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Museum der Kulturen: Debatte um "visuelle Rhetorik"

Dass das umgebaute und neu eingerichtete Museum der Kulturen in Basel vor zwei Monaten eröffnet wurde, nahm Direktorin Anna Schmid zum Anlass für eine erste Bilanz – umso mehr, als die neue Präsentation nicht überall ungeteilte Zustimmung gefunden hat.
Basel, 3. November 2011

An einer Museumsführung und einem öffentlichen Stammtischgespräch diskutierte Anna Schmid gestern Mittwochabend über die Vorstellungen, die sie zur Neueinrichtung bewogen haben. Eine "neue visuelle Rhetorik des Museums" hatte sie vor vier Jahren in einem Gespräch mit OnlineReports versprochen. Was ist davon zu halten?
 
Wie alles Übrige ändern sich auch Bedeutung und Stellung der Museen in der Gesellschaft sowie der Ort, den die Ethnologie darin einnimmt. Es gab eine Zeit, die noch nicht lange zurückliegt, als es unzulässig war, ethnologische Objekte isoliert, aus ihrem sozialen, kulturellen, religiösen Kontext herausgelöst, zu zeigen. Es dauerte nicht lange, erlaubte das gleiche Objekt mit einem Mal nur als ästhetisches eine Annäherung.

Leere Räume, wenige Objekte

Das neue Museum hat weniger durch seine bauliche Veränderung (mit dem gekachelten Dach) durch die Architekten Herzog & de Meuron als durch seine inhaltliche Anordnung zum Teil heftige Diskussionen ausgelöst. Im besten Fall kann man sagen, dass das Museum ausgeräumt wurde und jetzt durch einen Minimalismus gekennzeichnet ist: helle, kahle Räume, Tageslicht, eine reduzierte Zahl von Objekten, auf die sich die Aufmerksamkeit gerade dadurch umso mehr fokussiert.
 
Ist das die neue Rhetorik? Anders gefragt: Worauf hinaus will die neue Präsentation, die dem Besucher die Aufgabe überlässt, sich seine eigene Meinung zu bilden und sein eigenes Bild zu machen, ohne dabei auf eine mitgegebene Hilfe rekurrieren zu können?

Alle Anschauung geht vom Objekt aus. Das ist ein Lehrsatz, der seit Buffon und Goethe gilt und nichts an Aktualität verloren hat. Nur sagt ein einzelnes Objekt noch nichts aus. Es ist selbstreferentiell und bleibt ein Fundstück. Dagegen ist eine Serie von Objekten in der Lage, die Geschichte jedes einzelnen in der Gegenüberstellung mit allen anderen zu erzählen, Vergleiche anzustellen, Schlussfolgerungen zu ziehen und so, im besten Fall, zur Einsicht in die unglaubliche Kreativität des Menschen zu gelangen.

Wenn also bisher ethnologische Museen den Auftrag hatten, das Andere, Fremde zu verstehen, so entfällt auch das jetzt. Dafür darf das Eigene vermehrt mitberücksichtigt werden.

Das Objekt behält seinen "Eigensinn"

Jetzt ist das Museum leer und aseptisch. Die Auswahl der ausgestellten Gegenstände unterliegt der Willkür, erlaubt aber, mit etwas diskursivem Geschick alles Mögliche darüber zu erzählen und zu erklären. Das ist das Prinzip anything goes.
 
Zu kopf- und theorielastig sei die neue Ausstellung, wurde aus dem Publikum vorgebracht. Direktorin Anna Schmid verteidigte ihr Konzept mit folgenden Argumenten: Egal, welche Objekte gezeigt werden, sie können nicht vereinnahmt werden, sie behalten ihr Eigenleben, ihren "Eigensinn" – so lautet der programmatische Titel der Eröffnungsausstellung. Wo liegt also die Aussagekraft der Objekte, wenn alles offen bleibt? Welche Fragen sollen an sie gestellt werden?

