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© Foto by Marc Gusewski, OnlineReports.ch


Auslandsgeschäfte der Stromversorger: Verunsicherung

Das Ja der Schweiz gegen Masseneinwanderung hat Folgen für die regionalen Stromversorger, die in Europa massiv investieren: Ab nächstem Jahr droht indes ein vertragsloser Zustand mit der EU im Bereich Energie.
Basel/Liestal/Bern, 12. Februar 2014

Die Verflechtung der regionalen Stromversorger mit dem EU-europäischen Ausland geht viel weiter als man gemeinhin annimmt. So hat die Elektra Baselland (EBL) letztes Jahr in ihrem Versorgungsgebiet zum Beispiel "einige Grosskunden" verloren, die zu einem günstigeren Stromlieferanten gewechselt haben. Trotzdem wird der Liestaler Stromversorger im Frühjahr einen Zuwachs seines Stromabsatzes verkünden können: Durch ihre Tochterfirma "Schweizstrom" in Badisch Rheinfelden kann sie um die 40'000 deutsche Kundinnen und Kunden mit Ökostrom versorgen, und dies zu einem für die EBL gutem Preis. Geschäfte wie dieses haben indes nächstes Jahr ein Problem. Sie sind mit politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken behaftet, die heute noch den wenigsten klar sind.

Ab 2015 gilt in der EU der gemeinsame Strombinnenmarkt – und die Schweiz ist nach dem Abstimmungs-Wochenende voraussichtlich nicht mit dabei, obwohl sie in den vergangenen Jahren mehrere Milliarden Franken in konventionelle und erneuerbare Energien-Anlagen investierte, so in Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und anderen Ländern, sowie, im Hinblick auf die europäische Solar- und Windenergie, vier bis fünf Milliarden Franken in den Ausbau eigener Pumpspeicher-Kraftwerke in den Alpen. Ohne ein Stromabkommen mit der EU, das die Schweiz offiziell seit 2007 mit Brüssel aushandelt und das Brüssel am Montag bis auf Weiteres aussetzte, ist die Einbindung der schweizerischen Stromwirtschaft im EU-Strombinnenmarkt unklar.

EU pocht auf Gegenrecht

"Keiner wird die Schweiz unter Druck setzen, wenn sie kein Abkommen mit uns aushandelt", klärte EU-Generaldirektor Philip Lowe in Bern vor einem Jahr die Situation. Aber: "Es ist klar, wer im gemeinsamen Strombinnenmarkt dabei sein will, muss die gemeinsamen Spielregeln anerkennen." Im Januar doppelte EU-Energiekommissar Günter Oettinger in Bern nach: "Wir laden die Schweiz ein, am Strommarkt teilzunehmen. Aber es ist ein Irrtum, zu meinen, es bleibt alles beim Alten, wenn man nichts tut."

Tatsächlich: Ohne Stromabkommen wird die Schweiz im Energiebereich einen Drittstaaten-Status einnehmen, wie Russland oder Norwegen. Diese können von den nationalen und EU-Behörden von Fall zu Fall behandelt werden, denkbar sind etwa spezielle Auflagen und Meldepflichten. Dazu kommt, dass die EU etwa für Stromlieferungen öffentliche Ausschreibungen vorschreibt im Bereich Strombeschaffung, Konzessionen sowie Steuerbefreiungen und Holdingprivilegien – Praktiken, für die für EU-Unternehmen in der Schweiz kein Gegenrecht besteht und die damit eine Verletzung des Gemeinschaftsprinzips darstellen.

IWB: "Schlechte Rahmenbedingungen für Investitionen"

Vor diesem Hintergrund ist für die Basler Energieversorgerin IWB deshalb klar: "Die weitere Ausgestaltung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU ist ungewiss – und damit werden alle wirtschaftlichen und politischen Akteure umgehen müssen. Grundsätzlich gilt: Ungewissheit schafft schlechte Rahmenbedingungen für Investitionen", sagte IWB-Mediensprecher Lars Knuchel gegeüber OnlineReports.

IWB-Chef David Thiel tritt bereits seit Jahren für ein gemeinsames Stromabkommen mit der EU ein. So leidet die IWB darunter, dass die Stromleitungen nach Frankreich von den schweizerischen Überlandwerken Axpo (früher EGL), Alpiq, BKW und CKW (eine Tochter der Axpo) für Atomstrom-Importe einseitig "verstopft" werden – unter EU-Spielregeln undenkbar.

Die IWB investierten in den vergangenen Jahren in Höhe mehrere hundert Millionen Franken in Windenergie in Frankreich und Deutschland. Ausserdem treibt die IWB an den europäischen Strombörsen einen regen Handel mit Kurzfrist-Energie aus eigenen Grosskraftwerken.

Die IWB beteiligt sich zudem am im Bau befindlichen Pumpspeicher-Kraftwerk Nant de Drance der Alpiq, das im Hinblick auf eine Einbindung in den EU-Strombinnenmarkt erstellt wird. Ohne diese vertragliche Einbindung ist die zwei Milliarden Franken teure Anlage nur einen Bruchteil ihrer Baukosten wert. Die IWB bewertete dieses Risiko bisher als überschaubar. Zu ihren Auslandsinvestitionen sagen die IWB: "Die bisherigen, erfolgreichen Investitionen von IWB in die erneuerbare Energieproduktion an ausgewählten Standorten in Europa sind vom jüngsten Volksentscheid nicht direkt betroffen und entwickeln sich planmässig."

