihr Kleid, bald brannte ihre Haut. Sie krümmte sich vor Schmerzen, richtete sich wieder auf und rannte lodernd ein paar Schritte weit. Dabei soll sie noch ein paar Sätze geschrien haben: "Lang lebe Seine Heiligkeit, der Dalai Lama! Lasst den Dalai Lama nach Tibet zurückkehren!" Palden Choetso, die lodernde Nonne, taumelte, stürzte und starb den Flammentod – auf einer Brücke in der Stadt Tawu im von China besetzten Osttibet.

Das Bild der brennenden Frau hat sich in Tashi Tserings Bewusstsein eingebrannt. Der Basler wird es nicht mehr los. Denn Tsering stammt aus Tibet. Seine Familie floh 1960 mit dem Dalai Lama vor der chinesischen Invasion nach Indien. 1964 kam er als Siebenjähriger nach Riehen zu seiner Pflegefamilie. Tsering wuchs hier auf, wurde Sozialpädagoge, Ehemann einer Schweizerin und Vater zweier Söhne. Beide studieren noch, doch beide wissen, woher ihr Vater stammt. 2000 reiste die ganze Familie mit Schweizer Pässen in ein abgelegenes, westtibetisches Himalaya-Dörfchen. Es heisst Dhakney, es ist Tashi Tserings erste Heimat.

"Zwei Seelen in der Brust"

"Ich habe wie zwei Seelen in der Brust", versuchte sich der Tibet-Schweizer (Bild unten) mit dem stets ein bisschen traurigen Gesicht gegenüber OnlineReports zu definieren. Zurzeit schmerzt ihn die tibetische Seele. Palden Choetsos verzweifelte Selbsttötung lässt ihn nicht los. Gleich geht es den meisten anderen Tibeterinnen und Tibetern in der Region Basel, die vom Dalai Lama schon mehrmals besucht wurde (vgl. Links unten). Ihre Zahl ist seit 2000 von rund drei Dutzend auf heute gegen 300 Menschen angewachsen.

 

Sie finden sich in der Tibetergemeinschaft Basel zusammen, tauschen Neuigkeiten aus Tibet aus – und beten zusammen. Besonders jetzt und jeden Sonntag in einem Raum des Lokals "Mitte". Dort beten sie für die Mönche und Nonnen im tibetischen Himalaya. Auch für Palden Choetso aus dem Nonnenkloster Ganden Choeling (Provinz Sichuan), für die verbrannte Nonne Tenzin Wangmo (Bild oben) aus dem Nonnenkloster Dechen Choekor Ling in Jakorma und für die zehn Mönche, die sich seit dem 16. März dieses Jahres in Flammen aufgehen liessen: Phuntsok Jarutsang (20), Tsewang Norbu (29), Lobsang Kunchok (18), Lobsang Kelsang (18), Kelsang Wangchuk (17), Khayang (20), Choephel (18), Norbu Damdul (19), Sawa Tsering (38) und Tenzin Phuntsok. Vier dieser Mönche starben wie die beiden Nonnen in den Flammen. Bei den anderen sechs ist der Gesundheitszustand "nicht bekannt".

 

Verzweiflungstaten gegen Peking-Politik

 

Weshalb diese extremen Proteste durch Selbstverbrennung in Tibet? Die grossen tibetischen Exilgemeinden wie auch die tibetische Exilregierung, welche mit gefährlichen Reisen, vor allem aber über Handys den Kontakt ins Innere Tibets aufrecht zu halten versuchen, nennen einen Hauptgrund: Die anhaltende Unterdrückung seit den Unruhen von 2008 durch Chinas Militär-, Polizei- und Behördenapparat. Diese träfe heute vor allem auch die Klöster, welche von chinesischen Offiziellen besetzt würden und unter Dauerbeobachtung stünden. Eine freie Religionsausübung sei nicht mehr möglich, wird kritisiert. Überdies seien zahlreiche Nonnen und Mönche verhaftet, gefoltert und in "Umerziehungslager" deportiert worden. Auf die Selbstverbrennungen würde der chinesische Machtapparat mit nur noch mehr Repressionen reagieren.