Die Antworten können bei dieser Ausgangslage nur Ausschnitte sein. Auf die gegenwärtige China-Schau bezogen, sagte Anna Schmid auch: "Wir können nicht China zeigen", sondern, weitergedacht, nur das, was zu sehen ist. Daraus müssen dann die sich ergebenden Schlussfolgerungen gezogen werden. Es entsteht ein offener Interpretationsraum, und genau diese so entstehende Offenheit hatten die Museumsverantwortlichen im Sinn.

Die Frage lautet dann: Wie kann aus der Gegenüberstellung von zwei Gegenständen etwa Drittes, eine neue Einsicht, entstehen. Die Frage ist richtig gestellt, aber die Antwort noch nicht gegeben.

Thematische statt regionale Ausstellungen
  
Museen sind langsame Institutionen (Schmid), sie entwickeln sich. Mit dem neuen Konzept hat das Museum der Kulturen neue Wege beschritten und neue Formate gesucht und den Beifall anderer Museumsverantwortlicher gefunden. Der wichtigste Punkt war, wegzukommen von der regionalen Orientierung (Textilien aus Mali, Skulpturen aus Ozeanien) und sich hinzuwenden zu einem thematischen Konzept, das über die örtliche Beschränkung hinausgeht.

Lieber stolpern als stehenbleiben, lautet die Maxime von Anna Schmid. Wohin die angestellten Überlegungen am Ende führen werden – auch das ist offen. Auf die heutige Einrichtung werden ab Frühjahr 2012 verschiedene Dauer- und Sonderausstellungen folgen: Kunst im Dialog mit dem Museum; Expeditionen der Basler Ethnologen (Speiser, die Brüder Sarasin, Alfred Bühler); Pilgern und wallfahren. 2013 steht dann eine weitere grosse Ausstellung über die Auswirkung oder Inspiration von Objekten der Sammlung auf Kunst, Grafik, Mode auf dem Programm. Dabei ist vorgesehen, das Konzept laufend weiterzuentwickeln und die eigenen (wertvollen) Sammlungsbestände vermehrt einzubeziehen.

 

Es besteht also Entwicklungspotenzial, und es wird möglich sein, von Ausstellung zu Ausstellung den Prozess der Museumsarbeit zu verfolgen.




Weiterführende Links:
- Das neue Museum der Kulturen räumt mit alten Ideen auf
- Fassaden-Kacheln am Museum der Kulturen: Unsicher gegen Hagelschlag
- Das Museum der Kulturen vor einem grossen Schritt
- Gesucht: Eine neue visuelle Rhetorik


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"Ein überzeugendes Konzept"

Ich habe die neue Ausstellung gemeinsam mit einem Freund (Volkskundler / Erwachsenenbildner / Schriftsteller) besucht. Beide waren wir beeindruckt vom Mut zur Konzentration und Reduktion auf im Vergleich zur früheren Präsentation wenigen Objekten. Die, wie A.S. schreibt, "hellen, kahlen Räume" lassen die Objekte sprechen, lassen dem Besucher Aufmerksamkeit zur vertieften Betrachtung. Dass das Museum "leer und aseptisch" sei, ist eine Wertung, die ich nicht teile. Die hervorragende Begleitung durch Broschüren, die der Besucher mit sich durch die Ausstellung nimmt und die ihm individuell Informationen vermitteln, sind ein überzeugendes Konzept. Jedes Stockwerk bietet ein anderes Thema mit überraschend ausgewählten Objekten oder Visualisierungen und vermittelt neue Einsichten und Aha-Erlebnise, die zum Besten eines Museumsbesuchs gehören. Die Architektur mit hohen Fenstern erlaubt überraschende Ausblicke auf die umgebende Stadt, und der Besucherbereich, der Museumsshop und das Bistro ergänzen das Museum zu einer mehrdimensionalen Kulturinsel. Am Schluss des Besuchs waren wir uns einig, dass wir die jetzige Präsentation mindestens ein zweites Mal besuchen werden und uns auf die komenden Ausstellungen freuen.


Klaus Burri, Basel



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"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

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