EBL in Spanien und Deutschland exponiert

Gemeinsam mit den IWB und weiteren Partnern betreibt die EBL das Solar-Grosskraftwerk Puerto Errado 2 in Spanien, dessen Betrieb bis jetzt die Erwartungen übertrifft und eine erfolgreiche Investition darstellt, wie EBL-Geschäftsleiter Urs Steiner gegenüber OnlineReports festhält. Steiner war für eine aktuelle Einschätzung der Lage wegen Landesabwesenheit nicht zu erreichen.

Die EBL ist jedenfalls wie die IWB vielfältig mit dem EU-Energiemarkt verflochten: Durch Beteiligungen an deutschen Windparks direkt sowie durch die Schweizer Firma Helvetic Wind. EBL leidet, wie die EBM, ausserdem an den wirtschaftlichen Problemen ihrer Beteiligung am Oltner Stromkonzern Alpiq. Alpiq hat für Milliarden in Spanien, Italien, Frankreich und Osteuropa in Kraftwerke investiert – und verspekuliert.

EBM mit massiven Investitionen in Frankreich

Das bisher aus den Alpiq-Dividenden finanzierte Investitionsgeschäft der EBL ist deshalb klar zum Erliegen gekommen. Die Elektra Birseck Münchenstein (EBM) hält am drittgrössten französischen Energieversorger Poweo Direct Energie, die mit eigenen Gaskraftwerken rund eine Million Kunden versorgt, acht Prozent und ist über die Tochter Kleinkraftwerk Birseck AG eng in Frankreichs Wasserkraftwirtschaft eingebunden. Direct Energie und KKB bewerben sich um weitere französische Wasserkraftkonzessionen – ob diese aber an Schweizer vergeben werden, die kein gleich gelagertes Gegenrecht kennen, ist eine der offenen Fragen.

Für EBM-Pressesprecher Jo Krebs jedenfalls besteht derzeit "viel Klärungsbedarf". Anderseits seien "die bestehenden Investments auch ohne bilaterales Stromabkommen zustande gekommen".

"Sehr schwere Verhandlungen"

Für den Frenkendörfer Energiepolitiker und SP-Nationalrat Eric Nussbaumer stehen "sehr schwere Verhandlungen" an. Zu OnlineReports sagte er: "Es ist überhaupt nicht klar, wie es weitergehen soll. Der Ruf der Schweiz als Verhandlungspartner hat durch die Abstimmung vom vergangenen Sonntag gelitten. Nun steht auch die Verhandlungsfähigkeit und Verlässlichkeit der Schweiz zur Debatte, und das könnte sich beim Ausarbeiten eines neuen Energieabkommens bemerkbar machen."

Nach Ansicht von Diplomaten könnte es mindestens acht bis zehn Jahre dauern, bis sich neue zwischenstaatliche Lösungen ergeben. Urs Meister von der Denkfabrik Avenir Suisse warnte bereits im Herbst vor einem Scheitern des Abkommens: "Die Aussichten für die Schweizer Energiewirtschaft sind mittelfristig unabsehbar", warnte er, wenn auch nicht sofort ersichtlich.

Anders sieht es der Rünenberger SVP-Nationalrat Thomas de Courten, der auch im Verwaltungsrat der EBL sitzt: "Wenn sich der Pulverdampf verzogen hat,  werden wir weitersehen. Die EU weiss um die Bedeutung der Energie-Drehscheibe Schweiz im internationalen Stromhandel. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir in den Verhandlungen bald weiterkommen."




Weiterführende Links:
- Die EBL weiht in Südspanien innovatives Gross-Solarkraftwerk ein
- Die EBM ist grüner als ihr graues Image
- Stadtdächer sollen Basel zum "Solarkraftwerk" machen
- Schrittmacher auf dem Weg zur Sonne
- Erneuerbar statt atomar: Die Ausstiegs-Strategie der EBL
- Im Süden Spaniens baut die kleine EBL ganz gross an der Energie-Zukunft
- Erneuerbare Energie: IWB wollen eine Viertelmilliarde investieren
- EBL und IWB steigen in spanisches Solarkraftwerk ein
- Sahara-Strom könnte Europas Energieproblem lösen
- EBL prüft Solarstrom aus Spanien und Windenergie aus Bulgarien


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"Herr de Courten, jetzt sind Sie gefragt"

Wir haben am letzten Wochenende abgestimmt und jetzt werden wir über Konsequenzen dieses Ausgangs informiert! Da läuft doch etwas falsch! Herr de Courten, jetzt sind Sie gefragt. Was sagen Sie zu diesen klaren Worten. Wir sind gespannt und auf all diese Infos angewiesen, um ein Bild von den so fernen und doch plötzlich so nahen Verhandlungen aufbauen zu können. Möglicherweise wird dies nicht die letzte Nachricht über die Auswirkungen sein.


Viktor Krummenacher, Bottmingen




"Im Europa-Dossier nicht zu Hause"

Der sauber recherchierte Artikel endet mit einem groben faux pas meines Nationalratskollegen de Courten. Was er hier zum Besten gibt, zeigt, dass er im Europa-Dossier leider nicht zu Hause ist. Seit mehr als sieben Jahren kann die Schweiz keine neuen Wirtschaftsabkommen mit der EU mehr abschliessen, weil die EU deutlich gemacht hat, dass für neue bilaterale Abkommen zuerst der institutionelle Rahmen mit dem Drittstaat Schweiz geklärt werden muss. Das ist Fakt und unverrückbar. Es ist daher nicht wirtschaftsfördernd, solche Pulverdampf-Märchen zu erzählen.


Eric Nussbaumer, Nationalrat, Frenkendorf



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"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).