Tashi Tsering meint, China fürchte, dass die folgenschwere Selbstverbrennung des Obstverkäufers Mohammed Buazizi (26) in Tunesien und die so ausgelöste Revolution auch im Reich der Mitte zum Vorbild werden könnte. Deshalb die harte Repression. Um sich hierzulande  nicht so machtlos zu fühlen und gleichzeitig auf die chinesische Machtpolitik in Tibet aufmerksam zu machen, begründet Tsering, versuchten die aus Tibet stammenden Menschen und ihre Schweizer Freunde und Freundinnen, die Leute hier mit Aktionen und Informationen auf dem Laufenden zu halten. So werde heute zum Internationalen Menschenrechtstag auf dem Marktplatz in Basel um 18.30 Uhr eine  Gedenkzeremonie zum "Feuertod auf dem Dach der Welt" stattfinden. "Wir hoffen, damit die Bevölkerung für die Situation in Tibet sensibilisieren zu können", erklärt der Basler Tibeter.

 

Gottesleute als "Terroristen"


Die Hoffnung aller Tibeter und Tibeterinnen im Exil sei, dass China den Druck der internationalen Gemeinschaft spüre und seine Politik ändere. Hierzu sei auch eine Petition auf Avaaz.org am Laufen, die weltweit bereits um die 660'000 Unterschriften auflistet. Ob dieser Druck die chinesische Regierung umstimmen wird, muss bezweifelt werden. Das stetig mächtiger werdende China sieht sich in Tibet seit Dekaden im Recht. Und es begründet sein Zuckerbrot-und-Peitsche-Vorgehen in Tibet mit dem legitimen Kampf gegen "Extremisten" und "Terroristen". Nach dieser Leseart wäre die auch letzte Selbstverbrennerin Palden Choetso einfach eine als Nonne getarnte Umstürzlerin gewesen. Ihre Leiche durfte, so erfuhr Tashi Tsering, von einer Gruppe Tibeter hochgehoben und ins Kloster Nyintso getragen werden. Dort konnten ihr – ebenfalls unter Beobachtung der chinesischen Staatsmacht – an die tausend Gläubige das letzte Geleit geben.

 

In der Region Basel befürchten die für Tibet eintretenden Sympathisanten weitere Selbstverbrennungen junger Nonnen und Mönche. Tashi Tsering hofft, dass sich in seiner ursprünglichen Heimat im Himalaya niemand mehr anzündet, um den Freiheitswillen des tibetischen Volkes zu unterstreichen. Er hofft auf eine Entspannung der Situation. Er will nicht mehr das Bild brennender Menschen vor sich haben. Darum betet er weiter, für den Frieden in Tibet, für den Frieden in seinem Inneren.




Weiterführende Links:
- Der Dalai Lama im Oktober in Basel zu Besuch
- "In Tibet findet ein kultureller Völkermord statt"
- Dalai Lama fordert mehr persönliche Verantwortung
- "Schafft endlich die Todesstrafe ab!"
- Bedrohte Völker: Gegen "perverses Schweigen"
- Chinas Staatspräsident wegen Folterungen verklagt
- Panchen Lama: Der jüngste Polit-Gefangene der Welt
- Immer nur Lächeln: Kein Ärger für Jiang Zemin in Basel
- Vorwurf an China: "Ethnozid an Tibets Nomaden"
- Jörg Schild zu Tibet: "Dialog statt Gewalt"


 Ihre Meinung zu dieser News
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)

www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Bais steht vor Gewissens-Entscheid"

OnlineReports.ch
Im Titel des Newsletter-Textes vom 18. April 2024 über die SVP-Basis.
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Auch Nomen sind Glückssache.

RückSpiegel

 

Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung







In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).